Der Bau von Werksteinkonstruktionen mit komplexer Form erfordert eine geometrische Planung, auf deren Grundlage der Informationsfluss von der Planung zur Ausführung mit der passgenauen Herstellung und Montage der einzelnen Bauteile ermöglicht werden kann. Die Vorgehensweisen bei der Planung sind einerseits im Zusammenhang mit tradierter handwerklicher Lehre, andererseits mit der historischen Entwicklung der angewandten Geometrie zu sehen: Die Arbeitsanweisungen für die Herstellung sind notwendigerweise in geometrischen Begriffen formuliert, die mit geeigneten Medien zu vermitteln sind. Die geometrische Konzeption von Formen im Bauwesen war seit jeher, und ist auch heute noch, eine besonders anspruchsvolle und zugleich wesentliche Aufgabe der Bauplanung.
Die Stereotomie – die Lehre vom Steinschnitt – wird in Lehrbüchern beschrieben, die zwischen dem 16. und dem 19. Jahrhundert entstanden sind und eine wichtige Gruppe architektonischer Quellenschriften bilden. Bisher sind diese Schriften jedoch kaum erschlossen, weil ihr Verständnis aus historischer und architekturgeschichtlicher Perspektive und zugleich auch mit geometrischem Sachverstand und Einblick in die Arbeitsprozesse erfolgen muss. Die Lehrbücher, die heute in der handwerklichen Ausbildung und in der Restaurierung als Quellen für historische Arbeitsweisen verwendet werden, sind erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden. Dies führt dazu, dass die früheren historischen Verfahrensweisen in der Steinplanung in den einschlägigen Berufsausbildungen nicht thematisiert werden und auch bei den Planern weitgehend unbekannt sind.
Für den konservatorischen Umgang mit historischen Werksteinkonstruktion sind diese Kenntnisse jedoch unerlässlich: Nur auf dieser Grundlage lassen sich die Befunde an den Bauten im Detail verstehen, und lassen sich Restaurierungen mit Respekt für die Form und Konstruktion des Originals planen und ausführen.
Um die historischen Planungsprinzipien zu verstehen, werden im Stereotomie-Labor an der BTU Cottbus-Senftenberg praktische Experimente durchgeführt, in denen die geometrischen Verfahren in der Werkzeichnung wie auch die handwerklichen Prozesse untersucht werden. Dies erfolgt in Weiterführung einer Zusammenarbeit mit einschlägigen Ausbildungsstätten für Steinmetzen und mit mehreren europäischen Münster- und Dombauhütten.
Lehr- und Weiterbildungsveranstaltungen zur Planung und Ausführung geometrisch komplexer Werksteinkonstruktionen verschiedener Epochen sind in Vorbereitung.