Interview mit BTU Alumnus Christian Städter (Betriebswirtschaftslehre)

"Mittlerweile bin ich seit über 12 Jahren im Bereich Gaming und Esports unterwegs und habe das Glück auf nationalen und internationalen Events arbeiten zu dürfen."

Christian Städter hat Betriebswirtschaftslehre an der BTU studiert, arbeitet seit über 10 Jahren im Gaming, speziell im Esports und forscht zudem im Bereich Gaming an der BTU im Fachgebiet ABWL, insbesondere Organisation und Unternehmensführung. Hierzu hat er auch eine Webseite https://www.christian-staedter.com/ und einen Newsletter ins Leben gerufen, wo er über das Thema Gaming aus wissenschaftlicher Sicht zu Themen wie Performance, Gesundheit, Sucht, Branchen-Insides und mehr berichtet.

Hallo Herr Städter, wie sind Sie zum BWL Studium an die BTU gekommen und wie waren Ihre Erfahrungen hier?
Guten Tag, Herr Ebert. Nach dem Abitur wusste ich, dass ich keine Ausbildung machen möchte. Als Alternative blieb dann nur ein Studium, und die Schulbank drücken empfand ich nie als etwas Negatives. Die Entscheidung wurde zudem durch meinen Bruder – den ich als Vorbild betrachte – mit geprägt, der an der BTU Physik studierte und danach noch promoviert hat. Seine positiven Schilderungen sowie die lokale Nähe waren am Ende für mich ausschlaggebend mein Studium an der BTU zu beginnen. Die BWL war, nebst der Informatik, eine der beiden Studiengänge in denen ich mich damals gesehen habe. Gewonnen hat, schlussendlich, die BWL. Da ich zum letzten starken Jahrgang gehöre, fiel mein BWL-Studium in eine Zeit, in der wir mit 400 anderen Studierenden im Hörsaal saßen. Während des Grundstudiums gefiel mir vor allem, dass wir durch die Prüfungsordnung alle Bereiche der BWL durchlaufen mussten. In späteren Semestern durfte ich auch noch die andere Seite kennenlernen. Vor allem im Masterstudium empfand ich die Freiheit Schwerpunkte wählen zu können, sowie die Breite der Angebote, als großen Vorteil. Des Weiteren gingen damit kleine Gruppengrößen einher, was mehr Raum für Diskussionen und individuelle Betreuung ließ.

Sie arbeiten aktuell an der BTU und streben eine Promotion an. Können Sie uns bitte etwas darüber erzählen, wie das gekommen ist, wie Sie da vorgegangen sind und was ihr Forschungsthema ist.
Auch an dieser Stelle freue ich mich meinen Bruder als Vorbild nennen zu können. Darüber hinaus wollte ich gerne mein Hobby und meine Nebentätigkeit als Freelancer im Esports, also wettkampforientiertes Spielen von Videospielen, mit meinem Interesse an der Wissenschaft und dem Wunsch einer Promotion verbinden. Zu Beginn steht immer die Frage im Raum: Mit welchem Thema genau möchte ich mich befassen? Für mich war relativ schnell klar, dass ich den Kernaspekt – die Performance – im Esports weiter erforschen möchte. Darauf aufbauend ist der Arbeitstitel meiner Promotion „Individual and Team performance in Esports“ entstanden. Im Kern schaue ich mir an, welche direkten und indirekten Faktoren wie Teamkommunikation, Gesundheit, oder Training die Performance von Einzelspielern und Teams beeinflussen, um diese zu verbessern. Aus diesem Gedanken, und der bisherigen Arbeit heraus, ist auch mein wöchentlicher Newsletter entstanden, in dem es genau um diese Themen geht. Wichtig ist mir in beiden Bereichen – der Promotion und des Newsletters – dass jegliche Art von Spieler mit einbezogen wird, vom Freizeitspieler der alleine oder mit Freunden spielt, bis hin zum professionellen Athleten der seinen Lebensunterhalt damit verdient.

