Berücksichtigung von Schweißeinflüssen bei stählernen Schalenbauwerken

Versteifte Schalenbauwerke (Monocoque) ermöglichen ausgesprochen effiziente und materialminimierte Stahlbauwerke. Deren Berechnung stellt Ingenieure aktuell vor Probleme. Schweißverzüge und Schweißeigenspannungen sorgen für Imperfektionen, die nur schwer in ein zuverlässiges Simulationsmodell übersetzt werden können. In einem durch die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) mit 517.720 Euro geförderten Projekt (»Ermittlung der Tragfähigkeit neuartiger stählerner Schalenbauwerke unter realitätsnaher Berücksichtigung des Schweißverzugs«) arbeiten die Lehrstühle Stahl- und Holzbau und Füge- und Schweißtechnik an einem zuverlässigen Berechnungsmodell. Am Projekt beteiligen sich zahlreiche Fertigungsunternehmen, Ingenieurbüros und Softwareentwickler.

Bei versteiften Schalenbauwerken besteht das Tragwerk aus einer dünnen Außen- und gegebenenfalls Innenhaut. Mit den Methoden des Schiffbaus lassen sich die Bleche beliebig doppelt krümmen. Hierdurch entstehen wirtschaftliche aber auch anspruchsvolle Konstruktionen. Die Bleche werden zur Formgebung und als Aussteifung gegen Beulen durch Spanten und Querschotte versteift. Die Menge an Versteifungen bestimmt ganz wesentlich den Material- und Fertigungsaufwand.

Die Planung erfolgt heute überwiegend am Rechner mithilfe der Finite Elemente Methode. Dabei besitzt eine geometrisch und materiell nichtlineare Analyse unter Berücksichtigung von Imperfektionen (GMNIA) den theoretisch höchst erreichbaren Realitätsgrad. Unter Imperfektionen sind Abweichungen der idealen Geometrie und des Werkstoffs zu verstehen, die beim Schweißen in Form von Schweißverzügen und Schweißeigenspannungen immer vorliegen.

Die Qualität eines solchen numerisch gestützten Nachweises hängt insbesondere von den in das Simulationsmodell eingeführten Imperfektionsannahmen ab. Eine direkte numerische Berechnung mittels GMNIA scheitert häufig daran, dass Imperfektionen im Allgemeinen unbekannte Größen sind. Unbekannt daher, da die realisierten Formen immer wieder neu sind. Eine Standardisierung ist daher bisweilen nur konservativ möglich. In der Konstruktionspraxis geschieht dies mithilfe vereinfachter Rechenverfahren, die sich auf sog. Beulabminderungskurven stützen. Hierbei gerät der Nachweis z.T. weit auf die sichere Seite, da diese auch den ungünstigsten Fall abdecken müssen.

Die Schweißsimulation bietet die Möglichkeit einer direkten rechnerischen Vorhersage von Schweißeinflüssen. In der Industrie findet diese Methode Anwendungen für kleinere Bauteile oder Bauteile in der Serienfertigung. Für die im Stahlbau typischen Bauteilgrößen (und die damit verbundenen größeren Rechenzeiten) ist die Anwendung der klassischen Schweißsimulationsmethoden in absehbarer Zeit nicht möglich. Das an der BTU entwickelte sog. Hybridmodell bietet seit Kurzem eine praxisrelevante Methodik zur Schweißsimulation großer Bauteile. Aus Bemessungssicht ist eine Schnittstelle mit diesem Modell zu realisieren und in entsprechenden Realversuchen an Kleinteilproben abzusichern. Im Ergebnis wird eine Methodik angestrebt, die zukünftig eine zuverlässigere Anwendung von GMNIA Berechnungen ermöglicht.