Die Eisenkonstruktionen in den Gebäuden der Eremitage St. Petersburg
Erfassung, Analyse und Bewertung im Kontext des frühen europäischen Stahlbaus
Die Staatliche Eremitage St. Petersburg ist eines der weltweit bedeutendsten Museen. Weitgehend unbekannt ist jedoch die bautechnikgeschichtliche Bedeutung des beeindruckenden, als Weltkulturerbe geschützten Gebäudeensemble um den ehemaligen Winterpalast der russischen Zaren: Sämtliche Dächer und Decken sind von einem dichten Netz eiserner Tragwerke durchzogen, die ab 1838 nach einem Brand innerhalb weniger Jahre errichtet wurden. Deren unvergleichliches Ausmaß, die enorme konstruktive Vielfalt sowie unterschiedliche konstruktive Handschriften kennzeichnen die Bauten als ein für die Bautechnikgeschichte äußerst aufschlussreiches und weltweit einzigartiges Ensemble aus der Frühzeit des europäischen Stahlbaus. In großen Bereichen noch im Original erhalten, sollen die Dach- und Deckentragwerke erstmals systematisch erfasst und dokumentiert, die umfangreichen Archivalien ausgewertet und ihre Planungs-, Bau- und Reparaturgeschichte detailliert untersucht werden. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Interpretation und Bewertung der aus heutiger Sicht oft fremdartig anmutenden Lösungen im konstruktionsgeschichtlichen russischen und europäischen Kontext. Die Analyse zielt auf das Verständnis der Denkweisen und Lösungsstrategien der Konstrukteure im Umgang mit dem damals neuartigen Baustoff Eisen, der exemplarische Vergleich mit anderen europäischen Eisentragwerken dieser Zeit ermöglicht die Charakterisierung verschiedener Technikkulturen. Der innereuropäische Transfer von Technologie und Theorie wird ebenso thematisiert wie der Einfluss regionaler konstruktiver Traditionen, der Entwicklungsstand der russischen Eisenindustrie oder das Profil der ingenieurwissenschaftlichen Ausbildung. Das Vorhaben führt bau- und bautechnikgeschichtliche Zugänge zusammen. Dabei werden die Methoden der Historischen Bauforschung durch - dem Charakter der Objekte angepasste - spezifische Komponenten wie etwa ingenieurtechnisch orientierte Bestandsaufnahmen oder statische Analysen und Parameterstudien zur umfassenden Untersuchung der konstruktiven Qualitäten erweitert.
Gesamtleitung
Prof. Dr.-Ing. Werner Lorenz.
Mitarbeit
Bernhard Heres, Mark Gielen
Teilprojekte
- Erfassung und Dokumentation der Eisentragwerke - Dipl.-Ing. Bernhard Heres
- Analyse der Entstehungsprozesse einer neuen Konstruktionssprache
Laufzeit
langfristige Lehrstuhlforschung, seit Ende 2008 durch die DFG gefördert
Kooperationspartner
Dr.-Ing. Sergej Fedorov, Universität Karlsruhe Institut für Tragkonstruktionen
Staatliche Eremitage St. Petersburg
Finanzierung
DAAD, ab Dez. 2008 DFG
- Hässler, D.: The “Elliptical Beams“ in the Winter Palace in Saint Petersburg – Survey, documentation and structural analysis, Masterarbeit an der BTU Cottbus-Senftenberg, 2011.
- Fürch, M.: Das Deckentragwerk über der großen Kirche des Winterpalastes in St. Petersburg - Dokumentation und statisch-konstruktive Analyse, Bachelorarbeit an der BTU Cottbus-Senftenberg, 2010.
- Schlott, F.: Die Deckensprengwerke über dem Thronsaal des ehemaligen Winterpalastes in St. Petersburg - Dokumentation, historische und statisch-konstruktive Analyse, Diplomarbeit an der BTU Cottbus-Senftenberg, 2010.
- Keil, M.: Das Dachtragwerk über dem Thronsaal des ehemaligen Winterpalastes St. Petersburg - Dokumentation, historische und statisch-konstruktive Analyse, Diplomarbeit an der BTU Cottbus-Senftenberg, 2010.
- Veihelmann, K.: Gusseiserne Konstruktionen in den Dachwerken des Winterpalastes der Eremitage in St. Petersburg – bauhistorische und bautechnische Untersuchung, Masterarbeit im Masterstudiengang Denkmalpflege – Heritage Conservation der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, organisiert und betreut im Rahmen des Projektes, 2010.
- Schwebke, A.: Der Dachstuhl der Neuen Eremitage St. Petersburg – statisch-konstruktive Analyse einer eisernen Tragstruktur aus vorindustrieller Serienfertigung, Diplomarbeit an der BTU Cottbus-Senftenberg, 2009.
