Speckgürtel oder strukturschwacher Raum?

Wissenschaftler*innen der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg geben fach- und hochschulübergreifenden Sammelband zur Kleinstadtforschung heraus.

Sie ist eine vom Strukturwandel geprägte Region: die Brandenburgische Lausitz. Einerseits ist sie Teil der Metropolregion Berlin-Brandenburg, andererseits dominieren Landgemeinden und Kleinstädte, oft außerhalb prosperierender Regionen. Die Bedeutung solcher Kleinstädte für die Versorgung des Umlands wurde bislang wissenschaftlich nicht umfassend thematisiert. In diese Forschungslücke stößt ein Beitrag des Sammelbands Kleinstadtforschung: Interdisziplinäre Perspektiven. Das Autorinnenteam Silke Weidner, Juliane Ribbeck-Lampel und Alexandra Heßmann untersucht 17 Strukturwandelstädte der Brandenburgischen Lausitz. Dabei liegt der Fokus auf den Siedlungs- und Wirtschaftsfunktionen der Gemeinden. „Der Strukturwandel im weitesten Sinne, also nicht nur durch den Braunkohleausstieg erwirkt, sondern auch mittels Mobilitätswende, Energie- und Klimakrisen, gesellschaftlichem Wandel mit Homeoffice etc. forciert Unterschiede zwischen den Kleinstädten und ihren Versorgungsfunktionen für das Umland“ so Silke Weidner, Leiterin des Instituts für Stadtplanung an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU).  

Lange Zeit wurden Kleinstädte als Untersuchungsgegenstand in der deutsch- und englischsprachigen Stadtforschung vernachlässigt. Kategorisiert werden sie als Gemeinden mit 5.000 bis unter 20.000 Einwohner*innen. Heute leben knapp 30 Prozent der Einwohner*innen Deutschlands in über 2.000 Kleinstädten. Teils liegen sie im Speckgürtel der Metropolregionen, teils in strukturschwachen oder peripheren Räumen. Und sie unterscheiden sich: vor allem in ihren Beziehungen zum Umland und zu anderen Städten. Den Autor*innen des Sammelbands zufolge können sie wichtige „Anker“ in ländlichen Räumen sein oder als Wohn- bzw. Erholungsorte für die nächstgelegene größere Stadt dienen.

„Dieser Sammelband zielt einerseits darauf ab, tiefere Erkenntnisse zu dem sehr heterogenen Untersuchungsgegenstand der deutschen Kleinstädte anhand von verschiedenen Fallstudien sowie thematischen und konzeptuell-methodischen Zugängen zu präsentieren“, so Nina Gribat, Professorin für Stadtplanung an der BTU und Mitherausgeberin der Publikation. „Andererseits möchte er dazu anregen, ein besonderes Augenmerk auf die Vielfalt der spezifischen Fachrichtungen, aus denen die Autor*innen Kleinstädte betrachten, zu legen, und aufzuzeigen, welche Potenziale für eine interdisziplinäre Kleinstadtforschung darin liegen.“

In den letzten Jahren erfahren die deutschen Kleinstädte nicht nur in der Forschung neue Aufmerksamkeit, sondern auch als Wohn- und Arbeitsorte. Die neue Publikation zeichnet die Vielfalt der Kleinstädte und der Kleinstadtforschung nach und zeigt zugleich, was unterschiedliche Forschungsperspektiven wie beispielsweise Digitalisierung, Mobilität und Migration zur Kleinstadtforschung beitragen können.

Nina Gribat, Bariş Ülker, Silke Weidner, Bernhard Weyrauch, Juliane Ribbeck-Lampel (Hg.): Kleinstadtforschung: Interdisziplinäre Perspektiven. – Bielefeld: transcript Verl., 2022. – 319 S.

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