Biologische Vielfalt und Wohlergehen

In einer neuen Publikation in der renommierten Fachzeitschrift People and Nature untersuchen internationale Gesundheits-, Nachhaltigkeits- und Umweltforscher gemeinsam mit der BTU Cottbus-Senftenberg die Auswirkungen des Wandels der Landnutzung auf die Biodiversität und die daraus resultierenden Konsequenzen für die menschliche Gesundheit.

Die biologische Vielfalt schwindet rasant, mit schwerwiegenden Folgen für das natürliche Gleichgewicht und das menschliche Wohlergehen. In einer, in der renommierten Fachzeitschrift People and Nature publizierten Studie "From biodiversity to health: Quantifying the impact of diverse ecosystems on human well-being" analysieren Wissenschaftler*innen um den BTU-Professor Dr. Klaus Birkhofer die Erforschung der Beziehungen zwischen Vielfalt und Wohlergehen.

"Vieles deutet darauf hin, dass sich die Artenvielfalt positiv auf das Funktionieren von Ökosystemen, Ökosystemfunktionen und -dienstleistungen in Natur- und Agrarlandschaften auswirkt", sagt Prof. Dr. Klaus Birkhofer, Leiter des BTU-Fachgebiets Ökologie. "Weniger offensichtlich und sogar umstritten sind die Auswirkungen dieser Vielfalt auf das menschliche Wohlbefinden."

Um diese Wissenslücke zu schließen, untersuchen die Forschenden unter der Leitung des polnischen Wissenschaftlers Prof. Dr. Werner Ulrich von der Nicolaus Copernicus University, Toruń, die methodischen Schwierigkeiten bei der Bewertung und Quantifizierung dieser Effekte.

"Wir haben einen konzeptionellen Rahmen entwickelt, der verschiedene Aspekte der Vielfalt, insbesondere des Arten- und genetischen Reichtums, mit Ökosystemfunktionen, Ökosystemleistungen und -dysfunktionen und verschiedenen Aspekten des Wohlergehens verbindet", so der Wissenschaftler. "Man kann es sich so vorstellen: einzelne Arten erfüllen ganz unterschiedliche Funktionen, beispielsweise als wichtige Fressfeinde in der natürlichen Schädlingskontrolle. Die Auswirkungen eines Verlustes dieser nützlichen Arten entspricht dabei aber mehr als der Summe ihrer Funktionen, da die Arten in Wechselwirkungen mit allen anderen Arten stehen. Wir folgen in unserem Konzept dieser Erkenntnis um zu verstehen, wie zum Beispiel Landwirte auf den Verlust dieser Arten reagieren. Wird verstärkt Pesitizideinsatz eingesetzt? Welche Konsequenzen hat das für die menschliche Gesundheit?"

Den Forschenden zufolge erfordert ein vollständiges Verständnis der ökologischen Einschränkungen des menschlichen Wohlergehens die Berücksichtigung der Balance zwischen Diversitätseffekten, gegensätzlichen Wahrnehmungen des Wohlergehens und Ökosystemdysfunktionen. "Wir brauchen langfristige sozio-ökologische Forschungsplattformen, um relevante Daten über das Funktionieren von Ökosystemen in Bezug auf das menschliche Wohlergehen in Raum und Zeit sammeln zu können", resümiert Birkhofer.

Die Publikation basiert auf den Erkenntnissen aus dem von Prof. Dr. Klaus Birkhofer koordinierten EU-Forschungsprojekt "FUNPROD - Die Beziehung zwischen funktioneller Diversität und Nahrungsproduktion und -qualität unter Ökologischer Intensivierung". Internationale Wissenschaftler*innen erforschen darin die Auswirkungen des Wandels der Landnutzung auf verschiedene Aspekte der Biodiversität und den daraus resultierenden Konsequenzen für die menschliche Gesundheit. "In den letzten Jahren hat sich immer deutlicher herausgestellt, dass wir Arten durch menschgemachte Umweltveränderungen schneller verlieren als je zuvor", fasst Prof. Birkhofer zusammen. "Aktuell sind weltweit eine von acht Arten vom Aussterben bedroht. Das wir als Menschen Teil dieser Umwelt sind, spüren wir schon jetzt. Der anhaltende Artenverlust wird zu weiteren Konsequenzen für das menschliche Wohlbefinden führen. Um diese Auswirkungen zu verstehen benötigen wir als Wissenschaftler entsprechende Werkzeuge. Vorschläge für eine Auswahl liefern wir in unserer Veröffentlichung."

Im Projekt entwickeln Wissenschaftler*innen der BTU gemeinsam mit Partnern aus Polen, Frankreich, Ungarn, Slowakei und Spanien in einem Syntheseprojekt Strategien zur ökologisch nachhaltigen Intensivierungen entlang klimatischer Gradienten und in unterschiedlich strukturierter Landschaften. Die Intensivierung der Landwirtschaft trägt zur globalen Lebensmittelsicherheit und Gesundheit bei, indem die Lebensmittelnachfrage unterstützt wird. Sie verursacht aber gleichzeitig Umweltprobleme. Eine ökologische Intensivierung der Landwirtschaft ist eine mögliche Alternative, die ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen Umweltproblemen, beispielsweise dem anhaltenden Verlust von Biodiversität, und einer ausreichenden Produktion und Qualität von Lebensmitteln sicherstellen soll.

Als Partner im Projekt erhält die BTU 204.000 Euro von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen der ERA-Netz BiodivERsA-Förderung durch die Europäische Union. Das Projekt wird bis zum 30. April 2024 gefördert. BiodivERSA ist ein ERA-Netz, an dem 15 Länder und 19 große Forschungsförderungseinrichtungen in Europa beteiligt sind, die bedeutende Forschungsmittel im Bereich der biologischen Vielfalt zu Lande, im Süßwasser und im Meer bereitstellen.

Kontakt

Prof. Dr. rer. nat. Klaus Birkhofer
Ökologie
T +49 (0) 355 69-3235
klaus.birkhofer(at)b-tu.de
Ausgewogenere Kulturlandschaft mit Waldanteilen, beweideten Wiesen und Ackerkulturen