Start des Energie-Innovationszentrums für die klimaneutrale Energieversorgung der Zukunft
Die weltweiten Klimaziele erfordern eine effektive und effiziente CO2-neutrale Bewirtschaftung aller Sektoren. Die Bereiche Elektrizität, Wärme, Verkehr und Industrie so zu verknüpfen, dass die schwankende Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien optimal genutzt werden kann, ist ein Ziel der Wissenschaftler*innen an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU). Konsortialpartner sind unter anderem 50Hertz Transmission GmbH, Ingenieurgesellschaft für Energie- und Kraftwerkstechnik mbH (IEK) und Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrasktrukturen und Geothermie IEG. Den Schlüssel für ein nachhaltiges, wirtschaftliches Energiesystem sehen sie in einer wesentlich stärkeren Vernetzung verschiedener Energiesysteme und Systemakteure.
Mehr als 90 Forschende aus 14 Fachgebieten entwickeln in einem neuen Forschungs-Cluster in insgesamt sechs vernetzten Labs gemeinsam mit einem interdisziplinären Partnernetzwerk innovative Technologien für eine klimaneutrale Energieversorgung. Dasfür seine erste Phase vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit bis zu 28 Millionen Euro geförderte Energie-Innovationszentrum (EIZ) an der BTU will in der Vernetzung verschiedener Energiesysteme und dem damit verbundenen globalen Umbau des Energiesektors weltweite Impulse setzen.
Stefan Müller, Abteilungsleiter der Abteilung „Zukunftsvorsorge - Forschung für Grundlagen und nachhaltige Entwicklung“ beim Bundesministerium für Bildung und Forschung: „Im Herzen der Lausitz wird heute mit der Eröffnung des Energie-Innovationszentrums in Cottbus ein Grundstein für einen der dynamischsten Energieforschungsstandorte Deutschlands gelegt. Hier wird die Energieversorgung der Zukunft aktiv mitgestaltet!“
Tobias Dünow, Staatssekretär des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg: „Industrienah, praktisch und produktorientiert – im Energie-Innovationszentrum wird an der umweltfreundlichen Energieversorgung der Zukunft geforscht. Im Fokus stehen sowohl technische als auch wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Fragestellungen der Energiewende – eine perfekte Kombination! Ich bin überzeugt: Das EIZ – ein wichtiger Baustein und Großprojekt des Lausitz Science Parks – wird als Plattform dienen, um die entwickelten Ansätze und Technologien auf andere Regionen in Deutschland und Europa zu übertragen.“
„Eine auf Sonne, Wind und Wasser basierende Strom- und Wärmeerzeugung für ein Industrieland wie Deutschland erfordert neue nachhaltige Energie-Konzepte“, sagt BTU-Präsidentin Prof. Dr. Gesine Grande. „Mit einem starken regionalen und nationalen Partnernetzwerk verknüpfen wir unsere wissenschaftliche Expertise mit den konkreten Anforderungen und Erfahrungen aus der Energiewirtschaft. Gemeinsam entwickeln wir innovative Lösungen und Technologien für eine klimaneutrale Zukunft, weltweit und hier in der Lausitz. In ihrer Profillinie ,Energiewende und Dekarbonisierung‘ bündelt die BTU ihre Kompetenzen, um in diesem Prozess eine auch international führende Rolle zu übernehmen.“
Prof. Dr. Felix Müsgens, Projektleiter des Energie-Innovationszentrums und Leiter des BTU-Fachgebiets Energiewirtschaft: „Im Energie-Innovationszentrum (EIZ) bearbeiten wir die wissenschaftlichen Fragestellungen der Energiewende und liefern wichtige Beiträge sowohl in der grundlagen- als auch in der anwendungsorientierten Forschung. Gleichzeitig stärken wir die Innovations- und Gründungskompetenz in den Bereichen Sektorenkopplung und Digitalisierung.“
Prof. Dr.-Ing. Johannes Schiffer, Projektleiter des Energie-Innovationszentrums und Leiter des BTU-Fachgebiets Regelungssysteme und Netzleittechnik: „Wir entwickeln neue Erkenntnisse, innovative Lösungen und Technologien für eine klimaneutrale Zukunft. In einem starken Partnernetzwerk kombinieren wir wissenschaftliches Know-How mit der Erfahrung aus der Energiewirtschaft.“
In sechs vernetzten Labs forschen die Wissenschaftler*innen des Energie-Innovationszentrums an der BTU Cottbus-Senftenberg gemeinsam mit einem interdisziplinären Partnernetzwerk an energietechnischen und -wirtschaftlichen Fragestellungen mit speziellem Bezug zur Strukturentwicklung:
Das Energy Economics Lab (EECON) beschäftigt sich mit wirtschaftlichen Fragen und betreibt quantitative Akzeptanzforschung, um zum Beispiel die Flächenauswahl und die Bauvorschriften frühzeitig anpassen zu können. So lässt sich der erforderliche Zubau erneuerbarer Energien optimieren. Ein weiteres Forschungsfeld sind Prognosen für Energiesysteme mit unterschiedlichen Ansätzen aus Optimierung und Statistik. Markt- und Wettbewerbsanalysen mit Erkenntnissen für den Strukturwandel soll die regionale Wirtschaft bei der Transformation unterstützen.