- Schönfeld, D.: Der Clark-Träger – Konstruktiv-statische Analyse eines um 1840 entwickelten Leichtbau-Trägers in der St. Petersburger Eremitage, Diplomarbeit an der BTU Cottbus-Senftenberg, 2005.
- Fischer, I.: Was ist „konstruktive Qualität“? - Analyse verschiedener, um 1840 entstandener Ausformungen eines historischen Dachbinder-Typus’ der St. Petersburger Eremitage, Diplomarbeit an der BTU Cottbus-Senftenberg, 2005.
- Heres, B.: Der Eiserne Dachstuhl der Neuen Eremitage in St. Petersburg - Dokumentation, historische und statisch-konstruktive Untersuchung eines frühen Eisentragwerks von europäischem Rang, Diplomarbeit an der BTU Cottbus-Senftenberg, 2003.
- "Forschung an der Eremitage". In: BTU Profil News. Juli 2008, S. 16.
- Heres, B.:The Iron Roof Trusses of the New Hermitage in St. Petersburg - Structural Survey, Analysis and Assessment of a Masterpiece of Structural Steelwork from the 1840s. In: Dunkeld, M. et al. (Ed.): Proceedings of the 2nd International Congress on Construction History, Queens´ College, Cambridge University, March 29-April 2, 2006, vol.2, pp.1555-1568.
- Lorenz, W., Heres, B.:Archäologie des Konstruierens - Untersuchungen zur Entstehung von Konstruktionssprachen an den Eisentragwerken der Eremitage St. Petersburg. In: Forum der Forschung 10 (2006), H.19, S. 163-170.
- Lorenz, W.: Archäologie des Konstruierens – Eremitage, Walhalla, Neues Museum Berlin. In: Bundesingenieurkammer (Hrsg.): Ingenieurbaukunst in Deutschland - Jahrbuch 2005/2006. Hamburg: Junius Verlag GmbH, S.172-181. ISBN 3-88506-563-0
- "In den Dächern der Eremitage: Studenten der BTU Cottbus untersuchen die Eisentragwerke des weltberühmten Museums in St. Petersburg". In: Lausitzer Rundschau, 09.07.2005
- Heres, B.: The iron structures of the State Hermitage St. Petersburg erected between 1838 and 1850. European Summer School on Construction History (CH.ESS), Vrije Universiteit Brussels, 25.07.2012.
- Heres, B.: Forming structures and details in early structural steelwork. The iron structures of the State Hermitage St. Petersburg erected between 1838 and 1850. 4th International Congress on Construction History, ENSA Paris, 07.07.2012.
- Lorenz, W.: Bauforschung und Denkmalpflege - Deutsches Know-how in Russland. Eine Fallstudie zu den Eisentragwerken der Eremitage Sankt Petersburg. Seminar „Denkmal als Ressource – Richtige Nutzung, Bewirtschaftung, Vermittlung und Vermarktung“ der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Bonn, 25.06.2012.
- Lorenz, W.; Heres, B: Konstruktive Optimierung zwischen Wissen und Können - Die Stahlbaustelle Eremitage Sankt Petersburg um 1840. Vortragsreihe „Praktiken und Potenziale von Bautechnikgeschichte“, Deutsches Technikmuseum Berlin, 24.5.2012.
- Lorenz, W., Fedorov, S.: Die Eisenkonstruktionen in den Gebäuden der Staatlichen Eremitage Sankt Petersburg: Historische Bauforschung mit ingenieurwissenschaftlichem Schwerpunkt. Koldewey-Gesellschaft: 47. Tagung für Ausgrabungswissenschaft und Bauforschung, Trier, 19.05.2012.
- Lorenz, W.: Wissen und Wagnis - Die historischen Stahltragwerke der Eremitage-Bauten in Sankt Petersburg. Vortragsreihe der Fakultät für Bauingenieurwissenschaften, Technische Universität Graz, 26.04.2012.
- Lorenz, W.: Walhalla, Eremitage, Neues Museum Berlin – Keimzellen des modernen Stahlbaus im frühen 19. Jahrhundert. „Vorträge zur Architekturgeschichte 7“, Hochschule Augsburg, 09.05.2009.
- Lorenz, W.: Archäologie des Konstruierens – Neues Museum Berlin, Walhalla Niederstauf, Eremitage St. Petersburg. Vortragsreihe „Architektur im Spannungsfeld Neu-Alt“, Archiv für Baukunst, Universität Innsbruck, 21.06.2006.
- Lorenz, W.: Archäologie des Konstruierens – Detailkulturen im Eisenbau um 1840. Tagung „Johann August Röbling 1806-1869 vom preußischen Baukondukteur zum Konstrukteur der Brooklyn Bridge“, Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte, Potsdam, 09.06.2006.
- Heres, B.: The iron roof trusses of the New Hermitage in St. Petersburg - Survey, analysis and assessment of a masterpiece of structural steelwork from the 1840s, 2nd International Congress on Construction History, Queens' College, University of Cambridge, 31.03.2006.