Interview mit BTU Alumna Maral Koohestanian (Architektur)

"Das Architekturstudium an der BTU Cottbus hat mich vor allem wegen der engen Betreuung und den top ausgestatteten Arbeitsplätzen begeistert."

Maral Koohestanian studierte Architektur in Cottbus und sammelte viele unterschiedliche Berufserfahrung u.a. beim Goethe-Institut in Lissabon, am Fraunhofer IAO, bei der NEXT Generation Invest AG oder auch als Gründerin des Global Shaper Stuttgart Hub. Nun arbeitet Sie als Stadträtin und Dezernentin an ihrem Kernthema Smart City für die Landeshauptstadt Wiesbaden.

Hallo Frau Koohestanian, wie sind Sie damals auf das Architekturstudium in Cottbus gekommen und was hat Ihnen besonders gut gefallen?
Für das Architekturstudium habe ich mich unter anderem entschieden, weil ich den Gedanken, einen positiven Einfluss auf die Umwelt und das Stadtbild zu haben, sehr spannend fand. Architektur bietet eine einzigartige Möglichkeit, nachhaltige und umweltfreundliche Lösungen zu entwickeln, die nicht nur schön sind, sondern auch den Bedürfnissen der Gesellschaft gerecht werden. Die Vorstellung, Menschen, die in verschiedenen Umgebungen leben, arbeiten und interagieren, in ihrem Wohlbefinden beeinflussen zu können, fand ich schon immer faszinierend. Der Einfluss, den die Gestaltung einer Stadt auf die Lebensqualität ihrer Bewohnerinnen und Bewohner hat, ist nicht zu unterschätzen. Es ergibt sich quasi aus jedem Projekt die Möglichkeit, das Wohlbefinden der Menschen zu verbessern und auf die Bedarfe der Bewohnenden einzugehen. Letztlich war meine Entscheidung für ein Architekturstudium eine Kombination aus persönlichem Interesse, kreativem Antrieb und dem Wunsch, einen wertvollen Beitrag zur Gesellschaft und zur Umwelt zu leisten. Das Architekturstudium an der BTU Cottbus hat mich vor allem wegen der engen Betreuung und den top ausgestatteten Arbeitsplätzen begeistert. Jede*r hatte hier einen eigenen Arbeitsplatz und unsere Profs kannten uns beim Namen. Der Gebäudesektor ist einer der größten CO² Emittenten. Umso wichtiger war es mir, verstärkt umweltfreundliche und nachhaltige Architekturkonzepte kennenzulernen und mit diesen zu arbeiten. In Cottbus kam außerdem die Zusammenarbeit zwischen Architektinnen und Architekten, Ingenieurinnen und Ingenieuren und Umweltwissenschaftlerinnen und Umweltwissenschaftlern nicht zu kurz. Zusätzlich waren wir eng mit den Stadtplanerinnen und Stadtplanern vernetzt. Dieser sehr interdisziplinäre und vernetzte Ansatz fördert die Entwicklung innovativer und nachhaltiger Lösungen- smart eben!

Sie arbeiten schon länger am Thema Smart City. Wie sind Sie zu dem Thema gekommen und können Sie ihre Perspektive als Architektin auf das Thema kurz erklären?
Nach meinem Bachelorstudium in Cottbus habe ich noch ein Masterstudium in Portugal in Entwicklungsforschung gemacht. Dort habe ich dann das Fraunhofer Institut kennengelernt und mit ihnen in Kooperation an meiner Masterarbeit zum Thema nachhaltige Stadtentwicklung im globalen Süden gearbeitet. Im Rahmen der Zusammenarbeit habe ich mich immer eingehender mit dem Thema Smart City beschäftigt. Als Architektin ist daran natürlich besonders interessant, wie Ressourcen effizienter genutzt werden können und Umweltauswirken reduziert werden können - zum Beispiel hin zu einer klimaneutralen Stadt. Als ganzheitliches Konzept möchte Smart City aber noch viel mehr: Durch intelligente und innovative Lösungsansätze, die Nutzbarmachung von Daten und deren Einbindung in die langfristige Entwicklung der Stadt, sollen Städte für alle ihre Bürgerinnen und Bürger lebenswerter werden. Innovationspotenziale, die womöglich schon in der Stadt schlummern, können so entdeckt und umgesetzt werden. Architektur und auch Stadtplanung leistet da einen wichtigen Beitrag, zum Schaffen von inklusiven und an den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger ausgerichteten Räumen.

