Bürgerbeteiligung - Mediation - TRIPLEX-Methode

Grundlagen für die Entstehung bürgerfreundlicher Planungen durch Einbeziehung der Betroffenen

Prof. Dr. Wolf Schluchter

Konzepte für die Einbeziehung von Bürgerinnen und Bürgern in die Gestaltung der öffentlichen Umwelt sind nicht neu. Sie sind in verschiedenen formalen Planungs- und Genehmigungsabläufen für umweltrelevante Vorhaben öffentlicher und privater Interessenten organisiert und rechtlich festgelegt. Leider finden sich in diesen formalen Vorgängen erhebliche Hinderungsgründe dafür, daß sich Betroffene intensiv einschalten, seien es für die Alltagssituation unpraktische Verfahrensweisen, seien es Vermutungen, daß sich um etwas kümmern sowieso wenig aussichtsreich ist. Es gibt hier Stichworte wie Politikverdrossenheit, Desinteresse, Frustration, Verantwortungsabstinenz.

Verschiedene unserer Forschungsprojekte für das Umweltbundesamt, die nun abgeschlossen sind und deren Ergebnisse publiziert vorliegen, sind diesen Fragen nachgegangen und kamen zu Ergebnissen, die ermutigend sein können - wenn sie zukünftig berücksichtigt werden und in die Praxis Eingang finden. Es ist dann zu erwarten, daß die Planungsergebnisse effizienter sind, effektivere Umsetzung möglich ist und auch das Interesse der Öffentlichkeit an einer aktiven Mitwirkung steigt. Letzteres kann sich durchaus maßgeblich auf die Kosten für geplante Maßnahmen auswirken, und zwar in Richtung Kosteneinsparung.

Um konkrete Bürgerbeteiligung in Gang zu setzen, wurden von verschiedenen Forschungs- oder Beratergruppen in der Vergangenheit differenzierte Ansätze entwickelt. Leider beschränken fast alle solche Ansätze die Öffentlichkeit dahingehend, daß sie sich an ein ausgewähltes und damit geschlossenes Publikum wenden, häufig zusammengesetzt und dominiert sind von Trägern relevanter Interessenkonfigurationen bezüglich der Planungsziele. Dies trägt der Forderung nach einer Demokratisierung der Planung und Umsetzung kaum Rechnung, und damit wird weitgehend auf eine Mobilisierung der Öffentlichkeit verzichtet mit der Folge mangelnder Akzeptanz und Unterstützung.

Die TRIPLEX-Methode geht einen anderen Weg, der gerade massive Öffentlichkeit herzustellen versucht. In zwei Modellprojekten wurden Erfahrungen gesammelt, die auf eine generelle Anwendungsfähigkeit der Methode für öffentliche Entscheidungsprozesse hinweisen, in denen wichtige Umweltfragen von allgemeiner Bedeutung eine Rolle spielen. Insofern ist auch eine Weiterentwicklung und Anwendung der Methode für die zukunftsfähige Gestaltung und Organisation unserer Umwelt möglich.

Es ist davon auszugehen, daß solche Prozesse häufig individuell daran orientiert sind, welche Befindlichkeiten bei den Betroffenen vorliegen, welche Bedürfnisbefriedigungen möglich sind oder erwartet werden. Menschen folgen in ihren Entscheidungen, die diese Prozesse maßgeblich ausdifferenzieren, Nutzen und Schadensrelationen. Einfach gesagt heißt dies, daß Verhalten und Handeln sich daran orientieren, wie der Sinn des Handelns, d.h. die Handlungsorientierung und mögliche Ziele definiert werden; niemand handelt in der Regel absichtlich gegen seine Interessen, und diese Interessen sind an erwartetem Nutzenerwerb bzw. an erwarteter Schadensabwehr orientiert, weil die Vermeidung von Schaden einem Nutzenerwerb entspricht.

Planungen die zukunftsfähig sein sollen, müssen einen möglichst großen allgemeinen Anteil an Nutzenerwerb aufweisen, oder andersherum, einen möglichst hohen Anteil von Schadensabwehr. Dies ist die sozial-ökologische Grundlage für alle Planungen, die längerfristige Nutzen ermöglichen sollen und deshalb zukunftsfähig sind.

Die Nutzungsinteressen und Bedürfnislagen der Betroffenen können nur von diesen selbst formuliert werden. Dies ist individuell möglich, hat in diesem Fall jedoch nur individuelle Reichweite. Aus diesem Grund müssen die individuellen Formulierungen in einen sozialen Kontext eingebracht werden, den das Zusammenkommen einer Gruppe von Individuen darstellt. Auf der Grundlage dieser Erwägungen haben wir die TRIPLEX-Methode entwickelt.

