Bereit für die Universitätsmedizin

Die Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg gestaltet aktiv die Entwicklung der Universitätsmedizin in Cottbus mit

Mit der Gründung des „Innovationszentrum Universitätsmedizin Cottbus (IUC)“ wird es an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) ab 2024 eine neue Medizinische Fakultät geben. „Damit wird die Uni quasi über Nacht zur personell und finanziell stärksten Universität des Landes werden“, sagt BTU-Präsidentin Prof. Dr. Gesine Grande.

Perspektivisch werden 80 neue Professuren und ein geplantes Jahresbudget von 150 Millionen Euro die Medizinerausbildung der Zukunft sicherstellen, die Krankenversorgung im Land revolutionieren und die medizinische Forschung stärken. Mit 200 neuen Medizin-Studierenden jährlich und weiteren Studierenden aus den geplanten Masterstudiengängen Medical Data Science, Gesundheitswissenschaften und Advanced Nursing Practice am IUC kann die BTU zukünftig 10.000 Studierende ausbilden. Damit ist der Aufbau einer Universitätsmedizin in Cottbus mit dem IUC eines der größten und nachhaltigsten Vorhaben im Strukturwandel der Lausitz.

Prof. Dr. Karl Max Einhäupl, Vorsitzender der Expertenkommission, die das Konzept für die Universitätsmedizin in Cottbus entwickeln soll, sagt dazu: „Das IUC wird mit seinen innovativen Profilmerkmalen eine Lücke in der medizinischen Forschung in Deutschland schließen: Gesundheitssystemforschung wird in ihrer disziplinären Vielfalt abgebildet und in die Medizinische Fakultät des IUC integriert. In Verbindung mit dem zweiten Schwerpunkt – Digitalisierung des Gesundheitswesens – wird das IUC zu einem national und international sichtbaren Leuchtturm für innovative Versorgungskonzepte.“

Aufbau des Medizinstudiums

Der geplante innovative Modellstudiengang Humanmedizin orientiert sich am Referentenentwurf zur neuen Approbationsordnung für Ärztinnen und Ärzte und am „Nationalen Kompetenzbasierten Lernzielkatalog Medizin“. Aufgabe und Ziel des Humanmedizinstudiums am IUC ist es, eine neue Generation von Ärzt*innen auszubilden. Die ärztliche Ausbildung umfasst das Studium der Humanmedizin mit einer Dauer von sechs Jahren (zwölf Semester). Nach dem Bestehen aller Prüfungen erlangt man den Arzt/Ärztinnen-Titel, absolviert ein Praktisches Jahr und spezialisiert sich im Rahmen der Fachärzteausbildung.

Der modularisierte Aufbau des integrierenden Curriculums orientiert sich schon frühzeitig an einem Katalog ganz unterschiedlicher Krankheitsbilder, um theoretisches und klinisches Wissen zu verknüpfen. Vor allem die Praxisnähe durch den Kontakt zu Patient*innen und gemeinsame Ausbildungsformate mit anderen Gesundheitsberufen sollen im Vordergrund des Cottbuser Studiengangs stehen. Geplant ist, dass die Medizinstudent*innen bereits ab dem ersten Semester gemeinsame Lehrveranstaltungen mit Studierenden anderer Studiengänge der BTU besuchen. So kann frühzeitig und gezielt die Zusammenarbeit in multiprofessionellen Teams, die gemeinsame Versorgung von Patient*innen und die Kommunikation mit anderen Fachdisziplinen geübt und gestärkt werden.

Ein Hauptaugenmerk wird auf der allgemeinmedizinischen Kompetenz liegen, um dem demographisch bedingten Ärztemangel in der Region zu begegnen. Im letzten Jahr des Medizinstudiums findet eine zusammenhängende praktische Ausbildung statt: das Praktische Jahr (PJ). Dieses gliedert sich in drei Ausbildungsabschnitte à zwölf Wochen, jeweils im Fachgebiet Chirurgie, im Fachgebiet Innere Medizin und im Fachgebiet Allgemeinmedizin oder in einem anderen klinisch-praktischen Fachgebiet.

Neue Lehrformate an der BTU

Die BTU plant neue Lehrangebote, die mit dem IUC kompatibel sind und in das Studium der Humanmedizin einfließen sollen – zum Beispiel im Bereich der künstlichen Intelligenz (Bachelor: „Künstliche Intelligenz“, Master: „Artificial Intelligence“), der Biotechnologie (Bachelor: „Life Science and International Health“), der Elektrotechnik und des Maschinenbaus (Bachelor: „Medizintechnik“) sowie der Gesundheits- und Versorgungsforschung (Bachelor: „Community Nurse“, Master: „Advanced Health Care Practice and Research“). Insbesondere der geplante Studiengang „Community Nurse“ wird die medizinische Versorgung in der Lausitz verbessern. Er bringt Pflegefachpersonen mit Zusatzqualifikation hervor, die präventive und beratende Aufgaben übernehmen und etwa Menschen mit chronischen Erkrankungen begleiten. Zudem werden Absolvent*innen dieses Studiengangs medizinische Leistungen übernehmen können, die aktuell noch ausschließlich in der ärztlichen Verantwortung liegen.

