

Die Michaelskirche von Germia in Galatien
Rekonstruktion und Bedeutung eines byzantinischen Kirchenbaus
Dipl.-Ing. Stefan Giese (assoziiertes Mitglied)
Betreuung: Prof. Dr.-Ing. Klaus Rheidt, Lehrstuhl Baugeschichte
Inmitten der anatolischen Hochebene, ca. 100 km südwestlich von Ankara, befindet sich das türkische Dorf Gümüşkonak, welches bis 1984 Yürme genannt wurde. Im alten Zentrum des Ortes haben sich bedeutende bauliche Zeugnisse aus byzantinischer Zeit erhalten. Während der Antike scheinbar unbedeutend, entwickelte sich die Stadt Germia in der frühbyzantinischen Epoche zum Bischofssitz und Pilgerort. Warme, heilende Quellen, eine Michaelskirche und die Tunika Christi zogen Reisende aus dem ganzen Reich an. Trotz seiner historischen Bedeutung blieb Germia bisher von der Forschung weitgehend unbeachtet. Ein mehrjähriger archäologischer und baugeschichtlicher Survey unter der Beteiligung der BTU Cottbus startete im Jahre 2009. Durch den Survey soll die Bedeutung und der Bedeutungswandel des Ortes in Bezug auf sein Umfeld und im Byzantinischen Reich näher untersucht werden.
Während der Jahre 2009 und 2010 wurden Ruinen aus byzantinischer Zeit steingerecht aufgemessen. Unter diesen fallen die eindrucksvollen Überreste einer rund 1500 m² großen Kirche besonders auf, die mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der sogenannten Michaelskirche gleichzusetzen sind. Sie ist der Forschungsmittelpunkt dieser Dissertation.
Ein tonnengewölbter Narthex, der durch seitliche Treppenhäuser flankiert wurde, bildete den westlichen Auftakt der Kirche. Ihm schlossen sich im Osten fünf Kirchenschiffe an, von denen zwei eingewölbt und mit Mosaiken ausgeschmückt waren und vermutlich Emporen trugen. Ein eingeschriebenes Kreuz, dessen Vierung von einer Kuppel überspannt wurde, bestimmte den Kirchengrundriss entscheidend. Bautypologisch lässt sich die Kirche den Kreuzkuppelkirchen zuordnen. Daraus läßt sich schließen, dass der Bau der Mittelbyzantinischen Epoche während der Makedonischen Dynastie (867-1056) entstammt. Neben kleineren Reparaturen und Instandsetzungen sind zwei ältere Hauptbauphasen in den Wänden der Ruine ablesbar, die jeweils tiefe Eingriffe in die vorhandene Bausubstanz darstellten. Im Rahmen des Dissertationsvorhabens sollen alle Phasen rekonstruiert, datiert und baugeschichtlich eingeordnet werden. Auf Grundlage der Ergebnisse der Bauforschung, soll die jeweilige Bedeutung des großen Kirchenbaus in seinem ländlichen Umfeld diskutiert werden.