Sie betrachten Gaming aus sehr verschiedenen Perspektiven in Ihrer Forschung und in Ihrem Newsletter. Was für Themen werden da genau aus welchen Perspektiven besprochen?
Sehr gute Frage. Grundlegend ist der Newsletter für jeden interessant, der Interesse am Gaming hat. Der Fokus liegt vor allem auf wichtigen, spannenden, oder manchmal auch lustigen Studien und Forschungsergebnisse. Das Ziel ist dabei immer wissenschaftlich fundierte Ergebnisse zu nutzen, um das Leben der Leser – in Bezug auf das Gaming – zu verbessern. Welche Faktoren beeinflussen die In-Game-Performance? Wie kann ich (der Freizeitspieler) besser im Spiel werden, um endlich einen höheren Rang zu erreichen? Was macht die Profispieler so gut im Spielen? Welche Vorteile und Nachteile hat Gaming? Wie beeinflusst Gaming meine Gesundheit, also Schlaf, Ernährung, Sucht und so weiter? Wie kann ich meinen Spaß beim Spielen maximieren? Diesen und anderen Fragen gehen wir im Newsletter auf den Grund. Ein weiterer wichtiger Teil des Newsletters sind Gast-Episoden. In diesen beleuchten Experten, also Industrie-Insider, wie zum Beispiel Profispieler, Kommentatoren und Spieleentwickler die Gaming-Branche aus ihrer ganz persönlichen, praktisch-orientierten Perspektive. Sie berichten über ihre Karrierewege, aktuelle Probleme und Trends, sowie Erfahrungen und vieles mehr. Ich bin überzeugt, dass diese Kombination aus wissenschaftlichen Fakten und Empfehlungen für den Alltags-Spieler, sowie praktischem Expertenwissen spannend für jeden interessierten Gamer ist, und einen großen Mehrwert liefert.

Für viele klingt es wie ein Traum, sich beruflich mit Gaming auseinandersetzen zu dürfen. Sie haben in dem Bereich auch schon viele praktische Erfahrungen gesammelt im Esport- wie Eventbereich und bei Unternehmen. Wie sind da Ihre Erfahrungen und was würden Sie Studierenden empfehlen, die sich auch wissenschaftlich und beruflich für das Thema interessieren?
Das ist eine gute und wichtige Frage, die Sie da stellen. Mittlerweile bin ich seit über 12 Jahren im Bereich Gaming und Esports unterwegs und habe das Glück auf nationalen und internationalen Events arbeiten zu dürfen. Vor allem für Unternehmen wie die ESL und DreamHack (jetzt EFG), Blizzard Entertainment, BLAST, TaKeTV und andere bin ich regelmäßig in den USA, Kanada, Schweden, Spanien, Deutschland und so weiter unterwegs. Dabei durfte ich über die Jahre an verschiedenen Esports-Titeln wie Counter-Strike, Overwatch, StarCraft II und Weiteren mitarbeiten. Aktuelle stehen 70 Events auf meiner Uhr, und 3 weitere – darunter auch der Esports World Cup in Saudi-Arabien, mit einem Preisgeld von über 60 Millionen US-Dollar – sind geplant. Meine Erfahrungen sind fast ausschließlich positiver Natur. Wer es mag viel zu reisen, neue Leute kennenzulernen, auf Events oder an Medien-Inhalten zu arbeiten und für das Thema brennt, für den kann der Weg im Bereich des Gamings interessant sein. Allerdings sollte man auch die Nachteile im Blick haben. Oft sind die Tage sehr lang, 12 bis 16 Stunden an Eventtagen sind normal, und der "Zauber", den man als Zuschauer live oder vor dem Bildschirm hat, verschwindet irgendwann. Man sollte sich gut überlegen, ob man hinter den Vorhang schauen möchte, denn am Ende ist es Arbeit. Ich denke, es ist wichtig beide Seiten im Blick zu haben und sich nicht nur vom "Zauber“ illusionieren zu lassen. Aus wissenschaftlicher Sicht steckt die Forschung noch in den Kinderschuhen. Erst in den letzten 10 Jahren wurde dem Bereich mehr Aufmerksamkeit gewidmet, sodass sowohl das Feld, als auch die Forschenden relativ jung sind. Zumeist sind diese ebenfalls ehemalige Gamer, die in ihrer Jugend viel Zeit vor dem PC oder der Konsole verbracht haben. Daher ist die Forschungs-Community voll mit Menschen, die die Passion für Videospiele teilen. Wer Ambitionen hat in die Forschung – und speziell Gaming – zu gehen und selbst einen Gaming-Hintergrund hat, der wird sich dort sehr wohl fühlen. Allerdings darf man nicht verschweigen, dass Forschung alles andere als leicht ist. Es bedarf viel Engagement, Willen, und Durchhaltevermögen. Zudem ist die „Marktlage“ und die Chance an eine Professur zu kommen aktuell sehr schlecht, und nur die Besten der Besten haben überhaupt eine Chance. Dennoch denke ich, dass das Thema im Mittelpunkt der Gesellschaft angekommen ist und sich in einigen Jahren mehr Möglichkeiten für Forschende ergeben werden, ihre Leidenschaft für Gaming und Wissenschaft auszuleben. Wir haben gesehen, dass es von privater, als auch staatlicher Seite, immer mehr Zuwendungen jedweder Art gibt.

