Nachhaltige Mobilität im ländlichen Raum Erschließung von Mobilitätsangeboten in peripherer Lage am Beispiel des Naturparks Niederlausitzer Landrücken

Welche nachhaltigen Mobilitätssysteme bzw. -angebote stellen auf raumplanerischer Ebene für das Untersuchungsgebiet eine Option dar?

Ländliche Räume in Deutschland nehmen als Lebens-, Wirtschafts-, Erholungs- und Naturräume einen Anteil von 90 % der Gesamtfläche ein, in der ca. 47 Millionen Bundesbürger leben (Vgl. BMVI 2016: 4f). Aufgrund ihrer infrastrukturellen Ausgangslage stehen sie jedoch unter erschwerten planerischen Entwicklungsbedingungen: Eine geringe Bevölkerungsdichte, disperse Siedlungsstrukturen, große Entfernungen zwischen den Standorten Wohnen, Arbeit und Daseinsvorsorge, eine ausgedünnte Mobilitätsinfrastruktur sowie ein beschränktes ÖPNV-Angebot prägen das Erscheinungsbild vieler ländlicher Regionen, welches durch weitere negative Folgen des demographischen Wandels verstärkt und beschleunigt werden (Vgl. BMVI 2013: 4). Innerhalb dieser Raumstruktur wird deutlich, welchen maßgebenden Stellenwert Mobilität für ländliche Räume hat: Als Voraussetzung für Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum, gesellschaftliche Entwicklung sowie Teilhabe am sozialen Leben tritt Mobilität als wichtige Scharnierfunktion zwischen den einzelnen Fachressorts der Raumplanung auf (Vgl. Riesner 2014). Zugleich weisen ländliche Räume unterschiedliche Ausgangslagen und Rahmenbedingungen auf, die einen einheitlichen planerischen Lösungsansatz auf Bundesebene unausführbar machen und individuell an den Standort angepasste Lösungs- und Konzeptansätze fordern.

Anhand der Problemlage lässt sich die übergeordnete Forschungsfrage ableiten, welche nachhaltigen Mobilitätssysteme bzw. -angebote auf raumplanerischer Ebene für das Untersuchungsgebiet eine Option darstellen. Um diese beantworten zu können, gilt es zu klären, welche Ausgangslage bzw. Rahmenbedingungen im Untersuchungsgebiet vorliegen und inwiefern die gesetzliche Festsetzung des Untersuchungsgebiets als Naturpark einen Beitrag zum Erhalt und zur nachhaltigen Entwicklung der Region und des ländlichen Raumes leistet. Den inhaltlichen Einstieg ermöglicht der textlich-konzeptionelle Rahmen durch seine Einführung in die Themen Ländliche Räume, Regionalentwicklung, Ländliche Mobilität und Naturpark. Anschließend erfolgt mit dem deskriptiven Forschungsteil ein Maßstabwechsel: Die Raumanalysen zum Untersuchungsgebiet, die Potenzial-Defizit-Analyse sowie die Experteninterviews fundieren den textlich-konzeptionellen Rahmen und bilden die Grundlage für die nachfolgenden Handlungsempfehlungen. Da nachhaltige Mobilität als eine komplexe und interdisziplinäre Planungsaufgabe zu verstehen ist, wird innerhalb der Handlungsempfehlungen zwischen der Schaffung solider Rahmenbedingungen im Naturpark und der Entwicklung konkreter Mobilitätsmaßnahmen differenziert. Mit dem Fazit werden abschließend die Forschungs- und Teilfragen erneut aufgegriffen und auf Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse reflektiert.

Die gewonnenen Erkenntnisse aus der Arbeit verdeutlichen die Herausforderungen in den Planungs- und Realisierungsprozessen auf lokaler und regionaler Ebene: Die aktuelle Aufstellung der Naturparkverwaltung ist für die nachhaltige Regionalentwicklung und die Entwicklung nachhaltiger Mobilität im Naturpark nicht förderlich – finanzielle und personelle Kapazitäten reichen nicht aus, dieser Aufgabe gerecht zu werden. Aber auch das Verständnis der Naturparke bezüglich der Aufgabenwahrnehmung und Umsetzung von nachhaltiger Regionalentwicklung ist durch das Fehlen einer grundsätzlichen und allgemeingültigen Definition problematisch. Nachhaltige Regionalentwicklung benötigt ein konkretes Aufgabenverständnis und ein hohes Engagement der betroffenen Akteure. Sie ist nicht von einem Akteur allein leistbar; es wird vielmehr die Zusammenarbeit aller betroffenen Akteure gefordert. In Anbetracht dessen lassen sich nachhaltige Mobilitätsansätze seitens des Naturparks nur schwer realisieren, auch wenn vorrangig dem Naturpark die Initiierung obliegt. Hier bedarf es dringend einer externen und internen Aufwertung des Stellenwertes des Naturparks.

