Die historischen Hangars in Cottbus - ein konstruktionsgeschichtlich einzigartiges Ensemble

Eine Woche lang, vom 4. bis 10. September 2022, untersuchen Studierende aus ganz Deutschland die 1933/34 errichteten Hangars des nordwestlich der BTU Cottbus-Senftenberg gelegenen ehemaligen Fliegerhorstes. Im Mittelpunkt stehen die Konstruktionen, die Bedeutung für den Denkmalschutz und angemessene Nachnutzungskonzepte.

Die Ergebnisse der jungen Forschenden werden am 11. September, zum Tag des offenen Denkmals® 2022 im Rahmen einer Ausstellung der interessierten Öffentlichkeit präsentiert.

Der bundesweite Tag des offenen Denkmals® 2022 findet am 11. September unter dem Motto „KulturSpur. Ein Fall für den Denkmalschutz“ statt. In Cottbus öffnen zu diesem Anlass Orte wie das alte Strombad oder der Großenhainer Bahnhof (am Spreewaldbahnhof) ihre Pforten. Ganz in der Nähe der Brandenburgischen Technischen Universität (BTU) auf dem ehemaligen Flugplatz in Cottbus haben die historischen Flugzeughangars das Interesse der Denkmalschützer*innen geweckt.

Im Rahmen des diesjährigen Studierenden-Workshops des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz (DNK) untersuchen 20 Studierende von neun deutschen Hochschulen das Ensemble aus insgesamt fünf Hallen; ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Hangar Nr. 1. BTU-Professor Dr.-Ing. Werner Lorenz ist einer der Wissenschaftler, die die Studierenden während ihrer Untersuchungen begleiten. Im Interview erzählt er, warum es so wichtig ist, das Baukulturerbe an nachfolgende Generationen weiter zu geben:

Herr Prof. Lorenz, wie beurteilen Sie als Experte für Bautechnikgeschichte die Bedeutung der Cottbuser Flugzeughallen für den Denkmalschutz?   

Die konstruktionsgeschichtliche Bedeutung des Ensembles ist kaum hoch genug einzuschätzen. Offenkundig zu Vergleichszwecken wurde jede der Hallen anders ausgeführt; darunter der weltweit erste Hangar mit einer asymmetrischen Betonschale. Insgesamt bilden sie heute ein einzigartiges Panoptikum von Leichtbauweisen der frühen 1930er Jahre. Ursprünglich waren es sogar sieben Flugzeughallen; eine wurde nach der Wende demontiert und steht heute als „The Cottbus“ in den USA, eine andere stürzte schon kurz nach der Errichtung 1934 ein – sie war nicht nur leicht, sondern zu leicht gebaut!

Weshalb legt der Workshop ein besonderes Augenmerk auf den Hangar Nummer 1?

Das hat zunächst ganz praktische Gründe: Anders als die übrigen vier Hallen wird er gegenwärtig noch nicht genutzt und ist daher für den Workshop prädestiniert. Vor allem aber, gerade weil er noch nicht vergeben ist, eröffnet er spannende Nachnutzungsoptionen. Wie wäre es denn zum Beispiel mit einem zweiten „The Cottbus“ als Showroom von Lausitz Science Park und BTU hier vor Ort, mit dem unsere Universität endlich einen zentralen Veranstaltungsort mit einer angemessenen historischen Aura erhalten würde?

Was erzählen solche Konstruktionen und Baukörper über die Zeit, in der sie entstanden?

Natürlich dokumentieren sie die charakteristischen Technologien und Materialien der Epoche, in der sie entstanden. Man kann sie aber auch entschlüsseln und als Texte über die Denkweisen, Paradigmata und Haltungen der Ingenieure lesen, die sie entwickelten. Schlagen wir den Bogen noch weiter, bilden gerade die Cottbuser Hallen materielle Zeugnisse der 1933 unmittelbar nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten forcierten Wiederaufrüstung, die sich hier zunächst noch als zivile Flugschule tarnte.

Was können angehende Ingenieur*innen daraus lernen?

Das Bauen im Bestand ist längst zu einem der wichtigsten – und oft schwierigsten – Aufgabenfelder im Bauwesen geworden, nicht zuletzt aus ökologischen Gründen: Wir sollten nicht immer neue graue Energie verbraten! Der Workshop zielt vor allem auf die Vermittlung angemessener Methoden der Untersuchung, Bewertung und Entwicklung dieses nicht einfachen Erbes – und auf den interdisziplinären Dialog zwischen den hier vertretenen ganz unterschiedlichen Fachrichtungen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Prof. Dr.-Ing. Werner Lorenz ist Mitglied der AG Fachliche Fragen des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz (DNK) und Koordinator des DFG-Schwerpunktprogramm „Kulturerbe Konstruktion“ (SPP 2255) an der BTU Cottbus-Senftenberg, wo er als Honorarprofessor für Bautechnikgeschichte tätig ist. Von 1993 bis 2018 hatte er an der BTU den Lehrstuhl Bautechnikgeschichte und Tragwerkserhaltung inne. Er gehört dem Cultural Heritage Center der Fakultät für Architektur, Bauingenieurwesen und Stadtplanung an der Universität an.

Allein im Land Brandenburg sind rund 400 unter Denkmalschutz stehende Gebäude und historische Anlagen am Tag des offenen Denkmals® am Sonntag, den 11. September 2022 für Besucherinnen und Besucher zugänglich.

Kontakt

Prof. Dr.-Ing. Werner Lorenz
DFG-Schwerpunktprogramm SPP 2255 Kulturerbe Konstruktion
T +49 355 69 2694
werner.lorenz(at)b-tu.de
www.kulturerbe-konstruktion.de

Dr.-Ing. Roland May
DFG-Schwerpunktprogramm SPP 2255 Kulturerbe Konstruktion
T +49 355 69 4641
roland.may(at)b-tu.de

Kontakt

Susett Tanneberger
Stabsstelle Kommunikation und Marketing
T +49 (0) 355 69-3126
susett.tanneberger(at)b-tu.de
Prof. Dr.-Ing. Werner Lorenz