Medizin stärkt BTU-Schwerpunktthemen

Die BTU – die einzige Technische Universität des Landes Brandenburg – wird die Medizinische Fakultät in ihre bestehenden Lehr- und Forschungsstrukturen integrieren. Medizin ist Bestandteil der BTU-Profillinie „Gesundheit und Life Sciences“ sowie des Querschnittsthemas „Künstliche Intelligenz und Sensorik“.

Unter dem Dach des Lausitz Science Parks – dem sich ebenfalls im Aufbau befindlichen Wissenschafts- und Innovationspark auf dem ehemaligen Flugplatzgelände in Cottbus – soll die Zusammenarbeit der Wissenschaftseinrichtungen am Campus der BTU mit dem IUC themenbezogen intensiviert werden.

„Durch interdisziplinäre und einrichtungsübergreifende Kooperationen wollen wir innerhalb unserer Profillinien national und international sichtbare und führende Forschungscluster etablieren“, erklärt Prof. Dr. Michael Hübner, Vizepräsident für Forschung und Transfer an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg. Der Lausitz Science Park könne, so Hübner, durch seine Brückenfunktion die Verbindung von BTU und IUC stärken und die Transferleistung in die Gesellschaft und Wirtschaft weiter ausbauen.

Das Prinzip der „Innovation durch Konvergenz“ ist die Basis für ein breites, interdisziplinäres Forschungskonzept in Kooperation mit den vorhandenen Fakultäten und Instituten der BTU, wie mit den Gesundheits-, Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, mit den Natur- und Ingenieurwissenschaften und mit der Informatik. So können etwa professionsübergreifende Forschungsschwerpunkte mit dem Institut für Gesundheit umgesetzt und zu einem Leuchtturm der BTU aufgebaut werden – gemeinsam mit der bereits bestehenden Pflege- und Hebammenwissenschaft sowie der Physiotherapie.

Autonomie durch Integration

Die geplante Organisationsform des Integrationsmodells verbindet die medizinische Fakultät mit dem Universitätsklinikum und bündelt damit die Verantwortung für Forschung, Lehre und Krankenversorgung unter einem Dach. Das ermöglicht der Universitätsmedizin größtmögliche Autonomie, insbesondere mit Blick auf Finanzierung, Personal und Organisation.

Als Alleinstellungsmerkmal sollen die Forschungsschwerpunkte des IUC in der Gesundheitssystemforschung und der Digitalisierung des Gesundheitswesens liegen. „Daraus ergeben sich vielfältige Kooperationsmöglichkeiten mit den Forschungsschwerpunkten der BTU in der Informatik und künstlichen Intelligenz, in der Mikrosensorik und Elektronik, in der Gesundheits- und Versorgungsforschung, der Biotechnologie/Biomedizin und bei der interprofessionellen universitären Lehre“, so BTU-Vizepräsident Hübner.

Die „Modellregion Gesundheit Lausitz“ soll sich zu einem Innovations-Hub der Digitalisierung und Gesundheitssystemforschung entwickeln. Möglich wird das durch die Verbindung von BTU und Carl-Thiem-Klinikum, die Kooperation der Medizinischen Fakultät mit anderen Disziplinen der BTU und durch die enge Zusammenarbeit mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen (z.B. Fraunhofer- und Leibniz-Institute, Robert-Koch-Institut) sowie mit Gesundheits-, Pflege- und Technologieunternehmen.

Stark im Verbund

Medizinforschung findet an der BTU auch heute schon statt – und das in ganz verschiedenen Bereichen, beispielsweise zu den Themen:

„Medizin / Life Science“ ist zudem eines der Themen, die im Innovationscampus Elektronik und Mikro-Sensorik Cottbus (kurz: iCampus) eine zentrale Rolle spielen. Im iCampus arbeiten seit Ende 2019 vier außeruniversitäre Forschungseinrichtungen und die BTU Cottbus-Senftenberg gemeinsam an der Erforschung und Entwicklung neuartiger elektronischer und optischer Mikrosysteme, auch für medizinische Anwendungen.

In den Startlöchern stehen weitere Verbundvorhaben: Die Biotechnologie der BTU wird mit außeruniversitären Forschungsinstituten und Unternehmen der Region im Feld der molekularen Medizin unter dem Dach des Biotech-Health-Campus Lausitz zu einer neuen Generation von Medikamenten und zur Nutzung von Stammzellen forschen und Ausgründungen befördern.

