Die Welt ist schwarzweiß / Die Welt ist bunt

Die Welt ist Schwarz - Weiss

Klinikum Niederlausitz GmbH | Senftenberg | 2005

Projektbeschreibung_Prof. Jo AchermannJetzt wird's mir aber zu bunt hier oder immer nur schwarz sehen, weiss sehen!Nach dem Projekt "die welt ist rund", welches der von mir geleitete Lehrstuhl Plastisches Gestalten für die Kinderklinik in Lauchhammer gestaltet hat, bahnt sich im Herbst 2004 eine neue Aufgabe an: Die Geriatrie, die Station für alte kranke Menschen, soll ein neues Aussehen bekommen. Nach Rücksprache mit meinen künstlerischen Mitarbeitern geben wir kurz entschlossen die Zusage. Im Wintersemester 2004/05 beginnt die ausgedehnte Forschungsarbeit: In jeweils zwei Arbeitsgruppen der Seminare "schwarz sehen - weiss sehen" und " Jetzt wird's mir aber zu bunt hier!", werden die beiden Schwerpunkte intensiv betrachtet und hinterfragt. Nach einem Besuch in der Geriatrie in Lauchhammer treffen sich Studenten aus den parallel geführten Seminaren in kleinen Gruppen zur Entwicklung des Gestaltungskonzeptes. In kurzer Bearbeitungszeit entstehen Modelle, Skizzen und Zeichnungen mit sehr persönlicher Ausprägung. Die besten Ideen zusammenzubringen ist dann keine leichte Aufgabe. In intensiven Diskussionen gelingt es, eine Gestaltung zu entwickeln, die das Erdgeschoss mit der ersten Etage verbindet: Im Erdgeschoss sollen auf farbigem Hintergrund schwarzweisse Arbeiten angebracht werden, im Obergeschoss ist der Hintergrund schwarzweiss, die Arbeiten sind farbig. Die unterschiedlichsten Entwürfe werden vorgeschlagen, etwa das weisse Relief eines Baumes, die Stadtkarte von Lauchhammer oder die in Schattenbildern nachgezeichneten Erinnerungen auf einem Regal. Holzleisten, welche als Rammschutz für die Betten und als Geländer für die Patienten dienen, werden durch Farben und Materialien wie Leder, Stein, Plexiglas oder Reliefblech zu einem visuellen und haptischen Erlebnis. Decken verwandeln sich in grossformatige Bilder für Patienten, die noch das Bett hüten müssen, an den Türen gewähren Fotografi en Einblick ins Innere des Zimmers und machen auf einen besonderen Gegenstand neugierig. Weiche und harte Objekte, strukturierte und glatte Objekte, die auch zu therapeutischen Zwecken dienen können, liegen anschaulich vor uns. Alle diese Ideen werden in Skizzen, Plänen und Modellen eingearbeitet. Hauptmerkmal ist aber immer der farbige Kontext für schwarzweisse Arbeiten beziehungsweise umgekehrt. Nach der Überarbeitung und Anpassung der Entwürfe an die örtlichen Gegebenheiten und dem Erstellen der Kostenpläne kommt die Zeit der Ausführung. Ein grosser Teil der Arbeiten wird nicht in Auftrag gegeben, sondern von den Studenten in den Werkstätten der BTU Cottbus selbst hergestellt. Eine besonders erfreuliche Leistung, denn die so gewonnenen Erfahrungen sind im Berufsleben von Architekt und Stadtplaner sehr nützlich. Um erfolgreich zu arbeiten, sind genaue Zeitpläne notwendig: Die Studenten, die Handwerker des Klinikums und die Schwestern der Geriatrie müssen sich ständig abstimmen, denn die einzelnen Werke werden während des Betriebs eingebaut. Immer wieder zu motivieren und das Klinikum mit den Studenten zu vernetzen, erfordert von meinen Assistenten ein besonderes Fingerspitzengefühl. Durch das Engagement aller Beteiligten gelingt ein gesamtes Werk, welches einmalig ist - vielen Dank für die erfolgreiche Zusammenarbeit. Die noch jungen Studenten haben für alte Menschen Räume entwickelt, die motivieren und animieren. Ich wünsche den Kranken für ihre Zeit in der neu gestalteten Geriatrie Mut und Zuversicht und darüber hinaus eine gute Genesung.

Baum

Kora Herrmann, Melanie Kos, Anja Rohleder
Station 8 / EG / Zimmer 021 und 022 - Station 9 / OG / Zimmer 042 und 094

Nach unserem Besuch in der Geriatrie in Lauchhammer war es uns wichtig, eine Arbeit zu entwickeln, die unmittelbar etwas mit dem Älterwerden zu tun hat und auf die Bedürfnisse der Patienten eingeht. Wir wählten den Baum als Ausgangspunkt mit seinen unzähligen Bildern für Leben wie Stammbaum, Verwurzelung, Jahresringe oder die Verzweigungen der Lebenswege. Wir haben Abgüsse von Stamm und Astgabeln einer Robinie gefertigt und mit diesen experimentiert. Es entstand eine Baumstruktur aus seriell gefertigten Gipsabgüssen, die im Flurbereich als dicker Stamm beginnt und sich in den beiden Geriatriestationen über Decke und Wände bis in die einzelnen Zimmer verzweigt. Dort überziehen Blattreliefs und Blattdrucke die Wände. Durch die ausgeprägt Rindenstruktur der Robinie können die Gipsabgüsse auch für Tastübungen in der Ergotherapie eingesetzt werden.

