Architektur und Einsamkeit

Über die Interdependenz eines sozialen Phänomens und der Architektur
 

Architektur gibt dem Leben die Räume in denen es spielt – sie könnte als Kulisse des Lebens verstanden werden. Zugleich ist die Architektur selbst verwoben in das Stück: Sie passt sich dem Stück an. Architektur steht demnach mit der Gesellschaft in einem reziproken Verhältnis. Durch diese enge Beziehung zwischen Architektur und Gesellschaft ist ein Widerspiegeln gesellschaftlicher Phänomene in der Architektur zu erwarten. Das Phänomen, mit dem sich diese Forschung befasst, ist die Einsamkeit.

Im Mai 2024 wurde eine Langzeitstudie zur Entwicklung der Einsamkeit in Deutschland veröffentlicht. Aus Ihr geht hervor, dass mit der Covid-19-Pandemie die Zahlen der durch Einsamkeit belasteten Menschen signifikant angestiegen und bisher noch nicht wieder auf den vorpandemischen Zustand gesunken sind: Momentan leiden demnach besonders viele Menschen in Deutschland unter Einsamkeit. Der Theologe Reinhold Esterbauer kategorisiert Einsamkeit räumlich, Einsamkeit sei ein Relationsbegriff, welcher die Verbindungen (Beziehungen) einer Person zur Gemeinschaft definiere. Die Einsamkeit sei zuteilbar  dem Raum des Inneren einer Person, zum anderen den Räumen anderer Personen oder Gruppen. Auch nach den Theorien Michel Foucaults in „Andere Räume“ lässt sich die Einsamkeit räumlich verstehen. Diese abstrakten Ideen von Räumlichkeit könnten ihren Widerhall in der dinglichen Welt der Architektur haben. Es stellt sich die Frage, ob tatsächliche, gebaute Räume, einen Einfluss auf gefühlte Einsamkeit haben und selbige sich wiederum auf diese Räume auswirkt. Gibt es eine Architektur der Einsamkeit? Wohnt die Einsamkeit des Stückes schon der Kulisse inne?
Um diesen Fragen nachzugehen, wird sich diese Arbeit mit der leiblichen Wirkung von Architektur auseinandersetzen und in einer phänomenologischen Suche nach dem Abstrakten im Gebauten ufern. Für diese Suche werde ich mir Gebäude des letzten Jahrhunderts, Wohnungsbauten und öffentliche Orte der Gemeinschaft wie z.B. Kulturhäuser der DDR anschauen. Ziel der Arbeit soll es sein, Entwurfsmethodiken zu benennen, die Architektur hervorbringen können, welche sowohl der Einsamkeit wie auch der Gemeinschaft adäquate und vor allem dingliche Räume gibt.

Victoria Loyall ist akademische Mitarbeiterin im Fachgebiet Architekturtheorie der BTU Cottbus-Senftenberg. Nach Absolvierung ihres Bachelorstudiums der Architektur an der HTWG Konstanz, arbeitete Sie – unter anderem – in Kenia als Bauherrenvertretung für eine NGO mit Kéré
Architecture. Neben Ihrem Masterstudium an der BTU Cottbus-Senftenberg arbeitete Sie im dänischen Architekturbüro CF-Møller in Berlin.

Kontakt
victoria.loyall(at)b-tu.de

Betreuer
Prof. Dr. Albert Kirchengast

Beginn
SoSe 2025