Extremtest: Siemens Energy testet 420-kV-Leistungsschalter an der BTU Cottbus-Senftenberg

In der Klimakammer des Lehrstuhls Hochspannungstechnik und elektrische Anlagen unterzieht Siemens Energy einen 420-kV-Leistungsschalter einem Extremtest bei -30 bis +55 °C. Die BTU ist bundesweit der einzige Standort zur Prüfung großdimensionierter Leistungsschalter unter Extremklimabedingungen.

In der Klimakammer des Lehrstuhls Hochspannungstechnik und Elektrische Anlagen (HTA) läuft derzeit eine außergewöhnliche Typprüfung: Ein gigantischer 420-kV-Leistungsschalter von Siemens Energy wird unter extremen Temperaturbedingungen auf Herz und Nieren geprüft. Ziel ist es, die Betriebssicherheit von Hochspannungsschaltanlagen unter arktischer Kälte und Wüstenhitze zu gewährleisten.

"Der aktuell getestete Schalter vom Typ 3AP2 ist über acht Meter hoch und rund fünf Meter breit – eine echte Herausforderung für die Prüfeinrichtungen", erklärt Matthias Hirsch, Prüfingenieur im PLA-Prüffeld Berlin. Der Schalter ist dafür ausgelegt, sowohl Betriebsströme als auch extrem hohe Kurzschlussströme sicher zu schalten und somit das Stromnetz zuverlässig zu schützen.

Typprüfung bei -30 bis +55 °C

Im Rahmen der sogenannten Grenztemperatur-Typprüfung wird das Schaltgerät über eine Woche hinweg Temperaturen von -30 °C bis +55 °C ausgesetzt. Dabei führen die Ingenieure verschiedene Schalthandlungen durch und prüfen die Gasdichtigkeit der Schaltanlage – insbesondere im Hinblick auf das eingesetzte SF₆-Gas, das als starkes Treibhausgas gilt und daher streng überwacht wird. Zusätzlich kontrollieren sie die mechanische Stabilität des Systems unter den extremen Prüfbedingungen.

Die logistische Herausforderung beginnt bereits beim Aufbau: Aufgrund der enormen Größe des Schalters mussten einige Einzelteile durch eine Luke in der Hallendecke in die Klimakammer eingeführt und dort zusammengesetzt werden. „Ohne diese besondere Bauweise der Kammer wäre der Test in dieser Form gar nicht möglich gewesen“, so Hirsch.

Einzigartige Prüfbedingungen in Deutschland

Die BTU Cottbus-Senftenberg ist derzeit deutschlandweit der einzige Standort, an dem Leistungsschalter dieser Größenordnung in voller Höhe unter klimatischen Extrembedingungen geprüft werden können. Die Kooperation mit Siemens Energy zeigt nicht nur die hohe Relevanz dieser Testreihen für die Energietechnik, sondern auch das technische Niveau der Einrichtung in Cottbus.

"Wir haben hier bereits Vereisungsprüfungen an Trenn- und Erdungsschaltern durchgeführt, um die Normkonformität auch unter schwerer Eislast nachzuweisen", berichtet Hirsch weiter. Auch Hochspannungsprüfungen mit Temperatureinfluss seien möglich, was die Klimakammer zu einer Schlüsselressource für zukünftige Elektroenergienetze macht.

HTA investiert in neue Klimakammer

Um die Kapazitäten weiter auszubauen, plant der Lehrstuhl Hochspannungstechnik und Elektrische Anlagen eine neue, noch leistungsfähigere Klimakammer. "Sie wird ein deutlich größeres Tor besitzen und einen erweiterten Temperaturbereich abdecken können", kündigt Prof. Dr.-Ing. Mario Schenk an. So soll sichergestellt werden, dass auch künftige Großgeräte und neu entwickelte Schalter unter realitätsnahen Bedingungen getestet werden können.

Die enge Zusammenarbeit zwischen Forschungseinrichtungen und Industrie, wie sie hier in Cottbus gelebt wird, ist ein zentrales Element der Energiewende – und ein starkes Beispiel für angewandte Ingenieurskunst auf höchstem Niveau.

Lothar Kleinod
Hochspannungstechnik und Elektrische Anlagen
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Robert Ebel
Hochspannungstechnik und Elektrische Anlagen
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Lothar.Kleinod(at)B-TU.De
Vormontagearbeiten am Leistungsschalter durch Mitarbeiter der BTU und Siemens Energy
Klimakammer mit Leistungsschalter

Interview mit Herrn Mathias Hirsch (PEHLA Berlin)