Farbverlauf - Schwarzweissverlauf

Christin Syperek, Sandra Dreyer
Station 8 / EG - Flur - Station 9 / OG - Flur

Unser Farbentwurf für den Flur im Erdgeschoss der Geriatrie leitet sich aus unserem Vergleich der Lebenszeit mit den Jahreszeiten ab. Das Alter würde demnach für den Herbst mit seinen bunt gefärbten Blättern stehen. Wir wollten die gleichförmigen, lang gestreckten, schmalen Flur der Geriatrie durch die Farbgebung rhythmisch gliedern und ihnen so eine eigene Dynamik verleihen. In mehreren Arbeitsgängen haben wir spezielle Farblasuren übereinander gelegt, wodurch eine malerischen Qualität der Oberfläche entstand. Jetzt betritt man den Flur im Erdgeschoss und trifft auf ein klares, frisches Grün, das sich über eine lange Strecke zu einem ockrigen Gelb und weiter über orange zu einem kräftigen Rot verwandelt. Im Obergeschoss variieren die Wände in einem Spiel zwischen hellerem und dunklerem Grau. Das Leben ist nicht nur ein stetiger Zeitfluss, sondern auch eine Abfolge von Augenblicken. Besondere Momente bleiben bis ins hohe Alter als Bilder in Erinnerung, im Schwarzweiss alter Fotografien oder auch in lebendigen Farben. Wir wollten die Idee des Zeitverlaufs und der Momente zusammenbringen. Deshalb haben wir auf dem Farbverlauf weisse und schwarze Bilder angebracht, die als statische Momente im Zeitfl uss gelesen werden können. Im Obergeschoss sind es farbige Bilder, die dem grauen Rhythmus des aus schwarz und weiss gemischten Wandanstrichs einen völlig anderen und im wahrsten Sinne des Wortes umgedrehten Aspekt verleihen.

Drinnen Draussen Sein

Thomas Mierzwa, Christiane Hense
Station 8 / EG / Zimmer 009 - Station 9 / OG / Zimmer 047

Wir haben den Innenraum in einen Aussenraum verwandelt: Im Schwarzweissbereich und im Farbbereich wurde jeweils ein Patientenzimmer gestaltet. Das Zimmer im Schwarzweissbereich erhielt eine Hausfassade: Vor der Wand schweben zwei in Blendrahmen gefasste Platten, sie stellen Türfüllung und Fensterscheiben dar. Eine Aussenlaterne zwischen Tür und Fenster vertieft den Schatten zwischen den Platten. Man scheint in einem Vorgarten zu stehen und auf einen Hauseingang zu blicken. Im Farbbereich entstand das Wandbild eines Weges zwischen Baumsilhouetten. Geschichtete Platten erzeugen das perspektivische Bild einer Allee. Das kräftige Rot des Hintergrunds nimmt die Farbe des angrenzenden Flurs wieder auf.

Erinnerung

Ulrike Lindenberg, Sarah Söhnel, Falk Wagner
Station 8 / EG / Zimmer 004, 005, 006 - Station 9 / OG / Zimmer 043, 044, 045

Wir haben den Innenraum in einen Aussenraum verwandelt: Im Schwarzweissbereich und im Farbbereich wurde jeweils ein Patientenzimmer gestaltet. Das Zimmer im Schwarzweissbereich erhielt eine Hausfassade: Vor der Wand schweben zwei in Blendrahmen gefasste Platten, sie stellen Türfüllung und Fensterscheiben dar. Eine Aussenlaterne zwischen Tür und Fenster vertieft den Schatten zwischen den Platten. Man scheint in einem Vorgarten zu stehen und auf einen Hauseingang zu blicken. Im Farbbereich entstand das Wandbild eines Weges zwischen Baumsilhouetten. Geschichtete Platten erzeugen das perspektivische Bild einer Allee. Das kräftige Rot des Hintergrunds nimmt die Farbe des angrenzenden Flurs wieder auf.

Die Welt ist rund, und wir machen sie eckig. Unser Konzept für die Geriatrie bezieht sich auf die im Vorjahr von Studenten gestaltete Kinderstation ("die welt ist rund"). Kindheit und Alter sind Grenzmarken des Lebens und bedürfen einer besonderen Pfl ege. Wir interpretieren die Kindheit als Kreis, das Erwachsenensein als Quadrat. Der Mensch bekommt mit zunehmendem Alter Ecken und Kanten. Wir entwickelten Kuben für den Aufenthaltsbereich, bei denen sich Kinder und Alte zum Spielen begegnen können. Die Kuben sind einerseits Tische, auf deren Oberseite Spielfl ächen für Schach und Mensch-ärgere-dich-nicht einglassen sind. Gleichzeitig sind sie Miniaturzimmer, deren Möbel sich auf Schienen herausziehen lassen.