Was ist TRIPLEX?

TRIPLEX ist ein Konzept, das drei Schritte umfaßt. Es wird überall dort angewendet, wo es um Planungen und Entscheidungen geht, die BürgerInnen in ihrem Alltag betreffen. Und dies sind viele Bereiche, angefangen von der Verkehrssituation und Abfall- und Müllbeseitigung bis hin zu Bauplanungen oder der Gestaltung ganzer Regionen.

Bisher werden die Planungen und Entscheidungen meist so organisiert, daß BürgerInnen wenig oder gar nichts dazu beitragen können, auch wenn sie daran interessiert sind und dies wollen. Zu viele Hindernisse sind aufgebaut, angefangen vom Verständnis der Planer, die den BürgerInnen nicht zutrauen, sinnvolle Beiträge zu liefern, seien es die Politiker, die sich an ihren Klientelen mit einer begrenzten zeitlichen Dimension orientieren.

BürgerInnen haben eine Eigenschaft, die sie von den Planern und Politikern unterscheidet: sie verstehen etwas von ihrem Alltag und haben Erfahrung damit und können diese in ihre Handlungs- und Entscheidungsabläufe einbauen. Es handelt sich um Alltagswissen und um Laienlogik.

Planer und Politiker haben diese Eigenschaften naturgemäß ebenfalls, aber nur dann, wenn es um ihren Status als Bürger geht, also z.B. als Mit-Bürger in einem Stadtteil. In diesem Status unterscheiden sie sich von anderen BürgerInnen nicht, weder in der Funktion noch in ihren Interessen. Die Grundlage der Operationen von Experten ist das Expertenwissen. In manchen Fällen kollidiert dieses mit der Laienlogik, wenn Experten selbst Betroffene sind. Planer orientieren ihre Arbeit daran, welchen Auftrag sie haben und was sie aufgrund ihrer Kompetenz für richtig halten. Aufträge erhalten sie, soweit es sich um öffentliche Belange handelt, von den Politikern oder der öffentlichen Verwaltung. Ihre Kompetenz haben sie in einer Ausbildung und im Laufe ihrer Arbeit erworben.

Politikakteurinnen und -akteure sind aufgrund von Parteiprogrammen oder persönlichen Eigenschaften gewählte BürgerInnen, denen dadurch für ihre Entscheidungen politische Verantwortung zugesprochen wird. Andererseits haften sie nicht für die Folgen ihrer Entscheidungen, die wiederum große Effekte auf die Betroffenen haben können. Schlimmstenfalls werden Politiker nicht mehr gewählt. Politiker operieren auf der Ebene von Optionswissen, das aus ihren Klientelen abgeleitet ist.

Es werden demnach drei Ebenen berührt, wenn zukunftsfähige Veränderungen stattfinden sollen, Planungen dafür durchgeführt, Entscheidungen getroffen und Maßnahmen ergriffen werden. Erstens der Bürger mit seiner Laienlogik, die rehabilitiert wird. Zweitens der Planer mit seinem Expertenwissen, das durch die Verbindung mit der Laienlogik aufgewertet wird. Drittens der Politiker mit seinem Optionswissen, an dem er seine Entscheidungen entlang des Wahlmandats fällt und je nachdem, wer davon positiv oder negativ berührt ist, Legitimation und Akzeptanz gewinnt. Daher der Name: TRIPLEX.

Der Bürger hat also sein Alltagswissen und seine Alltagserfahrung, der Experte hat Expertenwissen und Sachverstand in seinem Gebiet, der Politiker hat das Mandat des Bürgers für Entscheidungen. Würden diese drei Ebenen eng zusammenarbeiten, müßten entscheidungstheoretisch am Ende hervorragende Ergebnisse herauskommen. Nämlich: BürgerInnen entwickeln Vorstellungen darüber, wie sie ihren Alltag sehen und wie Schlechtes und Unzureichendes besser werden soll. Experten nehmen dies zur Kenntnis und tragen mit ihrem Sachverstand dazu bei, daß dies auch umsetzbar wird, sowohl in der Sache, als auch bei den Finanzen. Politiker greifen die Bürgervorstellungen und die Expertenarbeit auf, wägen alle Aspekte ab und treffen dann ihre Entscheidung. Man kann davon ausgehen, daß diese dann ziemlich bürgernah und bürgerfreundlich ist. Sie ist zustandegekommen, weil es sich um aktive Bürgerbeteiligung gehandelt hat, dem Gegensatz von "Bürgerverwaltung." Daß dabei von BürgerInnen vor Beginn irgendwelcher konkreter Entscheidungsprozeduren schon entwickelt worden ist, was sein soll und auf was verzichtet werden kann, spart oft viel Geld, trägt aber auf jeden Fall dazu bei, daß grobe Fehlentscheidungen vermieden werden.

