Zehn Jahre „Forensic Sciences and Engineering“

Das Team der Forensik an der BTU Cottbus-Senftenberg feierte sein zehnjähriges Bestehen.

An der Festveranstaltung am Zentralcampus Cottbus nahmen am 1. Juli 2022 rund 150 Gäste, Weggefährten  und Freunde teil. Die Präsidentin der BTU Prof. Gesine Grande eröffnete die Veranstaltung und wies auf die Alleinstellung des Weiterbildungsstudienganges „Forensic Sciences and Engineering“, sowohl deutschlandweit, als auch innerhalb der BTU hin. Sie bezeichnete diesen als „Aushängeschild“ für den universitären Standort in Cottbus-Senftenberg. Suzi Cue – Business und Kommunikation, Cottbus – übernahm das Entertainment und die Moderation mit musikalischen Einlagen und professionellen Einführungen der jeweiligen Vortragenden. Zudem wurden sieben Dozenten der ersten Stunde des Studienganges verabschiedet. Darunter war der bekannte Kriminalist und Sprengstoffexperte Prof. Wolfgang Spyra, der auch viele Jahre den Lehrstuhl für Altlasten an der BTU geleitet hatte. Der Studiengang dankte weiterhin Dr. Wolfgang Wiehe, Dr. Bernhard Opitz, Rainer Bote, Dieter Knobelauch, dem Leitenden Oberstaatsanwalt Bernhard Brocher a.D. und Dr. Wolfgang Mattig für ihr langjähriges engagiertes Wirken im Studiengang Forensic Sciences and Engineering (M.Sc.).

Der Studiengang wurde vor zehn Jahren als Ergebnis eines europäischen Verbundprojektes mit den Partneruniversitäten in Cottbus, Messina, Budapest und Parma eingerichtet. Von der federführenden Universität Parma in Italien reisten der inzwischen im Ruhestand befindliche Prof. Giovanni Mori und Dr. Alexandro Bernazzoli, heute Leiter des Akademischen Auslandsamts der Universität Parma, als Ehrengäste an. Derzeitig wird der Studiengang ausschließlich in Cottbus angeboten. Prof. Mori, der als Grandfather des Studiengangs bezeichnet werden kann, brachte seine Freude und Anerkennung über dessen Entwicklung an der BTU zum Ausdruck.

Kern der Veranstaltung waren insgesamt vier Fachvorträge. So berichtete Prof. Dirk Labudde von der Hochschule Mittweida über die erfolgreiche Vorstellung und Einführung einer neuen forensischen Methode vor Gericht. Konkret geht es um die digitale Darstellung von Personen auf Kameraaufnahmen, die seitens des sogenannten „Rigs“ (= virtuelles Skelett in der Animations-Technik), über den der individualisierter Bewegungsablauf vom Skelett eines Menschen in Form eines digitalen Zwillings abgebildet wird, als gerichtsfeste forensische Tatsache überführt werden können. So gelang es dem LKA Berlin, zumindest einige Personen aus dem Kreis der Verdächtigen im Goldmünzen-Raub im Bode-Museum auszuschließen, während in anderen Verfahren mittels dieser Technologie sogar die Überführung von Tätern gelang.

Prof. Wolfgang Spyra brachte die Situation des Studiengangs, der sich in den kommenden zwei Jahren neu aufstellen wird, soweit auf den Punkt, dass er die Optionen von Kooperationen mit den Polizeien der Länder und den Einrichtungen der Universität erklärte.

Er beleuchtete zudem auch den Kreis von Studieninteressierten und Absolvent*innen und nannte neben den Ermittlungsbehörden auch Versicherungen, Banken, den Zoll sowie Technologieunternehmen als mögliche Kooperationspartner. Wie Kooperationen gelingen können, beleuchtete er anhand von Beispielen aus der Schweiz unter Verweis auf Prof. Margot von der Universität Lausanne und Dr. Pfefferli von der Kantonspolizei Zürich.

