Ein Lebensprojekt mit Menschen im Hospiz

Anja Herzog, Mitarbeiterin am Institut für Gesundheit der BTU Cottbus-Senftenberg, präsentierte Forschungsergebnisse aus ihrem Projekt „Sterbende als Lehrende im Hospiz" auf dem Wiener Pflegekongress. Möglich wurde dies durch eine Förderung des Gleichstellungsbüros der Universität.

Bereits in ihrer Masterarbeit untersuchte Anja Herzog die „alltägliche Lebenswelt“ von Menschen, die in ein stationäres Hospiz ziehen, um dort zu LEBEN.  Unter dem Titel „Sterbende als Lehrende im Hospiz: Die subjektive Sichtweise Sterbender auf ihr gesundheitliches Erleben in der Lebenswelt – Erwachsenen-Hospiz“ befasste sie sich mit dieser Thematik. Begleitet wurde sie bei ihren Untersuchungen von Prof. Dr. Jacob Spallek und M. Phil., Dipl. (FH) Marie Tallarek, Fachgebiet Gesundheitswissenschaften. Heute unterstützt  Anja Herzog als Mitarbeiterin der Abteilung Lehren und Lernen in der Berufspraxis Studierende der Pflegewissenschaft mit ihren Erfahrungen und ihrem Wissen. 

„Nicht nur jeder Mensch ist sterblich, sondern all die Vielfalt, die uns in unserer Welt umgibt“, betont Anja Herzog. „Sichtbar wird darin das Miteinander – die „Pflege“ sowohl des Einzelnen als auch der (inter)nationalen Gesellschaft, mit der Bewusstheit, dass unser Leben durch Veränderungsprozesse geprägt und gestaltet wird. Eine bewusste oder unbewusste Konstante im Leben, die uns betrifft, ist die Sicherheit, dass alle Lebenswesen und somit auch die Menschen gleichermaßen Sterbende sind. Doch unbestimmt ist und bleibt, dass: Wann und Wie ICH – DU - WIR sterben werden.“

Sterbende berichten oder berichteten, dass sie

  • das Gefühl haben, den anderen zur Last zu fallen.
  • auch in Ländern mit hohem Einkommen unter Schmerzen oder erheblicher psychischer Belastung sterben müssen.
  • in der Begegnung mit den gesundheitlichen Akteur*innen verletzend durch diese begleitet werden.
  • das Gefühl haben, dass ihre Menschen- und Grundrechte verletzt sind.
  • spüren, dass es auch für die Nahestehenden herausfordernd ist, können sich diese nicht so um die Sterbenden kümmern, wie sie es sich wünschen.
  • sich sorgen, bei dem Gedanken daran in Pflegeeinrichtungen begleitet zu werden.
  • auf Bedürfnisse wie Harmonie, Loyalität und Zuwendung Wert legen.

Sie machen darauf aufmerksam, dass: „Man darf dann nicht so egoistisch sein in der heutigen Zeit.“ und wünschen sich ein Miteinander, indem es Menschen gibt, die: der „einfach mich mag, weil ich so bin wie ich bin.“ Ausgehend von diesen Erfahrungsbeständen verfügen zum Beispiel (regionale) Gemeinschaften über kontextspezifisches Wissen des „Death-Systems“ - Hospiz.

Einige Beispiele zu kontextspezifischem Wissen

„Der Sozialpsychologe Kurt Lewin (1890-1947) und Dr. Antje Tannen, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Berliner Charité, bestärken, dass eine Forschung nicht ausreicht, die nichts anderes als Bücher hervorbringt“, erklärt Anja Herzog. „Daher möchte ich gern meine Forschungsaktivitäten im Hospiz erweitern und vertiefen zu der globalen Fragestellung: Welche Erfahrungen schildern Menschen im Dialog zum und über das Sterben in ihrer gegenwärtigen Lebensphase, im jeweiligen Lebensmittelpunkt?“
Kulturelle Prozesse in Ländern/Regionen wie in Brandenburg und der Niederlausitz, die einen sozialen Wandel erleben, setzen auf die Erfahrungen von Menschen, beispielsweise im Sterbeprozess, um eine wie auch immer geartete „Verbesserung“ zu erreichen. Es setzt eine multi-/interdisziplinäre Arbeitsweise voraus. Anhand eines kritisch-emanzipatorischen Paradigmas werden mit gesellschaftskritischen Theorien, wie der Death Literacy, Menschen im Sterbeprozess und ihre damit einhergehenden Wissens- beziehungsweise Erfahrungsbestände als gleichberechtigte Partner*innen mit in den Forschungsprozess eingebunden. Sie sind Partner*innen der Aktion und Reflexion. In den Kooperationen und den damit einhergehenden gemeinsamen Bildungsprozessen werden Missstände in Lebenssituationen verbalisiert, um sie einerseits an die verantwortlichen Instanzen zu adressieren. Andererseits bearbeiten die Beteiligten des Forschungsprozesses die Herausforderungen, die mit dem Sterben antizipiert werden, von dem Menschen betroffen waren, betroffen sind und betroffen sein werden.

Für das Weiterführen des Projektes ist eine Förderung einerseits wünschenswert, die Begleit- und Grundlagenforschung idealerweise miteinander verbindet. Andererseits sind Kooperationspartner*innen wünschenswert, die gleichermaßen im Hospiz (Hospiz als Welt der Vielfalt und Begegnung) ein Umfeld (mind. eine Region in Brandenburg sowie weitere (offen)) gestalten wollen, in denen Menschen im Sterbeprozess in einer wie auch immer verbesserten Art, begleitet werden können.“

Anja Herzog ist unter anderem Autorin des 2023 veröffentlichen Buches "Der Tod als Reflexionsgegenstand oder Teil des Lebens. Sterbende als Lehrende im Hospiz", ISBN: 978-3-96146-944-4.

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Anja Herzog
Abteilung für Lehren und Lernen in der Berufspraxis
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Anja Herzog (li.) und Katharina Loehr aus dem Institut für Gesundheit der BTU auf dem Wiener Pflegekongress. Foto: privat.
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