KI-gestützte aeroelastische Analyse und Designverbesserung hoch beanspruchter Integrallaufräder
Im Zuge der Dekarbonisierung der Industrie und des Verkehrssektors werden gegenwärtig Entwicklungen forciert, die u.a. vermehrt auf Konzepte wie Hochtemperaturwärmepumpen, hybrid-elektrische Antriebssysteme oder Wasserstoffverbrennung setzen. Die genannten Konzepte bedingen den Betrieb von möglichst leichten Verdichterrädern, welche sich bereits in klassischen Turbomaschinen als besonders effizient und ressourcenschonend erwiesen haben. Einen typischen Lösungsansatz repräsentieren Laufräder, die an Stelle der üblichen getrennten Bauweise von Schaufeln und Scheiben verstärkt integral, d. h. als ein Bauteil (Blisk = Blade integrated disk), gefertigt werden, als ressourcenschonende Lösung allerdings mit einer Reihe technologischer Probleme, wie beispielsweise einer erhöhten Schwingungsanfälligkeit, verbunden sind.Insbesondere die Einflüsse unvermeidbarer, fertigungsbedingter Imperfektionen, welche den einzelnen Schaufeln individuelle unterschiedliche mechanische Eigenschaften verleihen und unter dem Begriff Schaufelmistuning bekannt sind, bewirken mitunter eine dramatische Vergrößerung der Schwingungsantworten und infolgedessen eine Verringerung der Lebensdauer.
In jüngster Zeit kristallisiert sich der Entwicklungstrend heraus, durch die gezielte Ausnutzung aeroelastischer Effekte die Laufradschaufeln bewusst nach zuvor zu optimierenden Mustern zu verstimmen und auf diese Weise letztlich eine Reduktion von Schwingungsantworten zu erreichen, man spricht von so genanntem Intentional Mistuning (IM). Die auf der Basis von Geometriemodifikation bewusst herbeigeführten mechanischen Unterschiede von Schaufel zu Schaufel müssen sich als robust gegenüber zufälligen Produktionsstreuungen erweisen. Die Erfüllung dieser industrieseitig formulierten, zentralen Forderung verlangt im Designprozess neuartiger Laufräder die Verfügbarkeit von Hochleistungsrechentechnik, nämlich einerseits zur Modellierung und strukturdynamischen Berechnung von Geometriemodifikationen und andererseits zur Durchführung rechenzeitintensiver, instationärer CFD-Analysen (Computational Fluid Dynamics). Fertiggestellte Laufräder werden zukünftig optischen Geometrievermessungen für den Aufbau digitaler Zwillinge auf Basis realer CAD-Geometrien, mittels Mesh-Morphings angepasster finite Elemente Netze oder auf Basis isogeometrischer Analyse genutzt. Diese digitalen Zwillinge stellen die Grundlage zur Umsetzung von sogenanntem »Predictive Maintenance« dar, d. h. der Anpassung von Wartungsintervallen anhand von im Betrieb gewonnenen Messdaten. Die Verarbeitung dieser Daten im Sinne einer Erkennung des Momentanzustands des Laufrads, der frühzeitigen Erkennung möglicher Schadensszenarien oder der Abschätzung der Restlebensdauer verlangt einmal mehr die Durchführung aeroelastischer Berechnungen zum gezielten Aufbau einer Trainingsdatenbasis, etwa mittels Neuronaler Netze, welche Betriebsmessdaten und Veränderungen des Laufrads in Beziehung setzen.
Zusammenfassend lassen sich die wesentlichen Zielstellungen der Maßnahme wie folgt darstellen:
- Durchführung hochgenauer aeroelastischer Berechnungen zur Abbildung des Einflusses geringfügiger Geometriemodifikationen auf das Schwingungsniveau.
- Identifikation geeigneter Schaufelgeometrien für ein schwingungsarmes Design, insbesondere auf Basis Intentional Mistunings.
- Aufbau digitaler Zwillinge anhand optischer Geometrievermessungen als Ausgangspunkt zur Schaffung einer numerischen Datenbasis und darauf aufbauend, KI-gestützter Vorhersagemodelle.
- Verarbeitung von Standardmessdaten mit KI-gestützten Berechnungsmodellen zur Anpassung von Wartungsintervallen und Schadensfrüherkennung.
- Verbesserung bestehender Designkriterien durch Erweiterung der Wissensbasis bezüglich real gefertigter Integralräder.
Basierend auf dem Einsatz des innerhalb des Vorhabens beschafften Rechenclusters wird die bestehende Zusammenarbeit mit führenden Laufradherstellern wie Rolls-Royce Deutschland, Rolls-Royce Power Systems, MAN Energie Solutions, Siemens Energy oder Acceleron Industries, den in Cottbus angesiedelten DLR-Instituten »CO2-arme Industrieprozesse« und »Elektrifizierte Luftfahrtantriebe« sowie dem einzigartigen, seit vergangenem Jahr gegründetem Zentrum zur Erforschung hybrid-elektrischer und elektrischer Systeme (»chesco«) nachhaltig gestärkt.