Diese gemeinsame Ausgangslage ließ sich auch in den Vorträgen von Apl. Prof. Thomas Fischer und PD Dr. Stefan Rödiger erkennen. Prof. Fischer als Leiter des Zentralen Analytischen Labors (ZAL) der BTU zeigte anhand von Ausschnitten von bekannten CSI-Serien zunächst auf, wie bestimmte Fragestellungen im Fernsehen beziehungsweise bei Streaming-Diensten dargestellt werden. Er verglich dies mit seiner Vorgehens- und Arbeitsweise. Dazu stellte er aktuelle Forschungsergebnisse und Publikationen vor, die er und sein Team im  Rahmen ihrer forensischen Forschungsschwerpunkte der Schriftenauswertung und der Entomologie erzielt hatten. Ergebnis war, dass die Darstellungen im Fernsehen zwar zuweilen verkürzt waren und nicht immer die beste Methode präferierten, aber auch nicht völlig falsch lagen. Zusammen mit PD Dr. Rödiger überzeugte dieses Team mit einem Tiefgang von forensischen Betrachtungen mit Anknüpfungspunkten zu den Themen der Bioinformatik und digitalen Forensik.

Als Vertretung des erkrankten ehemaligen obersten Rechtsmediziners in Brandenburg Dr. Wolfgang Mattig erläuterte Dr. Hartmut Fischer, ebenfalls vom Rechtmedizinischen Institut in Potsdam, dass die Obduktion und die weiteren Untersuchungen der Rechtsmedizin die kriminaltechnischen Untersuchungen nicht nur ergänzen, sondern gerade in Fällen von Kapitalverbrechen, aber auch anderen Straftaten wesentlich zur Aufklärung beitragen. Insbesondere bei ungeklärter Todesursache ist der Einsatz der Rechtsmedizin unbedingt erforderlich, um überhaupt feststellen zu können, ob eine Straftat vorliegt oder nicht.

Zwischen den Vorträgen wurde auf der Grundlage zweier kurzer Einspieler aus einem bekannten Ausbildungsvideo der Polizei die Frage der Tatortarbeit und entsprechenden forensischen Beurteilung diskutiert. Letztendlich führten die Einschätzungen und Aussagen von Kriminalisten wie Rainer Bote, ehemals Kripo Hamburg, und des ehemaligen Leiters der Kriminaltechnik des LKA Brandenburg in Eberswalde Dieter Knobelauch, von forensischen Gutachtern wie Prof. Spyra  und Dr. Hartmut Fischer, der Staatsanwaltschaft, vertreten durch Oberstaatsanwältin Jessica Hansen und den ehemaligen Leiter der Staatsanwaltschaft Cottbus, den Leitenden Oberstaatsanwalt a.D. Berhard Brocher zu dem Ergebnis, dass das A und O des späteren Ermittlungserfolgs die saubere, akribische und umfassende Spurensicherung beim Erstangriff ist.

Studiengangsleiter Prof. Eike Albrecht und Koordinator Dirk Marx, MBL, dankten allen Lehrenden, insbesondere denen, die nach zehnjähriger Lehrtätigkeit im Studiengang Forensic Scienecs and Engineering (M.Sc.) ausschieden, für ihre unermüdliche und zuverlässige Vermittlung von Spezialistenwissen mit Blumenstrauß und Spreewaldbitter, gegen den Trennungsschmerz. Im Garten vor dem quasiMono fand dann der feierliche Ausklang in kleinerem Rahmen statt. Hier ergab sich für die Studierenden dieses Jahrganges die Möglichkeit, mit denen von morgen und aus früheren Jahrgängen zu sprechen. Jedenfalls ist festzustellen, dass sich die forensische Szene in Cottbus trifft, und das soll auch künftig so gehalten werden.

Weitere Informationen

Kontakt
Dirk Marx (MBL)
Lehrstuhl Öffentliches Recht insbesondere Umwelt- und Planungsrecht
T +49 (0) 355 69-3139
forensic-sciences-ms(at)b-tu.de

Prof. Dirk Labudde von der Hochschule Mittweida berichtet über die erfolgreiche Vorstellung und Einführung der neuen Methode der digitalen Darstellung von Personen auf Kameraaufnahmen vor Gericht.
v.l.n.r. Prof. Dr. -Ing. Wolfgang Spyra, Prof. Dr. Gesine Grande, Prof. Dr. Eike Albrecht, Prof. Dr. Giovanni Mori und Dr. Alexandro Bernazzoli
Exponate auf der Jubiläumsveranstaltung