Und noch eine Frage für alle, die absolut keine Ahnung von Esports haben. Wie kann man sich die Events in dem Bereich vorstellen und wo kann man da regional am besten starten und hingehen?
Esports, also elektronischer Sport, der das wettkampforientierte Spielen bezeichnet, kann – aus Sicht des Publikums – am besten mit dem Fußball verglichen werden. Als Fan eines Spielers, Teams, oder Spiele-Titels kann man online zuschalten oder ins Stadion gehen. Eines der Events in Deutschland ist die ESL Cologne. Dort treffen einmal im Jahr die besten Counter-Strike-Teams aufeinander. Ich selbst war 2022 als Forscher auf dem Event und war beeindruckt von dem Erlebnis. Aus meiner Erfahrung eine definitive Empfehlung. Für die, die selbst aktiv werden möchten gibt es mittlerweile viele regionale und überregionale Ligen, an denen man teilnehmen kann wie zum Beispiel die Uni-Liga. An dieser kann jeder, einzeln oder als Team, teilnehmen und gegebenenfalls auf nationaler Ebene gegen andere Uni-Teams antreten. Wem das nicht genug ist, der kann an Online-Cups teilnehmen, die von verschiedenen Anbietern wie beispielsweise der ESL ausgerichtet werden. Wer sich lokal vernetzen möchte, für den habe ich noch zwei Tipps. Erstens, seit 2017 existiert an der BTU eine Esports-Organisation namens CBES, die Teil des deutschen Dachverbands ist. Zum zweiten gibt es einen BTU-internen Discord-Server, in dem sich Studierende der Uni treffen, quatschen, und Informationen austauschen zum Besipiel auch zu Turnieren oder sich einfach zum Spielen treffen.

An dieser Stelle bleibt mir nur noch zu sagen: vielen Dank für das Interesse an dem Thema und die spannenden Fragen, sowie die Gelegenheit mich, meine Forschung und meinen Newsletter vorstellen zu dürfen. Mein Dank gilt auch der BTU und dem Fachgebiet mit ihrer Leitung. Alle drei sind wichtige Säulen, die mich nicht nur während des Studiums, sondern auch jetzt während meiner Promotion unterstützen. Wer mehr über mich, meine Forschung, und meinen Newsletter erfahren möchte, der besucht am besten meinen X (Twitter)-Kanal https://twitter.com/TrAiDoS oder meine Webseite https://www.christian-staedter.com/.

Kontakt

Daniel Ebert
Friend- and Fundraising; Alumni
T +49 (0) 355 69-2420
daniel.ebert(at)b-tu.de