NECROS - Projekt: Tierkadaver und Biodiversität

Im Jagdjahr 2006/2007 wurden in Deutschland ca. 4,5 Millionen Tiere geschossen. Darunter waren 1.051.121 Rehe. Geht man davon aus, dass ein Reh durchschnittlich ungefähr 30kg wiegt, so heißt das, dass 31.533 Tonnen Biomasse unserem Ökosystem ersatzlos entzogen werden. Diese Nahrungsquelle bleibt den meisten vom Aas profitierenden und insbesondere denen darauf angewiesenen Organismen versagt. Wie sinnvoll diese und andere Tierkadaver betreffende Vorgehensweisen unter dem Aspekt der Erhaltung und Förderung der Biodiversität in Bezug auf die Umwelthygiene sind, gilt es in diesem Projekt zu klären. Außerdem sollen die Sukzession auf Tierkadavern, Aasnahrungsnetze und die Aasmikroflora näher untersucht werden.

Rehkadaver im Zeitraffer

Widschweinkadaver im Zeitraffer

Methodik/Versuchsgebiet

Unfallwild (Jagd, Straßenverkehr) wird auf einem ehemaligen, unzugänglichen Militärgelände (Heidelandschaft) ausgelegt und die Verwertung der Tiere mittels digitaler Foto-und Videoüberwachung dokumentiert und ausgewertet. Darüber hinaus sollen wissenschaftliche Analysen der Kadaver und ihrer Umgebung bezüglich der Mikroflora und -fauna Aufschluss über die komplexen Zusammenhänge der Aasökologie geben.

Beteiligte

In Kooperation mit dem Landesbetrieb Forst Brandenburg, Betriebsteil Peitz (Forstdirektor Siegfried Lüdecke) und dem örtlichen Veterinäramt startete der Lehrstuhl Allgemeine Ökologie der BTU Cottbus im November 2008 ein deutschlandweit einzigartiges Projekt, das die Aasökologie näher untersucht. Die wissenschaftliche Durchführung und Auswertung der Experimente wird primär durch Projektleiter Dr. René Krawczynski, dem FÖJ'ler (freiwilliges ökologisches Jahr) Robert Hering und der Diplomandin Diana Kielon realisiert. Allen Beteiligten ist sehr daran gelegen, genauere Kenntnisse über vom Aas lebende Organismen zu sammeln. Internationaler Wissenstransfer sowie enge Kooperation mit den Genehmigungsbehörden sind ein wichtiger Baustein des Projektes.

Erste Erkenntnisse der Vorversuche

Bereits die Vorversuche brachten faszinierende Ergebnisse. Beispielsweise wurden die Wildkadaver in kürzester Zeit fast vollständig von u.a. Kolkraben, Füchsen und Seeadlern bis auf die Knochen verzehrt, es befanden sich unter dem Aas Stierkäfer, die > 1m tiefe Höhlen graben. Durch die Aktivität der zahlreichen Aasfresser (teils bis zu 25 Kolkraben und 4 Seeadler gleichzeitig) wurde eine Fläche von ca. 5m² Rohboden freigelegt, der eine ideales Habitat für Pionierarten darstellt. All das geschah im Winterhalbjahr, wenn viele Organismen in ihren Winterquartieren sind, was die Vermutung nahe legt, dass andere vom Aas profitierende oder gar abhängige Lebewesen erst ab dem Frühjahr zu beobachten sein werden und mit ihrem Auftauchen noch weitereMitglieder der Aasnahrungskette anziehen.

Bilder

Zielsetzung

  • Verständnis über Sukzession auf Tierkadavern unter Einfluss von Aasfressern
  • Aufklärung von Aas-Nahrungsnetzen
  • Erkenntnisgewinn über Aas-Mikroflora
  • Klärung von Zusammenhängen zwischen Aasökologie und der Erhaltung der Biodiversität
  • Erforschung der tatsächlichen Bedeutung von Aas auf die Umwelthygiene

Methodik/Versuchsgebiet

  • digitale Foto – und Videoüberwachung der Kadaver
  • wissenschaftliche Analyse der Besiedlung der Kadaver und ihres Umfeldes
  • ehemaliges, teils geräumtes Militärgelände in der Lausitz; der Öffentlichkeit nicht zugänglich
  • Laufzeit der ersten Phase bis Juni 2009