Philipp Hertrampf (Instrumental- und Gesangspädagogik)

"Das Studium lässt einem sehr viele Freiräume sich zu entwickeln, auszuprobieren, Kontakte zu knüpfen und zu üben."

Philipp Hertrampf studierte Instrumental- und Gesangspädagogik an der BTU in Cottbus und hat sich vor allem auf E-Bass und Kontrabass spezialisiert. Mit 15 Jahren Musikerfahrung hat er ein beeindruckend professionelles Niveau erreicht und sein Abschlusskonzert 2019 mit Bestnote bestanden. Als freischaffender Musiker arbeitete er für verschiedene Bands sowie internationale Theater- und Musicalproduktionen. Nun hat er mit anderen Musikern, Alumni und Studierenden aus Cottbus eine neue Band gegründet Namens Puff Ronnie & The FunkForce. Am 12.02.2021 erscheint ihre erste Single auf YouTube.

Hallo Philipp, wie bist Du auf das Studium in Cottbus gekommen und wolltest Du damit ursprünglich Pädagoge oder freier Musiker werden?
Bei einem Auftritt lernte ich Björn Kerstan kennen, der mir das Studium in Cottbus empfahl. Glücklicherweise wurde ich aufgenommen. Den Zusatz Pädagogik habe ich damals als mehr oder weniger notwendiges Übel angesehen. Ich wollte im Studium das spielerische Maximum aus mir herausholen, um im Anschluss als Musiker Karriere zu machen. Allerdings wurde ich gleich zu Beginn des Studiums deftig geerdet, da ich sah, wo ich im großen Kosmos des Musikbusiness eigentlich stehe. Also musste ich meinen inneren 10-Jahres-Plan noch mal überdenken und feststellen, dass das Unterrichten zum Leben eines professionellen Musikers dazu gehört. Heute bin ich dankbar, dass man mir im Studium einige pädagogische Werkzeuge mit an die Hand gegeben hat, die mir im Unterrichtsalltag helfen.

Mehrere Alumni der Instrumental- und Gesangspädagogik versuchen als freischaffende Musiker:innen zu arbeiten, hältst Du den Studiengang für geeignet und ist es ein Vorteil als zweites Standbein die pädagogische Seite der Ausbildung in der Hinterhand zu haben?
Das Studium lässt einem sehr viele Freiräume sich zu entwickeln, auszuprobieren, Kontakte zu knüpfen und zu üben. Das kann jeder mit der Intensität tun, die er oder sie für richtig hält oder verträgt. Man kommt auch ohne viel Aufwand durch das Studium, was sich dann aber vielleicht im späteren Leben bemerkbar macht. Ob man studiert hat, seinen Abschluss mit Bravour oder gerade so gepackt hat, interessiert nach dem Studium – mit Ausnahme vereinzelter Musikschulen – niemanden mehr. Wichtig ist einzig und allein, was man kann und wie man das Ganze verkauft. Dafür schätze ich die Branche in einem so Abschluss orientiertem Land wie Deutschland im Übrigen sehr. Ich glaube mittlerweile, dass ein „sich breit aufstellen“ in dem Business das A und O ist und das man seine Einkünfte auf verschiedene Standbeine verteilen sollte. Das kommt auch dem Spaß und der Abwechslung zu Gute. Die pädagogische Seite ist eines dieser Beine, wobei aber das Tier in dieser Metapher ein Tausendfüßler ist. Also ja, es ist ein Vorteil.  

