Erteilung eines Europäischen Patentes für ein robustes mikrobiologisches Produktionsverfahren für hochwertige Substanzen auf Grundlage von Pflanzenölen
Ja, es gibt auch noch erfreuliche Nachrichten in diesen sorgenreichen Tagen. Freuen können sich jetzt vor allem die Biotechnologin Susann Barig und der Biologe Klaus-Peter Stahmann, die 2016 eine Erfindungsmeldung bei der Patentabteilung der BTU eingereicht hatten. Im Jahr 2017 wurde das von einem Fachanwalt formulierte Patent beim Europäischen Patentamt angemeldet und nach einer intensiven Prüfungs- und Gutachterphase im April 2020 erteilt.
Inhalt der Erfindung ist eine einfach zu handhabende Kultivierungsplattform für Mikroorganismen mit geringen Investitions- und Betriebskosten zur Produktion von hochwertigen Substanzen. Die Nutzung von Pilzen für die Produktion von verschiedensten Wertstoffen, wie Zitronensäure, Penizillin oder einer ganzen Reihe von Biokatalysatoren, sprich Enzymen, gibt es schon über hundert Jahre. Allerdings erfordert das Steriltechnik, d.h. die Kultur muss in Rührkesseln aus Stahl erfolgen, die mit Wasserdampf sterilisiert werden können. Das Wesentliche an dem Patent ist die Verwendung von selektiven Kulturbedingungen bei denen Pflanzenfett eine wichtige Rolle spielt.
Ein erstes deutsches Patent von Stahmann aus 2008 zeigte, dass die selektiven Bedingungen bei der Kultivierung in Deutschland unter den lokalen Bedingungen funktionieren. Die Bedingungen erlauben, dass einfache Regenwasserfässer zur Kultur eingesetzt werden können. Dadurch können über 90% der Investitionskosten eingespart werden. Hier diente Rapsöl als alleinige Kohlenstoff- und Energiequelle für die Kultivierung der Mikroorganismen.
Eine Anwendung des Verfahrens am Produktionsort von industriellen Mengen an nachhaltig angebauten und zertifizierten Ölen war das nächste Ziel. Eines der weltweit führenden Palmöl-produzierenden Länder ist Malaysia. Die Palmöl-Produktion wird zu Recht kritisiert, besonders bei der Weiterverwertung zu Biodiesel. Der Verwertung der vielfältigen Palmölprodukte (Foto 1) wird stetig beforscht. Ein lohnendes Ziel ist die nachhaltige Produktion von höherwertigen Substanzen, z.B. Di-Carbonsäuren, welche zurzeit aus Erdöl gewonnen werden.
So entstand zusammen mit Partnern aus Malaysia ein gemeinsames Projekt, welches vom BMBF gefördert wurde. Zuerst wurde die Masterstudentin Nurhikma Mohd Scharif von der Nationalen Universität Malaysia nach Senftenberg eingeladen (Foto 2). Finanziert wurde dieser Aufenthalt vom DAAD. Frau Sharif brachte aus Malaysia Proben von Palmöl mit nach Deutschland, die in Kulturen mit Pilzen eingesetzt wurden. Sie konnte unter Anleitung von Susann Barig nachweisen, dass verschiedene Pilze dieses Öl als einzige Kohlenstoff- und Energiequelle nutzen können. Pilze brauchen einfachste Chemikalien, z.B. anorganische Salze, zum Wachstum. Ausgewählte Pilze - und diese Auswahl ist die Kunst - können damit alles, was zum Leben nötig ist, selbst herstellen. Zusammen mit drei Master- und zwei Bachelor-Studierenden wurde das Kultivierungssystem weiterentwickelt, mehrfach unter verschiedensten Bedingungen (Temperatur, Begasung, Triglyceridquelle) getestet und nach neuen Pilzstämmen für die Produktion interessanter Substanzen darin gesucht. Unter anderem konnte ein Naturisolat entdeckt werden, welches eine mit anderen Mikroorganismen vergleichsweise sehr hohe Wachstumsrate aufweist und somit ein potentieller Produktionsstamm im selektiven Kultivierungsmedium ist.
Parallel arbeitete die Arbeitsgruppe von Dr. Chyan Leong Ng am Institut für Systembiologie der Nationalen Universität Malaysia daran, das Kultivierungssystem in Malaysia zu etablieren. Besonders aufregend war die Frage, ob unter tropischen Bedingungen die Kulturen genauso wuchsen wie im gemäßigten Klima Deutschlands. Das war der Fall.
So wurde der Weg zum gemeinsamen Patent geebnet. Jetzt werden Industriepartner gesucht, die, am besten in Brandenburg, in einem weiteren europäischen Land und parallel in Malaysia versuchen, dieses Verfahren zu nutzen, um hochwertige Produkte herzustellen. Als Nährstoff für die Pilze könnte man auch Rapsöl oder andere Triglyzeride einsetzen.
Aber auch Studierende sind willkommen, die in einer Forschungsarbeit in Senftenberg wichtige noch offene Fragen experimentell angehen. Das Abitur ist geschrieben. Die BTU freut sich auf Bewerbungen zum Wintersemester. Wer ein Semester in Malaysia verbringen will, könnte Gelegenheit dazu bekommen.
Technische Mikrobiologie
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