Im Zentrum der Forschung im Electric Power System Lab (EPS) stehen Fragestellungen in der Übertragungs- und Verteilnetzebene. Durch Simulator gestützte Untersuchungen werden Themen der Systemführung und des Netzwiederaufbaus analysiert und wissenschaftlich weiterentwickelt. Ziel ist die Versorgungssicherheit im Verbund der Sektoren Strom, Wärme, Speicher und Mobilität zu untersuchen. Daneben wird das Verhalten von künftigen Hochspannungsbetriebsmitteln unter Klima- und Verschmutzungsbedingungen im Rahmen der Grundlagenforschung untersucht.
Um sektorenübergreifende Energiesysteme effizient betreiben, koordinieren und überwachen zu können, sind integrierte Konzepte für Regelung und Leittechnik notwendig. Dabei erfordert die Komplexität von Energiesystemen neue methodische Betriebs- und Regelungsansätze mit verlässlichen Güte-, Robustheits- und Cybersicherheitseigenschaften. Die Entwicklung und Demonstration von Technologien für diese Herausforderungen stehen im Mittelpunkt der interdisziplinären Einrichtung des Control Systems and Cyber Security Lab (COSYS).
Im Fokus des Energy Storage and Conversion Lab (ESC) steht ein CO2-neutraler Kreislaufansatz auf Basis von grünem Wasserstoff. Im Rahmen der Sektoren Wärme, Strom, Speicherung und Mobilität werden Kreisläufe entwickelt und optimiert. Aus der grünen Wasserstofferzeugung folgt die Weiterverarbeitung zu synthetischen kohlenwasserstoff- und stickstoffbasierten Kraftstoffen sowie deren Speicherung, Transport und Umwandlung in Strom und Wärme. Jeder Sektor wird durch wissensbasierte Optimierung und digitale Zwillingsprozesse in engem Austausch mit grundlegenden Experimenten und fortgeschrittener Materialcharakterisierung entwickelt.
Das High Power Grid Converter Lab (HPGC) steht für die neue Marktrolle „Energiespeicher“. Die Energiewende erfordert Speicher als Energiereserve für Zeiten, in denen für Tage und Wochen nicht ausreichend Erneuerbare Energien (EE) zur Verfügung stehen. Die optimale Kombination aus Kurzzeit- und Langzeitspeichern sowie die Weiterentwicklung von Betriebskonzepten für Speicher zwischen Strom- und Gasnetz sind Ziele in diesem Labor.
Komplexe Systeme lassen sich über verbesserte Simulationsmethoden in Modellen abbilden. Auf dieser Basis erfolgt eine wissenschaftlich fundierte Planung und Optimierung dezentraler Energiesysteme. Damit lassen sich zum Beispiel skalierbare Lastbalancierungsverfahren zur Netzintegration von Elektrofahrzeugen entwickeln, welche die Netzstabilität gewährleisten. Im Scientific Computing Lab (SCL) werdendiese Kompetenzen gebündelt.
Einen engen Austausch wird es mit dem Kompetenzzentrum Klimaschutz in energieintensiven Industrien (KEI) und dem PtX Lab Lausitz – Praxislabor für Kraft und Grundstoffe aus grünem Wasserstoff geben. Sie alle werden Teil des Lausitz Science Parks sein, dem sich im Aufbau befindlichen Technologie- und Innovationspark nahe des BTU-Zentralcampus. Hier werden sich zudem Institute des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, der Fraunhofer-Gesellschaft und der Leibniz-Gemeinschaft, aber auch das Zentrum für Hybridelektrische Systeme Cottbus (chesco) niederlassen. Gemeinsam mit Stadt und Land will die BTU im Lausitz Science Park exzellente Grundlagenforschung und angewandte Forschung mit innovativen Ausgründungen und zahlreichen Unternehmensansiedlungen zusammenbringen.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das EIZ in der vierjährigen Aufbauphase mit bis zu 28 Millionen EUR. Mit diesen Mitteln sind 74 Stellen für Wissenschaftler*innen neu geschaffen worden. Weitere Phasen für eine bis zu zehnjährige Gesamtlaufzeit sind geplant. Neben der Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung wird die neuartige Laborinfrastruktur im Wert von weiteren 18,5 Millionen Euro von der Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) gefördert. Die Finanzierung erfolgt über die Förderrichtlinie der Staatskanzlei des Landes Brandenburg zur Strukturentwicklung Lausitz. Die Mittel kommen aus dem Strukturstärkungsgesetz des Bundes.
Über das Energie-Innovationszentrum
Das Energie-Innovationszentrum setzt auf gezielte Innovationen, industrienahe, produktorientierte Technologieentwicklung und -transfer sowie Aus- und Weiterbildungsangebote für Wirtschaft und Wissenschaft. Im Fokus stehen sowohl technische als auch wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Fragestellungen der Energiewende mit speziellem Bezug zur Strukturentwicklung. Das Zentrum soll als Plattform dienen, um die entwickelten Ansätze und Technologien auf andere Regionen und auf die europäische Ebene zu übertragen.
Das EIZ besteht aus sechs vernetzten Einrichtungen mit eigenen thematischen Schwerpunkten, von denen vier ein campusweites energietechnisches Großlabor bilden werden. Mit 14 Fachgebieten und Lehrstühlen der BTU Cottbus-Senftenberg sowie mit über 40 weiteren Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft ist das EIZ optimal für interdisziplinäre Forschung aufgestellt. Konsortialpartner sind unter anderem 50Hertz Transmission GmbH, Ingenieurgesellschaft für Energie- und Kraftwerkstechnik mbH (IEK) und die Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG.
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