Das geplante Lausitzer Zentrum für Digital Public Health (LauZeDiPH) in Senftenberg erforscht in Zusammenarbeit mit dem Robert-Koch-Institut und dem Leibniz Science Campus für Digital Public Health die Bevölkerungsgesundheit in der Lausitz und erschließt auf dieser Grundlage bedarfsorientierte, gesundheitsfördernde digitale Angebote für die Menschen der Region. Auch sollen bestehende Kooperationen in medizinnahen Forschungsvorhaben mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen wie dem Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme (IPMS), dem Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung (IAP) oder dem Institutsteil Bioanalytik und Bioprozesse des Fraunhofer-Instituts für Zelltherapie und Immunologie (IZI-BB) um neue Partner erweitert werden. Vor allem die enge Kooperation der BTU mit der Berliner Charité, dem Berlin Institute of Health (BIH), dem Hasso-Plattner-Institut (HPI) in Potsdam, dem Robert-Koch-Institut und mit weiteren außeruniversitären Forschungsinstituten sind von besonderer Bedeutung für den erfolgreichen Aufbau der Universitätsmedizin.

Stärkung beider BTU-Standorte: Cottbus und Senftenberg

„Von all den Forschungsvorhaben wird eine erhebliche Hebelwirkung durch Innovation, Transfer und den damit verbundenen Neuansiedlungen von Firmen und Startups ausgehen, die attraktive Arbeitsplätze in der Lausitz schaffen werden“, ist sich Michael Hübner sicher. Ihm ist vor allem der Bezug der Unimedizin zum Standort Senftenberg wichtig, der gestärkt und gefördert werden soll, da dieser sich in den vergangenen Jahren stark in Richtung Gesundheit, Life Sciences und molekulare Medizin entwickelt habe. Der Vizepräsident für Forschung und Transfer sieht die engen Verschränkungen zwischen der Universitätsmedizin am Standort Cottbus und dem Institut für Gesundheit am BTU-Campus Senftenberg als riesiges Potential für beide Einrichtungen. „Der Gesundheitscampus Senftenberg wird ein wichtiger Kooperationspartner für die Universitätsmedizin werden, braucht aber eine starke eigene Wachstumsdynamik, zum Beispiel durch weitere Studiengänge für Gesundheitsberufe, durch die universitäre Forschungsausrichtung und nicht zuletzt durch die Ansiedlung außeruniversitärer Forschungseinrichtungen.“ Die BTU-Präsidentin ist überzeugt: „Wenn all das gelingt, wird auch die Unimedizin ein unverzichtbarer Baustein für die erfolgreiche Weiterentwicklung der BTU und für einen gelingenden Strukturwandel in der Lausitz sein.“


Pressesprecherin

Ilka Seer
Referat Corporate Identity
T +49 (0) 355 69-3612
ilka.seer(at)b-tu.de

Kontakt

Kristin Ebert
Stabsstelle Kommunikation und Marketing
T +49 (0) 355 69-2115
kristin.ebert(at)b-tu.de
Das Konzept zur Cottbuser Universitätsmedizin entsteht im Teamplay, aber auch in langen Arbeitstagen am Schreibtisch von BTU-Präsidentin Prof. Dr. Gesine Grande (Foto: Johannes Zantow)
Prof. Dr. Karl Max Einhäupl ist Vorsitzender der Expertenkommission, die das Konzept für die Universitätsmedizin in Cottbus entwickeln soll. Er ist ferner ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Charité-Universitätsmedizin Berlin und ehemaliger Vorsitzender des Wissenschaftsrates. (© Charité | Wiebke Peitz)
Ein Training unter Verwendung der App ist zu Hause für Arthrosepatient*innen nach einer Lernphase unproblematisch möglich. (© Hochschule für Gesundheit Bochum)
THOLEG ORCA: Eine Drohne für den Einsatz in Wissenschaft, Forschung, Zivil- und Katastrophenschutz. (Foto: THOLEG)
Demenzforschung für eine rechtzeitige Erkennung und Behandlung der Erkrankung. (Foto: Alexander Raths/ stock.adobe.com)
Junge Familie auf der Konrad-Wachsmann-Allee am Zentralcampus in Cottbus (Foto: BTU, Sebastian Rau)
Der 5G-Mobilfunkstandard soll künftig eine vernetzte Gesundheitsversorgung ermöglichen. (Foto: metamorworks/ stock.adobe.com)
Im Skills Lab am Campus Senftenberg erfolgt die praxisnahe Ausbildung der Student*innen an lebensechten Puppen (Foto: BTU, Ralf Schuster)