Die Ergebnisse unserer Forschungsprojekte zeigen, daß viele BürgerInnen bereit sind, an solchen Prozessen mitzuwirken, dies aber bisher nicht können oder wollen. Oft versuchen "Entscheidungsträger" ganz gezielt, die Bürgerbeteiligung zu verhindern, auch wenn sie öffentlich etwas anderes erklären, und oft haben die BürgerInnen keine Lust dazu sich für etwas einzusetzen, was dann doch anders oder gar nicht entschieden wird. Dieser - meines Erachtens nach wenig zukunftsfähiger - Politikstil wird durch die TRIPLEX-Methode konterkariert, was manchmal nicht zur Freude der Experten oder der politischen Akteure abläuft. Erfahrungen zeigen, daß Lernprozesse dabei von großer Bedeutung sind. Es gilt zu lernen, daß die jeweils anderen auch gute Ideen haben und durchaus ihre Interessen nicht ausschließlich egoistisch ausgerichtet sind.

Die TRIPLEX-Methode beruht auf der Einrichtung von Runden Tischen oder Bürgerforen, die von verschiedenen Veranstaltern, z.B. Volkshochschulen, Kirchen, Verbänden, aber auch einfach von einer Gruppe interessierter BürgerInnen eingerichtet und organisiert werden. Bei diesen Runden Tischen oder Bürgerforen können alle mitmachen, die wollen. Experten bringen ihr Wissen in das ein, was bei den Runden Tischen oder Bürgerforen erarbeitet und diskutiert worden ist. Daraus entsteht ein Maßnahmenkatalog, vielleicht gibt es aber auch die Vorstellung, daß alles bleiben soll wie es ist. Jedenfalls kommt die Bürgermeinung dabei zum Ausdruck. Man könnte einwenden, daß BürgerInnen sowieso nicht viel zu sagen haben und sowieso jeder etwas anderes als der andere will. Dem Einwand ist zu begegnen, weil die TRIPLEX-Methode Meinungen auf einen Punkt bringt, nämlich auf ein Mindestmaß, das von allen Akteuren weitgehend akzeptiert wird. Aus der Bestimmung und Identifizierung eines Ist-Zustandes, der möglichst verallgemeinernd eine von allen Akteuren als real empfundenen Situation widerspiegelt, wird ein Soll-Zustand hergeleitet, der möglichst verallgemeinernd eine bessere Mindestbefriedigung von Bedürfnissen der Akteure erwarten läßt. Das Beteiligungskonzept ist mehrebenenorientiert, und ich möchte dies noch mal betonen, es beruht darauf, daß bei offenem Zugang für alle interessierten Bürger zu Runden Tischen bzw. Bürgerforen ("Laien") mittels Alltagserfahrung und Alltagswissen ("Laienlogik") Verständigung über den Ist-Zustand erzielt werden kann. Davon ausgehend wird entlang einer bedürfnis- und interessenbezogenen Antizipation der BürgerInnen ein Soll-Zustand entwickelt, formuliert und dokumentiert. Dies nutzen Fachleute ("Experten"), um im Rahmen ihres Fach- und Handlungswissens begründete bürgerorientierte sowie fachliche und umsetzungstaugliche Vorschläge auszuarbeiten, die wiederum den BürgerInnen zur Begutachtung, Vervollständigung oder Verbesserung vorgelegt werden. In einem letzten, dritten Schritt beginnt das formale Beteiligungsverfahren (z.B. entsprechend dem Baugesetz) mit dem Ziel, die politische Entscheidung der Verwaltung bzw. der politischen Gremien vorzubereiten und am Ende zu einem möglichst breit getragenen und von den betroffenen BürgerInnen akzeptierten Beschluß zu kommen. Dabei wird das Orientierungswissen der Entscheidungsträger optimiert und Entscheidungsgrundlagen transparent und kompromißtauglich.

Aktive Bürgerbeteiligung heißt nicht nur, und dies zeigen die bisherigen Erfahrungen, daß BürgerInnen mitreden, sondern daß sie auch bereit sind mitzuwirken, indem je nach Möglichkeit eigene Aktivitäten im Stadtteil, im Dorf oder dort wo man tätig ist, gestartet werden. Das braucht nicht viel zu sein, setzt aber psychologische Meilensteine für den Abbau von Verantwortungsabstinenz. Wenn viele ein wenig aktiv sind und sich für eine wichtige Sache einsetzen, kommt am Ende auch viel heraus. Viel mehr, als das , was die Politiker oder Experten alleine können.