Sie arbeiten nun sehr konkret an dem Thema für die Landeshauptstadt Wiesbaden und leiten das Dezernat für Smart City. Was sind da Ihre Aufgaben, wie kann man sich Ihren Arbeitsalltag vorstellen?
Als Smart City Dezernentin sehe ich meine Aufgabe vor allem darin, das Thema Smart City für Bürgerinnen und Bürger, aber auch in die Verwaltung hinein, zu übersetzen. Was bedeutet Smart City in Wiesbaden und warum kann es nur ganzheitlich gedacht werden, damit wir wirklich smart werden? Dafür ist die Zusammenarbeit mit anderen Dezernaten sehr wichtig, aber auch das Unterstützen der städtischen Vernetzung insgesamt. Wir wollen alle relevanten Akteurinnen und Akteure zusammenbringen, um durch einen offenen Dialog gemeinsam die jeweils besten Lösungen zu neuen Herausforderungen zu finden. Dazu zählt auch, jene Projekte und Initiativen zu unterstützen, die sich das ebenfalls zum Ziel gesetzt haben. Darüber hinaus koordinieren wir im Dezernat laufende Smart-City Projekte, natürlich immer offen für die neusten Ideen, mit deren Hilfe wir Wiesbaden noch nachhaltiger und inklusiver machen können.

In meinem Arbeitsalltag bedeutet das konkret, mich mit den jeweils zuständigen Ämtern über laufende Projekte auszutauschen und hierfür auch den politischen Weg zu ebnen. Wir sind im regelmäßigen Austausch mit Initiativen, die die Vernetzung in Wiesbaden vorantreiben und halten uns außerdem natürlich durch verschiedene Konferenzen und Foren immer auf dem neusten Stand was Entwicklungen, Ideen und Technologien im Bereich Smart City angeht. Der Zuschnitt unseres Dezernats behinhaltet außer Smart City noch die Bereiche des Ordnungsamtes, Europa und Fördermittelmanagement sowie Statistik und Stadtforschung. Smarte Ansätze denken wir natürlich in allen Bereichen - so versuchen wir bspw. so viele digitale Lösungen wie möglich in unseren Bürger*innenservices anzubieten - immer mit dem europäischen Blick auf schon umgesetzte Best Practices.

Sie waren bis 2022 bei dem weltweiten Netzwerk Young Leaders der Urban Future Global Conference dabei. Können Sie etwas über das Programm erzählen? Für welche Alumni könnte das ebenfalls interessant sein?
Die Urban Future Global Conference ist eine jährliche Konferenz, die sich auf die Zukunft der Städte und nachhaltige Stadtentwicklung spezialisiert hat. Ziel ist die Vernetzung von Expertinnen und Experten, Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern, Innovatorinnen und Innovatoren und anderen relevanten Interessengruppen. Gemeinsam sollen Ideen und Best Practices ausgetauscht werden und ein Raum zum Thematisieren neuer Herausforderungen für urbane Räume geschaffen werden. Die Urban Future Global Conference möchte also vor allem eine Plattform für interdisziplinären Dialog darstellen, um nachhaltige und lebenswerte Stadtgestaltung zu fördern. Das Netzwerk Young Leaders ist eine Initiative der Urban Future Global Conference für junge Führungskräfte und Fachleute, die sich für eben diese Themen interessieren. Über das Netzwerk kann man an speziellen Veranstaltungen teilnehmen, bei denen von der Erfahrung von Expertinnen und Experten profitiert werden kann. Außerdem bekommt man die Möglichkeit eigene Ideen und Projekte vorzustellen und mit den anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern an deren Entwicklung zu arbeiten. Die Urban Future Global Conference und die Teilnahme am Netzwerk Young Leaders ist also für all jene interessant, die einen Beitrag zur weltweiten nachhaltigen und lebenswerten Entwicklung von Städten leisten wollen. Das heißt Stadtplanerinnen und Stadtplaner, Innovatorinnen und Innovatoren und auch die Führungskräfte von morgen - aber auch alle anderen, die mit ihrer Tätigkeit die Stadt von morgen mitgestalten möchten.

Woran denken Sie am liebsten, wenn Sie sich an die Studienzeit in Cottbus erinnern?
Ich habe noch tolle Erinnerungen an meine Zeit in Cottbus - damals habe ich als studentische Mitarbeiterin noch in der Stabsstelle Marketing und Kommunikation gearbeitet, da hatte ich nochmal einen anderen Blick auf viele Dinge. Im 360* Video der Uni führe ich übrigens noch über den Campus. Auch die Möglichkeiten die sich mir hier geboten haben waren toll! 2013 konnte ich für ein Jahr nach Lissabon für mein Erasmus gehen. Eine kurzfristige Verlängerung sowie die Anrechnung meiner Kurse: das ging alles super schnell und unkompliziert! Meine Abschlussarbeit durfte ich auf Anfrage zum Thema ‚Nachkriegswohnen in Aleppo‘ schreiben. Das war meine eigene Idee und hat mich nochmal in meinem weiteren Berufsweg bestärkt. Ich war außerdem in der Fachschaft Architektur und im Fakultätsrat aktiv. Das Engagement und die Möglichkeit, mich konstruktiv einzubringen war mir schon immer wichtig und hier habe ich sicherlich auch die ein oder andere Idee für meinen späteren Berufsweg mitnehmen können. Und dann gabs da auch noch die Atelierparties - die waren wirklich legendär.