Interview mit BTU Alumnus Christian Mewes (Maschinenbau)

"Ich habe so viele tolle Menschen an der Uni um mich drumherum gehabt, dass ich mich gerne an diese Zeit zurück erinnere."

Hallo Christian, Du bist Assistent der Geschäftsführung bei Build a Rock in Cottbus, was macht das Unternehmen genau?
Wir stellen Spiel und Sportgeräte her mit dem Fokus auf den Klettersport. Das ist die Kurzfassung. Im Extended Cut würdest du feststellen, dass wir Träume wahr werden lassen. Wir verwenden für unsere Produkte Spritzbeton und mit diesem erhalten wir einen riesigen Gestaltungsspielraum. Und glaube mir, an Ideen und Innovationskraft mangelt es uns nicht. Als Kletterer sehen wir die Routen, die wir gehen. Die Strukturen, die wir in der Natur wahrnehmen, sind unsere Vorbilder die wir in eine benutzbare Form geben, sei es Holzstrukturen, Ruinenoptiken oder jedwede Steinoberfläche. Grenzen habe ich bisher kaum kennen gelernt. Um möglichst gute Produkte auf die gewünschte Zielgruppe zuschneiden zu können, lernen wir von Ihnen. Wir laden sie auf unseren Erlebnishof ein und zeigen Ihnen wie das Klettern funktioniert. Sie lernen Klettern und wir das Kreieren eines perfekten Produktes. Nebenbei macht es natürlich noch Spass anderen Menschen eine Freude zu machen und eine solche Community aufzubauen.

Was genau sind Deine Aufgaben im Unternehmen?
Als Prokurist unterscheiden sich die Aufgaben nur marginal von denen des Geschäftsführers. Formulieren wir es so, du findest mich am Ende eines Kletterseils, am Griff eines Bohrhammers, im Radlader, am PC, in dem großen gelben Transporter mit Klettergriffbesatz, vor dem Whiteboard und vielem mehr. Ich bin quasi omnipräsent im Unternehmen. Ich berate, verkaufe, kalkuliere, verhandle, entwickle, baue und lerne jeden Tag.

Wie kann man bei euch mitarbeiten, was für Leute und Kompetenzen sucht ihr?
Da wir recht breit aufgestellt sind, sind die Möglichkeiten sich einzubringen mannigfaltig. Wenn du super im Specksteinschnitzen, Yoga oder Improtheater bist, dann bist du in unserer Erlebnispädagogik sicher gut aufgehoben. Hast du Bauerfahrung, dann ist in der Fertigung sicher der Raum für deine Kreativität. Drückst du dich besser am PC aus mit CAD oder Illustrator, dann wirst du wohl im Büro neben mir sitzen. Bist du so eine Quasselstrippe wie ich, dann ist vielleicht der Vertrieb was für dich. Könnte auch sein das Höhenarbeiten was für dich sind, dann bitte, auch hier wüsste ich gleich wo eine Felsenwartung ansteht oder Fassadenarbeiten notwendig wären. Ich denke die wichtigste Vorraussetzung ist, das Klettern als Bestandteil des Lebens wahrzunehmen.