Auch wenn unter bestimmten Problemlagen, wie etwa die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes oder andere Existenzängste scheinbar das Umweltbewußtsein weniger Bedeutung im gesellschaftlich-politischen Prozeß hat, kann man nach wie vor in der Bundesrepublik Deutschland von einem überdurchschnittlich entwickelten Umweltbewußtsein ausgehen, das mehr als der Augenschein vermuten läßt auch umgesetzt würde, wenn die BürgerInnen einem konkreten und nachvollziehbaren sowie möglichst widerspruchsfreien Konzept folgen könnten. Es zeigt sich auch, daß keineswegs altruistische Haltungen und Gründe vorliegen müssen, wenn sich umweltfreundliches Verhalten und Handeln stärker entwickeln soll, denn die BürgerInnen wissen durchaus, daß eine Verbesserung der Umweltbedingungen etwas wert und in der Regel nicht umsonst zu haben ist. Deshalb wird von ihnen auch mehr oder weniger Bereitschaft signalisiert, dafür Aufwände zu erbringen, wenn tatsächliche Verbesserungen zu erwarten oder selbst festzustellen sind. Manche gehen auch davon aus, daß gerade Investitionen umweltschonender Art und Reichweite Arbeitsplätze sichern oder neue entstehen lassen, womit auch eine gewisse Vorrangstellung der hochindustrialisierten Bundesrepublik im Gesichtsfeld liegt. Unsere Untersuchungsergebnisse bieten ein Bild, nach dem die BürgerInnen bezüglich ihrer umweltschonender Attitüden weiter sind als die Umweltpolitik. Und dies ist gleichzeitig ein wichtiger Faktor für die Frustration, die viele bekommen, wenn sie sich umweltfreundlich verhalten und oft feststellen, daß dies im weiteren Sinn zu einem zusätzlichen individuellen Problem führt, weil das kollektive gesellschaftliche Konzept zum Zusammenwirken fehlt und das eigene Handeln ergebnislos bleibt.

Grundlegend gibt es bei der TRIPLEX-Methode den win-win-Gedanken, also das Prinzip, daß niemand Verluste hinnehmen muß, dagegen aber alle gewinnen, wenn auch die einen mehr, die anderen weniger. Darüber hinaus entspricht sie auch der Forderung der AGENDA 21 (Rio-Konferenz) im Kapitel 28 ( Aufbau lokaler Netzwerke).

