Rohstoff aus den Sternen: Hochreines Silizium für die Quantencomputer der Zukunft
Jahrtausendelange Rechenprozesse könnten in Zukunft innerhalb wenigen Minuten abgeschlossen werden. Der Schlüssel dazu sind Quantencomputer – revolutionäre Maschinen, die mit den Gesetzen der Quantenmechanik arbeiten und eine völlig neue Dimension der Datenverarbeitung ermöglichen. An der BTU wird intensiv an einem Schlüsselmaterial geforscht, das für diese Technologie unverzichtbar ist: isotopenreines Silizium 28.
Ein Rohstoff aus dem Weltall – hergestellt in der Lausitz
In der Natur kommt Silizium in verschiedenen Isotopen vor. Silizium 28 ist eines dieser Isotope und hat besondere Eigenschaften, die es für den Bau von Quantenchips ideal machen, vor allem seine fehlende Kernspinbewegung. "Wir wollen wirklich 100 Prozent oder nahezu 100 Prozent des Silizium 28 haben, wie man es direkt nach der Supernova im Weltall sehen würde. Und dafür setzen wir uns ein"erklärt Dr. Owen C. Ernst, Leiter des Forschungsprojekts HoCHQuant an der BTU. "Das Problem: Hochreines Silizium 28 existiert in relevanten Mengen nur im Weltall, nämlich als Produkt kosmischer Prozesse in explodierenden Sternen. Auf der Erde ist es als Gemisch mit anderen Isotopen vorhanden. Unser Ziel ist es, es in reiner Form herzustellen."
Technologische Herausforderung und Pionierarbeit an der BTU
Die Herstellung von reinem Silizium 28 ist laut Dr. Ernst hochkomplex. Es müsse zunächst als Gas (Silane) erzeugt werden, das in keinem Moment mit anderen Isotopen in Kontakt kommen dürfe. "Nur wenige Forschungsstandorte in Deutschland verfügen über das Know-how, mit diesen Substanzen zu arbeiten. Die BTU in Senftenberg ist einer dieser wenigen Orte", betont er im exklusiven BTU-Videointerview mit Wissenschaftskommunikator Robin Jost.
Dank eines innovativen und patentierten Verfahrens sei es dem Team bereits gelungen, erste Gramm-Mengen hochreinen Siliziums 28 herzustellen. Die nächsten Schritte seien nun die Skalierung des Prozesses auf industriell nutzbare Mengen, um den steigenden Bedarf der Quantenindustrie zu decken.
Quantencomputer und ihr Einsatz in der Medikamentenentwicklung
Im Gegensatz zu normalen Computern, die mit Einsen und Nullen rechnen, nutzen Quantencomputer, so der promovierte Physikochemiker, sogenannte Qubits, die viele Berechnungen auf einmal ermöglichen. Dadurch seien sie in der Lage, extrem schwierige Probleme viel schneller zu lösen als herkömmliche Computer. Quantencomputer könnten zum Beispiel einen revolutionären Einfluss auf die Pharmaindustrie haben, insbesondere bei der Entwicklung neuer Medikamente. "Wenn sich die Pläne alle so realisieren, dann kann man tatsächlich in der Medikamentensuche die Rechenzeit von vielen Jahren, vielleicht tausenden Jahren innerhalb von wenigen Minuten verwirklichen. Da arbeitet der Computer dann mit einem Schlüssel-Schloss-Prinzip, das heißt, es wird geschaut, welcher Wirkstoff kann wirklich mit welchen Körperzellen in Interaktion treten."
Dieser enorme Geschwindigkeitsvorteil könnte die Forschung und Entwicklung neuer Wirkstoffe drastisch beschleunigen und dazu beitragen, schneller wirksame Medikamente gegen Krankheiten zu finden, für die bislang langwierige Testreihen notwendig waren.
Ein milliardenschwerer Zukunftsmarkt
Aktuell kostet ein Kilogramm Silizium 28 etwa eine Million Euro – ein Preis, der den hohen Aufwand der Herstellung widerspiegelt. Doch der Markt für Quantencomputer wird in den kommenden Jahren stark wachsen: Schätzungen zufolge könnte die Branche bis 2040 einen Wert von 450 Milliarden Euro erreichen. "Wenn nur 1-5 Prozent der Technologie-Kosten auf das Material entfallen, bedeutet das bereits ein riesiges wirtschaftliches Potenzial", so Dr. Ernst.
Warum die Lausitz der perfekte Standort ist
Die Lausitz erweist sich laut Ernst als idealer Forschungs- und Produktionsstandort. Neben der Expertise der BTU verfüge die Region über eine etablierte Infrastruktur für chemische Verfahren, industrielle Rohstoffproduktion und Sicherheitsstandards. "Hier sind nicht nur die wissenschaftlichen Grundlagen vorhanden, sondern auch eine erprobte Zusammenarbeit mit Industrie und Behörden", hebt Dr. Ernst hervor.
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