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Übersicht der Aufgaben von Naturparken in Deutschland: Neben dem Naturschutz, der Erholung und der Bildung stellt auch nachhaltige Regionalentwicklung eine zentrale Aufgabe dar, die nach raumplanerischer Auffassung als Querschnittsaufgabe zu verstehen ist und nur durch die Einbindung aller regionalen Akteure, Wirtschaftssektoren und gesellschaftlichen Gruppe bewerkstelligt werden kann (Vgl. VDN 2018: 5; Vgl. Böcher 2009: 129). Nachhaltige Regionalentwicklung stellt darüber hinaus eine wichtige Grundvoraussetzung für die Integration nachhaltiger Mobilität dar.

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Verortung des Naturparks Niederlausitzer Landrücken inkl. RegioStaR-17-Ausschnitt: Der NNL umfasst die 4 Landkreise Dahme-Spreewald, Oberspreewald-Lausitz, Teltow-Fläming sowie Elbe-Elster und ist dem Kulturraum der Niederlausitz zuzuordnen. Ausgehend vom RegioStaR 17 und i.V.m. der Bevölkerungsdichte der 4 Landkreise lässt sich das Untersuchungsgebiet als „peripher-ländlich geprägte Region mit überwiegend kleinstädtischer und dörflicher Struktur“ beschreiben (Vgl. BMVI 2018: 3). Prägendes Landschaftsmerkmal des NNLs sind die sich vom Nordosten bis in das Zentrum des Naturparks erstreckenden Tagebaufolgelandschaften.

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Verkehrsinfrastruktur im Naturpark: Die Verkehrsinfrastruktur im Naturpark weist die typischen Merkmale einer ländlichen Region auf. Eine überregionale Verkehrsanbindung ermöglicht die A 13 Berlin-Dresden. Innerhalb des Gebiets gewährleisten Bundes- und Landesstraßen die wichtigen Verbindungen in das direkte Umland. Ergänzt werden diese Netze durch Kreis- und Gemeindestraßen mit vorwiegend lokaler Bedeutung. Der Schienenverkehr tangiert lediglich den östlichen und westlichen Bereich des Naturparks.

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Potenzial-Defizit-Analyse zum Naturpark: Um qualifizierte Aussagen zu den Rahmenbedingungen und der Ausgangslage des Naturparks tätigen zu können, wurde der Naturpark einer Raumanalyse unterzogen. Die aus der Raumanalyse gewonnenen Informationen werden innerhalb der Potenzial-Defizit-Analyse zusammengetragen und gegenübergestellt. Die Potenzial-Defizit-Analyse differenziert zwischen allgemeinen Defiziten im Naturpark und Defiziten, die spezifisch die Mobilität im Naturpark betreffen.

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Expertenaussagen zum Naturpark und dessen Mobilität: Die Experten bestätigten die für den ländlichen Raum spezifische Problemlage bezüglich der Mobilität in der Region. Neben der Resignation über bestimmte desolate Gegebenheiten im Naturpark wurden auch dessen Wahrnehmung sowie dessen Stellung in örtlichen Planungsangelegenheiten thematisiert. Kritik wurde insbesondere in Bezug auf die Aufstellung und Taktung des ÖPNVs geäußert.

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Maßnahmen zur nachhaltigen Mobilität im NNL: Nachhaltige Mobilität im ländlichen Raum bedeutet einerseits die Integration bedarfsgerechter und flexibler Bedienformen, die eine Grundmobilität aller Personen- und Nutzergruppen ermöglicht. Andererseits impliziert sie auch, den hohen Grad an motorisierten Individualverkehr mit den ökologischen Entwicklungszielen in Einklang zu bringen. Die visualisierten Maßnahmen nehmen direkten Bezug auf die im Untersuchungsgebiet herausgestellten Defizite und orientieren sich an den in den Experteninterviews genannten Leitbildern und Planungsprämissen.

Verwendete Quellen

BMVI [Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur]: Mobilitäts- und Angebotsstrategien in ländlichen Räumen, Planungsleitfaden für Handlungsmöglichkeiten von ÖPNV-Aufgabenträgern und Verkehrsunternehmen unter besonderer Berücksichtigung wirtschaftlicher Aspekte flexibler Bedienungsformen. Berlin 2016.

Riesner, André: Bedeutung und Förderung von Mobilität in ländlichen Räumen, in: DVW [Gesellschaft für Geodäsie, Geoinformation und Landmanagement e.V] (Hrsg.): Zeitschrift für Geodäsie, Geoinformation und Landmanagement. 139. Jahrgang. S. 41 bis S. 49. Augsburg 2014.

BMVI [Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur]: Regionalstatistische Raumtypologie (RegioStaR) des BMVI für die Mobilitäts- und Verkehrsforschung. Arbeitspapier. 2018.

VDN [Verband Deutscher Naturparke]: Naturparke in Deutschland 2030 – Aufgaben und Ziele. Bonn 2018. 4. Fortschreibung.