In die Entwicklung dieses Konzeptes sind Erkenntnisse aus den alten und aus den neuen Bundesländern bezüglich der Erwartungen an Zukunftsentwicklungen in den beiden unterschiedlichen Lagen berücksichtigt worden. Aus dem Verlauf der Umsetzung kann der Schluß gezogen werden, daß ein solches Beteiligungskonzept den verschiedenartigen Bedingungen in Ost- und Westdeutschland entgegenkommt, weil Basis der Verhandlungen die jeweils konkreten Situationen und keine vorgegebenen Szenarien sind. "Eine Nichtaktivierung von Bürgern bedeutet Verzicht auf Effektivierung von Planungszielen, Kosten- und Aufwandsreduzierungen und auf höchstmögliche Konfliktvermeidung. Anders gesagt heißt das, daß mit begrenzten Ressourcen maximale Effekte nicht zu erzielen sind, wenn darunter auch maximale Zufriedenheit des einzelnen verstanden wird", heißt es an einer Stelle. Ausgehend von der Leithypothese, die sich auf Einstellungen, Bewertungen und Verhaltenskodexe der BürgerInnen zu ihrer Umwelt beziehen sowie zur Bereitschaft der BürgerInnen, eigene Beiträge und Aufwände zur Verbesserung der Umweltbedingungen zu erbringen, die eine Verbesserung der Bedürfnisbefriedigung versprechen, wird ein "Egoismusmodell" vorgeschlagen. "Dem kurzfristig individuellen Egoismus, der auf schnelle und effiziente Bedürfnisbefriedigung ohne Beachtung komplementärer negativer Effekte ausgerichtet ist, wird ein kollektives Ziel gegenübergestellt, das ebenfalls auf der egoistischen Befriedigung von Bedürfnissen aufbaut, gleichzeitig aber auch negative Effekte zu vermeiden sucht, von denen eine langfristig gesehene Bedürfnisbefriedigung beeinträchtigt oder verhindert wird. Damit wird langfristig orientierter Egoismus legitimiert, kurzfristig orientierter Egoismus entlegitimiert. Weil alle etwas davon haben, fällt auch dem einzelnen ein Nutzengewinn zu, der allein nicht erreichbar wäre. Eine Integration dieses Gedanken in Planungsprozesse schafft Grundlagen für die Formulierung nachhaltiger und zukunftsfähiger Planungsziele, die nicht nur von beteiligten Bürgern akzeptiert, sondern auch mitgetragen werden" wird in der Studie ausgeführt. Unter diesem Aspekt wird die Einleitung eines "Ökologischen Diskurses" empfohlen und zur Grundlage für die praktische Anwendung des Beteiligungskonzeptes, der TRIPLEX-Methode gemacht. Eine rechtliche Prüfung der gegebenen Rahmenvorschriften zeigt, daß juristisch dem Verfahren nichts entgegensteht. Ein detaillierter Anwendungskatalog mit der Angabe und der Erläuterung von Arbeitsschritten schafft die Voraussetzungen, mit denen das Konzept bei verschiedenen Anlässen angewendet werden kann. An zwei Beispielen, die eigens im Rahmen des Forschungsvorhabens bei einer umweltfreundlichen Modernisierung eines Stadtteiles in der typischen DDR-Plattenbauweise und bei einer Dorfentwicklung in Westdeutschland initiiert wurden, konnte gezeigt werden, daß das Konzept realistisch umsetzbar ist und tatsächlich zur Mobilisierung der BürgerInnen führt sowie zu einem Nutzenzuwachs bzw. zur Schadensvermeidung wesentlich beiträgt. Insbesondere werden bei den betroffenen Akteuren Einigungsprozesse ausgelöst und Konfliktlösungsvorgänge auf den Weg gebracht.

In beiden Fällen entstanden Bürgerbeiräte, die über den Projektzeitraum kontinuierlich arbeiteten; in einem Fall ist der Beirat bis heute etabliert. Beide Beiräte führten zahlreiche Veranstaltungen durch, um weitere BürgerInnen in die Planungsprozeduren einzubeziehen, und dies ist der entscheidende Unterschied zu allen "geschlossenen" Beteiligungsverfahren.

Die wichtigsten Schlußfolgerungen aus der Entwicklung der TRIPLEX-Methode sind:

  • das politisch-administrative System ist einerseits bereit, aktive BürgerInnenbeteiligung zuzulassen; es gibt allerdings erhebliche Probleme diese zu integrieren und auf Dauer zu stellen;
  • BürgerInnen zeigen erhebliche Bereitschaft, an Planungsprozessen konstruktiv und aktiv teilzunehmen und dafür auch ehrenamtliche Leistungen zu erbringen; die Langfristigkeit dieser Bereitschaft ist jedoch nur gegeben, wenn die BürgerInnenaktivitäten gewürdigt werden und sich soweit als möglich in den Maßnahmeumsetzungen wiederfinden.
  • Das Fazit: "Werden Bürger in die Planung von Umweltmaßnahmen einbezogen, werden diese Maßnahmen im Kontext dieser Einbeziehung auch umgesetzt und erkennen die Betroffenen damit zusammenhängende Veränderungen, führt dies zur Minderung psychosozialer Umweltbelastungen und zu einer Stärkung des individuellen Wohlbefindens. Die Umweltqualität nimmt in der Bewertung der Betroffenen zu. Ebenso wird der Anteil derjenigen, die eine gute Grundstimmung repräsentieren, größer. Es ist realistisch davon auszugehen, daß derart involvierte Bürger bereit sind, selbst Aufwände und Beiträge zu erbringen, die Verbesserungen bewirken oder diese nachhaltig und zukunftsfähig sichern. Eine solche Bürgerbeteiligung zeichnet sich durch Aktivität der Beteiligten aus. Sie liefert Perspektiven, die über den reinen Bezug zur Umweltverbesserung hinausführt und zukunftsfähige Entwicklungsprozesse in die Gesellschaft hineinbefördert. Sie unterstützt einen Paradigmenwechsel, der sich von der Vertretungsdemokratie mit zunehmender Politikabstinenz und sich erweiternden Erwartungshaltungen der Individuen an die Gesamtgesellschaft zu einer aktiven Bürgerdemokratie wandelt, in der autonomes wie auch kollektives Handeln zu zukunftsfähigen Problemlösungen und zur Aktivierung von Bürgern führen kann".