Kannst Du Dich an Deine Aufnahmeprüfung erinnern? Wie war das damals und wie hat sich dein Spiel seit dem verändert?
Sehr gut sogar, und ich weiß nicht, ob ich jemals nervöser war als bei der Aufnahmeprüfung. Ich  hatte Gott sei Dank eine Freundin dabei, die an dem Tag alles Administrative inklusive „vergiss mal bitte nicht was zu essen“ für mich geregelt hat. Ich habe dann nur versucht abzuliefern, was mir scheinbar einigermaßen gelungen ist. Solche Vorspiele sind wirklich das Allerschlimmste und so fern ab jeglicher Realität, dass man diese Situation vorher auch nicht trainieren kann. Ich bin froh, dass ich so was nicht mehr machen muss. Was sich verändert hat, kann ich mit Worten schlecht beschreiben, auf jeden Fall aber eine ganze Menge. Als ich mit der Euphorie der bestandenen Aufnahmeprüfung das Studium angetreten habe, dachte ich, ich sei der ultimative Bass-Dude und zähle Minimum zu den oberen 20 Prozent der deutschen Nachwuchs-Musikelite. Danach ging es aber erst mal gefühlte 10.000 Schritte zurück, Basics üben und das bestimmt 4 Semester lang. Ich würde behaupten, dass ich den Bass und die Funktion des Instrumentes innerhalb einer Band erst im Studium so richtig begriffen habe. Hinzu kommt, dass ich mich mit Musikstücken auseinandersetzen musste, die ich mittlerweile liebe, aber auf die ich sonst wahrscheinlich niemals gestoßen wäre. 

Wie kann man sich Deinen Arbeitsalltag als freischaffender Musiker vorstellen?
Das kommt ganz auf den Tag an und was in der nächsten Zeit so anliegt. Ich versuche täglich 2-3 Stunden zu üben und habe mir einen Vormittag in der Woche auserkoren, an dem ich etwas „Büro“ mache, also Rechnungen schreibe, Mails beantworte etc. Sofern ich an dem Tag nicht noch unterrichte, war es das eigentlich schon mit den richtigen zeitlich festen Pflichten. Alles Weitere versuche ich nach Priorität abzuarbeiten. Das sind dann zum Beispiel Proben oder Auftritte, die ich vorbereiten muss, Stücke raus hören, Noten schreiben oder auch die Proben und das Üben selbst. Am Wochenende ist durch die Auftritte für so etwas dann meistens keine Zeit. Ich habe mal gelesen, dass die Musikbranche die letzte Branche ist, in der noch so richtig gesoffen wird. Wenn man bedenkt, dass es, mit Ausnahme des Unterrichtens, niemanden stört, dass dabei auch getrunken wird – sofern man trotzdem seine Leistung bringt – mag das wohl auch so sein. Man sollte sich aber auch bewusst sein, dass man ab einem gewissen “Rock'n’Roll-Level” diesen Job nicht bis zur Rente durchhält bzw. sich dadurch auch Chancen verbauen kann. Da ich meinen Beruf aber sehr gern bis zu dieser sogenannten Rente ausüben möchte, nach wie vor Ziele verfolge, aber im Spiegel auch keinen 32-jährigen Rennrad Fahrer, der auf Partys gern Sellerie dippt sehen möchte, halte ich es wie folgt: Ich will es mit nichts übertreiben, auch nicht mit dem abstinent sein.

Du bist auch als Content Creator auf den sozialen Medien unterwegs unter anderem mit großartigen Bassvideos, wie wichtig sind die sozialen Medien aus beruflicher Sicht für Dich?
Ich bin ehrlich: Diese Videos sind einzig und allein für mein Ego. Beruflich bringt mir das null Komma Nix. Vielleicht mit der Ausnahme, dass andere Musiker mit denen ich aktuell nicht so viel Kontakt habe, mich weiterhin auf ihrem Schirm haben. Eventuell ergibt sich dadurch mal ein Job. Ansonsten wird das Geld nach wie vor an anderen Fronten verdient und Anerkennung und Respekt unter den Kollegen wird sich im Proberaum erarbeitet. Vor einigen ausgewählten Leuten sind mir diese Videos deswegen manchmal etwas unangenehm, aber mein Ego hat eben auch einen enormen Hunger. In puncto Imagepflege sind die sozialen Medien allerdings nicht mehr wegzudenken und bieten einem die Möglichkeit, sich so darzustellen, wie man gerne wahrgenommen werden möchte.

