Das nasschemische Ätzen von Silicium mit Flusssäure-Salpetersäure-Gemischen

Die Bedeutung von Ätzprozessen in der Photovoltaik

Multikristallines Silicium wird in rechteckigen Blöcken von mehreren 100 kg kristallisiert, indem die Erstarrungsfront vom Boden des Gefäßes langsam zur Oberseite wandert. Nach dem Entfernen aller Randflächen, die mit dem Tiegelmaterial in Berührung gekommen sind, sowie der Oberseite, werden die Blöcke zunächst in quadratische Säulen zerteilt, aus denen in einem nachfolgenden Prozessschritt die Wafer (as cut wafer) gesägt werden. Die Oberflächen der as cut Wafer weisen eine stark gestörte Kristallstruktur auf, den sogenannten Sägeschaden (Abb. 4), der entfernt werden muss, da aufgrund dieser enormen Kristallstörungen die bei der Absorption des Sonnenlichtes entstehenden Elektron-Loch-Paare so schnell miteinander rekombinieren, dass eine daraus hergestellte Solarzelle praktisch keinen Strom liefern kann.

Zur Entfernung dieser gestörten Kristalloberfläche von multikristallinen Wafern werden ausschließlich saure Ätzgemische eingesetzt, die Flusssäure, Salpetersäure, Wasser sowie weitere Zusätze, wie Schwefelsäure oder Tenside enthalten können. Durch das gezielte Abätzen des Sägeschadens wird zunächst die Voraussetzung für eine funktionsfähige Solarzelle geschaffen, indem die photophysikalisch inaktive Schicht entfernt wird. Zusätzlich wird der Waferoberfläche eine gewisse räumliche Struktur aufgeprägt, die sogenannte Textur, welche von entscheidender Bedeutung für die effektive Nutzung des einfallenden Sonnenlichtes ist. Angestrebt wird eine hohlspiegel- oder pyramidenartige Texturierung (Abb. 5), welche die von der Waferoberfläche reflektierten Lichtstrahlen des Sonnenlichtes nicht unmittelbar in den Raum zurück wirft, sondern auf andere Stellen der Oberflächenstruktur lenkt (Mehrfachreflexion). Dort kommt es zu erneuten Absorption des Sonnenlichtes, die zu einer höheren Lichtausbeute führt und damit den Wirkungsgrad der Solarzelle steigert. Die Messgröße "Reflektivität" beschreibt diesen Umstand; je geringer ihr Wert ausfällt, umso mehr Licht wird innerhalb der Oberfläche reflektiert.

Die erforderliche Oberflächenstruktur entsteht nur, wenn nach der Entfernung des Sägeschadens auch die darunterliegende ungestörte Kristallstruktur in geringem Ausmaß abgetragen wird. Eine zu lange Ätzdauer führt zur Einebnung der Textur und zur Entstehung sehr ebener, spiegelnder Oberflächen ohne Mehrfachreflexion, woraus eine mit Solarzelle geringerem Wirkungsgrad resultieren würde.