Orientierung

Frieder Käser, Jakob Lorentz, Elodie Chenal, Amélie Marchiset
Station 8 / 9 und Eingangsbereich

Das Erscheinungsbild von Leitsystemen in Krankenhäusern ist gewöhnlich der Funktionalität untergeordnet. Daher unterstützen sie leider oft die berühmte kalte Krankenhausatmosphäre. Grundgedanke unserer Idee für das Leitsystem der Geriatrie in Lauchhammer war es, Funktionalität und Gestaltung zu verbinden. Warum kann ein Beschilderungssystem nicht gleichzeitig gestaltendes Element sein? Kann ein Leitsystem mehrschichtige Informationen enthalten? Geleitet von diesen und anderen Fragen entwickelten wir eine neue Art der Beschilderung. Dafür wählten wir die Technik der F otogramme: In einer Dunkelkammer wird lichtempfi ndliches Papier belichtet, auf das zuvor ein Gegenstand gelegt wurde, welcher das Papier teilweise verdeckt. Das entwickelte Fotopapier zeigt die Gegenstände weiss auf schwarz. Auf diese Weise entstanden Bilder für unsere Schilder. 6) Für die Funktionsräume des Krankenhauses lichteten wir Gegenstände ab, die als Symbol zur Funktion des jeweiligen Raumes passen: Stethoskop - Arztzimmer, Badeente - Badezimmer usw. Für die Patientenräume wählten wir Zitatfragmente. Auf den einzelnen Schildern erscheinen nur Wörter, erst mehrere Schilder zusammen ergeben einen vollständigen Satz. So werden die Zimmer durch Zitate verbunden. Die Zitate lauteten: "Bunt ist meine Lieblingsfarbe." Walter Gropius; "Farbenpracht blendet das Auge." (Lao-tse, Dao-de-dsching); "Die Farbe ist der Ort, wo sich unser Gehirn und das Weltall begegnen." (Paul Cézanne); "Man sagt immer, das Leben sei farblos... alles grau in grau. Aber... ist Grau nicht auch eine Farbe?" (Damaris Wieser).

Blick an die Decke

Frieder Käser, Jakob Lorentz, Elodie Chenal, Amélie Marchiset
Station 8 / EG / Zimmer 020, 007 - Station 9 / OG / Zimmer 046, 049

Für die Deckengestaltung in der Geriatrie Lauchhammer suchten wir ein abstraktes Muster, welches thematisch zum Klinikum passt. Nach einiger Recherche entschieden wir uns für Bilder von Zellen, Viren und Bazillen, die wir verändern und variieren wollten, so dass sie nicht mehr auf Anhieb zu erkennen sind. Sie sollten dem Auge einerseits Ruhe geben, den liegenden Patienten aber auch anregen, sich ausführlicher mit dem Muster zu beschäftigen. Den Entwurf haben wir im Siebdruck umgesetzt. Für das Erdgeschoss wählten wir als Material Plexiglasplatten, auf die wir in unterschiedlichen Grautönen die Bazillen- und Virenmotive druckten. An die gelbe Decke montiert, ergeben die Glasplatten ein Raster. In den Plattenzwischenräumen setzt sich das Motiv als Malerei auf der Decke fort. Unser Motiv für das Obergeschoss waren Zellenformen, verbunden mit der Struktur der Holzmaserung. Dieses Mal druckten wir in Grautönen auf Holzplatten, die zusammen wieder ein Deckenraster ergeben. Auch hier setzt sich das Motiv zwischen den einzelnen Platten als Deckenmalerei fort. Für beide Stockwerke haben wir Lampen entwickelt und gebaut, die sich in das Grundraster der Platten einfügen und in die Gestaltung integrieren.

Lehrende

Prof. Jo Achermann (Lehrstuhlleitung), Heike Klussmann, Heinrich Weid (Künstlerische Mitarbeit und Projektleitung), Anke Pfisterer (Lehrauftrag), Stephan Kaiser (Werkstattleiter), Daniela Ottmann, Kim Wang, Alexander Frisse-Bremann (Tutoren)

Teilnehmer

Studenten

Kora Herrmann, Melanie Kos, Anja Rohleder, Thomas Mierzwa, Christiane Hense, Christin Syperek, Sandra Dreyer, Ulrike Lindenberg, Sarah Söhnel, Falk Wagner, Osman Erdogan, Jousef Faraby, Alice Koschitzki, Lukas Reichel, Frieder Käser, Jakob Lorentz, Elodie Chenal, Amélie Marchiset, Friederike Danisevskis, Steffi Homuth, Marko Zill, Sandy Meerstein, Björn Kriewald, Florian Flocken, Salma Habashi