5,7 Millionen Euro für neues EU-Projekt zur Anwendung von Mikrobiologie zur Förderung der Energieunabhängigkeit

Um die Biogasproduktion zu optimieren und dieses zu einer kostengünstigen Alternative zu fossilen Brennstoffen zu machen, entwickelt das internationale Forschungsteam des Projektes Micro4Biogas maßgeschneiderte mikrobielle Gemeinschaften.

  • Die Europäische Kommission hat kürzlich Pläne angekündigt, die Biogasproduktion bis 2030 auf ein Volumen von 20 Prozent der derzeitigen russischen Gasimporte zu steigern.
  • Das Micro4Biogas-Projekt zielt darauf ab, die Biogasproduktion durch Optimierung der am Prozess beteiligten mikrobiellen Gemeinschaften zu steigern.
  • Darüber hinaus soll die Nutzung von sekundären Ressourcen wie organischen Abfällen wirtschaftlicher gestaltet werden, um die Produktion von nachhaltigem Kraftstoff zu stabilisieren und intermittierende erneuerbare Quellen zu unterstützen.

Biogas spielt eine zentrale Rolle beim Erreichen der Energiesicherheit in der EU, aber das Potenzial von Biogas als erneuerbarer Brennstoff ist noch nicht vollständig erschlossen. Um die Biogasproduktion zu optimieren und dieses zu einer kostengünstigen Alternative zu fossilen Brennstoffen zu machen, entwickelt das internationale Forschungsteam des Projektes Micro4Biogas maßgeschneiderte mikrobielle Gemeinschaften.

Mit dem Ziel der Beseitigung chemischer und biologischer Hemmeffekte in Biogasanlagen arbeitet das Forschungsteam daran, die Effizienz von Biogasanlagen zu steigern. Damit trägt das Projekt seinen Teil dazu bei, dass Europa die ehrgeizigen Ziele des REPowerEU-Aktionsplans erreichen kann, um die Abhängigkeit der EU von den fossilen Brennstoffen aus Russland zu beenden und die Klimakrise zu bewältigen.
Die Herstellung von Biogas mittels anaerober Vergärung ist keine neue Technologie. Das Recycling organischer Abfälle zur Produktion von Methan als erneuerbarer Kraftstoff ist in den europäischen Ländern eine weit verbreitete Praxis. Deutschland, der weltweit größte Biogasproduzent, beheimatet rund 10.000 Biogasanlagen und forciert derzeit den Bau kleiner, dezentraler Anlagen. Aber der Bau weiterer Anlagen ist nicht die einzige Lösung zur Bewältigung der aktuellen Energiekrise. Die im Projekt Micro4Biogas entwickelte wissenschaftliche Strategie zielt darauf ab, die Prozesse die in bestehenden Biogasanlagen ablaufen, zu optimieren. Dies bedeutet, dass mehr Biogas erzeugt werden kann, ohne dass die für die mikrobielle Vergärung von organischen Abfällen erforderliche Substratmengen erhöht werden müssen. "Wir wollen den Biogasertrag, seine Qualität, die Produktionsgeschwindigkeit und die Robustheit des gesamten Prozesses steigern", erklärt Micro4Biogas-Koordinator Manuel Porcar von der Universität Valencia (Spanien).

Um dieses Ziel zu erreichen und die Biogasproduktion zu stabilisieren, "besteht die Herausforderung darin, die Komplexität der anaeroben Vergärung im Detail besser zu verstehen", erklärt Christian Abendroth, Inhaber des Lehrstuhls für Kreislaufwirtschaft an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) und Partner bei Micro4Biogas. Das Forschungsteam hat bereits mikrobielle Proben aus mehreren Biogasanlagen gesammelt und analysierten diese derzeit, um mikrobielle Schlüsselfaktoren und mikrobielle Konsortien zu finden, welche für die Optimierung der Biogasproduktion relevant sind. In Biogasreaktoren vergären diese komplexen mikrobiellen Gemeinschaften organisches Material, wodurch Methan als erneuerbarer Brennstoff freigesetzt wird. Durch die Komplexität der in Wechselwirkung stehenden Mikroorganismen besteht weiterhin hoher Forschungsbedarf, aber letztendlich hängen Effizienz und Ertrag "von der Leistung der Mikroben ab", erklärt Abendroth.
Optimiert produziertes Biogas kann in die bestehende Gasinfrastruktur eingespeist werden, Erdgas weitgehend ersetzen und Unterbrechungen der Energieversorgung verhindern. "Während sowohl Photovoltaik als auch Windenergie den Nachteil haben, dass sie wetterabhängig Strom erzeugen, kann Biogas gespeichert und verbraucht werden, wann immer es benötigt wird", erklärt Carlos Roldán, Elektroingenieur von der Polytechnischen Universität Valencia und verantwortlicher Experte für die praktische Umsetzung der Ergebnisse von Micro4Biogas in der valencianischen Gemeinde Aras de los Olmos, Spanien.
Die Ergebnisse der spanischen Pilotanlage "werden direkt auf jede andere Anlage anwendbar sein", fügt Roldán hinzu. "Uns interessiert vor allem die Selbstversorgung mit Strom, welche Aras de los Olmos auf Basis von Biogas und in Kombination mit anderen erneuerbaren Systemen zur Versorgung der Gemeinde anstrebt." Die Möglichkeit, Biogas zu speichern und bedarfsgerecht zu nutzen, trägt zur Stabilisierung des Stromnetzes bei, was die weit verbreitete Nutzung intermittierender erneuerbarer Quellen erleichtert.

Über das Micro4Biogas Projekt

MICRO4BIOGas ist ein EU-finanziertes Projekt, welches an der Entwicklung maßgeschneiderter mikrobieller Konsortien zur Steigerung der Biogasproduktion arbeitet. Gefördert wird es mit 5,7 Millionen Euro für das gesamte Projekt. 111.000 Euro erhält die BTU Cottbus-Senftenberg. Das Projekt vereint 15 Institutionen aus sechs Ländern (darunter Universitäten, Unternehmen und die lokale Regierung einer spanischen Stadt, in der eine hochmoderne Biogasanlage gebaut wird) und zielt darauf ab, den Ertrag, die Geschwindigkeit, die Qualität und die Reproduzierbarkeit der Biogasproduktion zu steigern und diese erneuerbare Energie als ökologisch, politisch und wirtschaftlich sinnvolle Option zu konsolidieren.

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Im Rahmen von Mikro4Biogas wird eine Vielzahl mikrobieller Isolate erzeugt. In empirischen Versuchen untersucht das internationale Projektteam die Eignung dieser zur Optimierung von Biogasanlagen (Foto: Darwin Bioprospecting Excellence)