Du hast Dich schon zu Studienzeiten viel ehrenamtlich engagiert und warst unter anderem Gründungsmitglied der Landeshochschulkonferenz und des Aktionsbündnisses Bildung und Wissenschaft, sowie studentische Vertretung im Präsidialkollegium. Du engagierst Dich noch immer ehrenamtlich wie zuletzt bei der Clubkommission Cottbus. Was treibt Dich dabei an und welche Kompetenzen konntest Du dabei ausbauen, die Dir vielleicht auch etwas für Dein Berufsleben bringen?
Als letzten Paukenschlag hast du das Kochen für unsere internationalen Studierenden ausgelassen. Und genau hier würde ich ansetzen. Eine der wichtigsten Sachen, die mir das Studium an der BTU gezeigt hat, war die Erkenntnis, dass es keine Grenzen gibt. Ich habe im Wohnheim in der 2. Etage gewohnt, rechts und links von mir Menschen aus aller Herren Länder. Menschen die Freunde wurden. Ich wollte eine Hängematte im Balkon einhängen und erlebte so eine richtig deftige Panikattacke. Ich fing später mit dem Klettern an, um die Höhenangst in den Griff zu bekommen. Man muss ja den Zustand nicht akzeptieren. Es war ein langer Weg mit teilweise unschönen Szenen und so manchen Steinen in der sächsischen Schweiz, die ich mit meinen Tränen tränkte. Und nun ist es meine Berufung. Auch Berührungsängste gehören zu den Sachen, die ich lernte abzulegen. Ich habe so viele tolle Menschen an der Uni um mich drumherum gehabt, dass ich mich gerne an diese Zeit zurück erinnere. Ich denke aber eine Sache, die mich prägte, war die Erkenntnis: wenn ich etwas will, dann mache ich es halt. Wir wollten zum Beispiel Konzerte, ergo haben wir sie selbst veranstaltet. Und genau das war eine gewisse Form von Emanzipation, welche ich durchmachte. Ich hatte alle Freiheiten zu probieren was auch immer mich interessierte und mit meiner Hände Arbeit umzusetzen. Ich hatte unter anderem eine Dunkelkammer für Fotos im Wohnheim in meine Dusche eingezogen, weil es mich interessierte. Das ist was mich antreibt, die Freiheit einfach was umzusetzen.

Wenn du nach fachlichen Themen fragst, dann ist hier ein wichtiger Punkt gewesen, dass ich nie stehen bleiben wollte und ich mich permanent weiterbilde. Ich hatte durch meine Professoren, Doktoren und Kommilitonen einen stätigen Zustrom an Wissen. Ich saß tagsüber in der Matheübung und Abends mit Video 2 Brain im Bett und hab C++ gebingt. Damals gab es halt noch kein Netflix. Ich habe diverse Strafen an die Bibliothek gezahlt, da ich mich von einigen Büchern halt nicht rechtzeitig trennen konnte und saugte Wissen auf wie ein Schwamm. Gerade im IT Bereich partizipiere ich heute noch extrem von den Skills, die ich mitbringe. Stillstand ist hier nie gut. Themen wie Unternehmensdigitalisierung, CRM, ERP aber auch Marketingthemen sowie Konstruktionslehre, Mathe, Physik und Statik sind enorm wichtig und machen mein Leben einfacher.

Du hast schon in vielen verschiedenen Bereichen gearbeitet u.a. im Online Marketing, in der IT und im Projektmanagement. Was hast Du für Tipps für Studierende und Alumni, die vielleicht auch keine linearen Lebensläufe verfolgen und offen sind für Veränderungen und neue Erfahrungen?
Es kommt immer der Punkt an dem man sich fragt "Wozu brauch ich denn bitte das?" In meinem Fall war es die Trigonometrie. Ich hatte dann als Studijob im Callcenter die Frage gestellt bekommen wie hoch ein Tretmülleimer im geöffneten Zustand wäre, ich antwortete Zylinderhöhe plus Deckeldurchmesser mal sin 45°. Nach einem längeren Schweigen kam ein "Was machen sie da?" Was ich damit sagen will ist, das alles was du lernst erstmal nicht relevant erscheint. Hast du es aber durchdrungen so ist die Sternstunde gewiss. Und frage nicht wie oft ich schon die GAGA Hühnerhof AG irgendwo ausgepackt habe um die Verhältnisse von Gegenkathete zu Hypothenuse aufzuzeigen. Kalkuliere mal Treppenläufe oder Bau ein Spielhaus für deine Kids ohne Winkel. Dreisatz, wer braucht sowas schon, aber leite mal fehlende Maße aus einer Zeichnung ab. Auch mein Exkurs in die Entstörtechnik brachte mir viele Skills ein, unter anderem besseres technisches Englisch, da ich häufig fremdsprachige Mitmenschen enstörte. Das technische Verständnis und Verhandlungsgeschick, dass ich dabei erlangte, haben sich bis heute mehrfach ausgezahlt.Ich kann nur jedem raten das Beste aus solchen Haken mitzunehmen. Man erlangt ein breiteres Portfolio an Spezialwissen, eine Expertise die einem definitiv immer zugute kommt.

Kontakt

Daniel Ebert
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BTU Alumnus Christian Mewes