Wer sind Puff Ronnie & The FunkForce und wie kam es zur Gründung der neuen Band?
Puff Ronnie & The FunkForce, das sind Max Ender, Hannes Genscher, Christoph Böhm, Simon Heiduschka und ich. Unser Berufsalltag hat, wie bei den meisten unserer Kollegen, mit kreativ sein nicht wirklich viel zu tun. Da ist eher abarbeiten, covern und dabei so aussehen, als ob man sich gerade nichts Schöneres auf der Welt vorstellen könnte gefragt. Ich wollte schon seit Langem mal ein Projekt haben, was mit der Routine-Mühle nichts zu tun hat. In dem man kreativ sein und musikalisch etwas erschaffen kann, was dem eigenen Gehirn entsprungen ist. Vielleicht sogar etwas, was bleibt, wenn man selber nicht mehr ist. Dann habe ich meine Traumbesetzung angerufen und siehe da, alle haben gesagt: Jo. Am Anfang lief es erst mal schleppend. Wir hatten kaum Zeit, uns regelmäßig zu treffen, da jeder noch anderweitig viel zu tun hatte und erzielten deswegen auch kaum Fortschritte. Leichte Frustration fing an sich breitzumachen. Dann kam Corona. Plötzlich war Zeit im Überfluss da und seitdem läuft es besser als je zuvor. Ich hoffe, dass sich das auch nach Corona nicht ändern wird. Aber da die Jungs wirklich der unkomplizierteste Haufen sind, den man sich nur vorstellen kann, bin ich da extrem guter Dinge.

Was ist euer Ziel mit der Band und wie kann man euch am besten unterstützen?
Es gibt kein übergeordnetes Ziel, das ist ja das Schöne. Was kommt, das kommt.  Wir wollen Ende März unser erstes Album aufnehmen. Darauf freuen wir uns riesig, auch um diesen ganzen Produktionsprozess vom ersten Ton im Proberaum bis zur fertigen Platte inklusive Video Drehs, Promotion und der Suche nach Vertriebswegen mitzuerleben und selber aktiv zu steuern. Eine kleine Tour wäre auch etwas, dem niemand von uns abgeneigt gegenüber steht. Wahrscheinlich wird das einfach unser nächstes Ziel. Unterstützen kann man uns, in dem man schön neugierig bleibt, schaut, was wir so treiben und sobald Corona vorbei ist, eines unserer Konzerte besucht.

Was würdest Du anderen raten, die ebenfalls den Traum haben als professionelle Musiker:in zu arbeiten?
Ab einem gewissen spielerischen Niveau ist es gar nicht mehr so entscheidend, wie gut man spielt. Das soll nicht heißen, dass man schlecht sein kann, sein Handwerk sollte man schon beherrschen. Ob man dies an einer Hochschule, Musikschule oder autodidaktisch gelernt hat, ist dabei egal. Allerdings ist es neben Pünktlichkeit und guter Vorbereitung manchmal sogar wichtiger, was man für ein Typ ist und ob es andere neben einem auch mal 6 Stunden im Bus aushalten, ohne danach zu sagen: Neben dem sitze ich morgen nicht mehr. Egal wie gut man an seinem Instrument ist, bei zu vielen Allüren und Gehabe wird des Öfteren lieber auf jemanden zurückgegriffen, der vielleicht nicht ganz so gut spielen kann, der aber umgänglich ist und mit dem man eine schöne Zeit haben kann.

Auf welchen Kanälen findet man Dich und Deine Bandkollegen?
Unter „Puff Ronnie & The FunkForce“ findet man uns auf Instagram, Facebook und YouTube.

Puff Ronnie & The FunkForce (v.l.n.r.: Max Ender, Hannes Genscher, Philipp Hertrampf, Christoph Böhm und Simon Heiduschka) Fotografin: Hirstina Patcheva