Kann man »schön« verstehen?
Ästhetisch-hermeneutische Lektüren aus pragmatischer Sicht

Modul 25405 | SoSe 2025
DI 13:45 –17 Uhr | LG 2A, SR 0.03
Beginn: 14. April 2025
Prof. Dr. Albert Kirchengast

Nicht erst seit gestern hat es die Ästhetik im Alltag schwer, ist sie in Verruf geraten. »Über Geschmack lässt sich nicht streiten«, so lautet etwa ein geflügelter Satz, der oft in einschlägigen Diskussionen auftaucht – und daneben liegt. Doch in seiner meist reflexhaft-abwinkenden Verwendung drückt sich wohl mehr aus als das Missverständnis der subjektiven Geltung »ästhetischer Fragen« – womöglich »fühlt« man, dass es um jenes bedeutungsvolle »Ganze« geht, dem man sich lieber (gerade jetzt) nicht aussetzen will?

Die Philosophische Ästhetik handelt seit Mitte des 18. Jahrhunderts von einer eigenen, anderen »Sprache« als jene klarer und deutlicher Begriffe, ja, sie gehorcht dem Hoheitsanspruch des Verstandes gerade nicht. Darin liegt auch ihre wesentliche Pointe: dass uns die Welt ästhetisch anders erscheint. Dabei ist sie nicht allein auf Kunstwerke angewiesen, denn die Ästhetik untersucht, anders als Kunsttheorien, vor allem die Struktur und Geltung dieser Erfahrungsweise. Sie nimmt somit seit der Aufklärung eine unersetzbare und unübersetzbare Stellung im Sinn- und Orientierungshaushalt der Menschen ein, wo der Grund des Lebens in einer »rationalistischen« Gesellschaft, Handlungs- und Lebensweise abhanden zu kommen droht. Was also meint »ästhetische Erfahrung« und wie hängt sie mit Fragen der Hermeneutik und Phänomenologie zusammen? Und wie stellt sich aus diesem Blickwinkel das Kunstwerk Architektur dar?

An dieser Schnittstelle zwischen der Inkommensurabilität ästhetischer Erfahrungen und ihrer Verbindung zum Urteilen, Tätigwerden – zur Gestaltung –, kurzum: dem Spiel von Rezeption und Produktion, setzt das Seminar an. Dabei liegt der Schwerpunkt auf einem durch gemeinsame Lektüre und Diskussion erlangten Verständnis der ästhetischen Neubewertung der »Sinnlichkeit« sowie auf dem Zusammenhang der Ästhetik mit einer phänomenologischen Hermeneutik. Seit jeher fordert das ästhetisch Erleben nämlich dazu auf, geteilt zu werden, um ein (kritischer) Teil unserer kulturellen Gemeinschaft zu sein. Zwar gehen wir in dieser Lehrveranstaltung nicht vom Kunstwerk aus, fragen aber doch immer wieder: Wenn der ästhetischen Erfahrung in der Moderne eine Art Sinnversprechen innewohnt, wie kann dieses – ohne Stil und Symbol – architektonisch ins Werk gesetzt werden?

 

 

Baugedanken IV: The Image of Guben/Gubin

Integrationsmodul Theorie | 13630, 13776, 14167 | SoSe 2025
DI 09:30–12:30 Uhr | LG 2C, SR 317
Beginn: 15. April 2025
Victoria Loyall, Prof. Dr. Albert Kirchengast

Die Stadt Guben/Gubin an der deutsch-polnischen Grenzen wird dieses Semester zum Ort der Entwurfsaufgaben des Fachgebiets Entwerfen und Gebäudekunde ­­– und somit zum Untersuchungsgegenstand des dazugehörigen Integrationsmoduls.
Es gilt dem Charakter der Stadt auf den Grund zu gehen: Ziel ist es, das heterogene wie spezifische und vielleicht auch verletzliche Wesen dieses Grenzortes zu verstehen und mit einer bedachten Intervention zu dessen Stärkung beizutragen.

Der Titel »The Image of Guben/Gubin« bezieht sich auf das Buch »The Image oft the City« des Architekten und Stadtplaners Kevin Lynch. Er entwickelte Methoden, Städten individuell zu begegnen, sich ein »Bild« von ihnen zu machen. Durch die physischen Eigenschaften der baulichen Umgebung als „unveränderliche Variablen“, erkennt er den Charakter einer Stadt als »ablesbar« und verstehbar. Mithilfe von Lynch, Christopher Alexander oder den Situationisten entwickeln wir eine architekturethnografische Vorgehensweise um Guben/Gubin tiefer als nur in baulichen Strukturen zu verstehen.

Auf der Grundlage dieses Verständnisses sollen die Studierenden eine minimale Intervention in der Stadt entwickeln. Sie werden im Verlauf des Semesters sukzessive an ihrer Idee arbeiten, diese als Modell bauen und gemeinsam mit ihren Kommilitonen über dessen Intention und Wirkung diskutieren. Ein Dreiklang aus Modellbau, Modellbild und Text (analytisch und deskriptiv) soll das Essenziell-Ideenhafte des eigenen Bauens veranschaulichen und dabei helfen, Raumwirkungen direkt überprüfen sowie zur Diskussion stellen zu können.

 

 

Baugedanken IV: Andere Orte

Integrationsmodul Theorie | 13630 | SoSe 2025
MI 09:30–12:30 Uhr | LG 2A, SR 0.25.1
Beginn: 16. April 2025
Jonathan Metzner, Prof. Dr. Albert Kirchengast

Vor dem Hintergrund von Globalisierung und Individualisierung spätkapitalistischer Gesellschaften sind ältere Formen der Sozialintegration längst ins Wanken geraten. Politische Debatten über eine Bürger- und Zivilgesellschaft und den vermeintlichen Verlust des Gemeinsinns lassen mithin die Frage aufkommen, ob und wie soziale Integration in pluralisierten Gesellschaften gelingen kann und welchen Stellenwert dabei Solidarität spielt.

In der Vergangenheit ermöglichten »Volkskirchen«, mit vor Ort ansässigen Gemeinden, Begegnungsmöglichkeiten und sozialen Austausch. Im Zuge der sozialen Transformation und des kirchlichen Strukturwandels stellt sich heutzutage die Frage, wie mit den zunehmend leerstehenden Gotteshäusern umgegangen werden soll und ob diese Orte als »andere Räume« einen Beitrag für das Soziale in unserer Gesellschaft leisten können. Mit welchen künstlerischen, sich kapitalistischen Einflüssen entziehenden Qualitäten sind diese Räume ausgestattet? Und wie können diese Atmosphären für neue soziale Funktionen nutzbar gemacht werden?

Das Seminar begleitet als Integrationsmodul das Entwurfsstudio »Entwerfen und Bauen im Bestand«. Der leitende Baugedanke für den Entwurf eines zeitgemäßen Begegnungsraums wird anhand von Diskussionsrunden und Einzelübungen im Modellbau geschärft. Der Dreiklang aus Modell–Modellbild–Text (analytisch/deskriptiv) veranschaulicht das Essenziell-Ideenhafte eines eigenen Entwurfs und löst ihn aus den Beschränkungen der realen Praxis. Textliche Impulse aus der Architekturgeschichte und -theorie, aus Kultur-, und Geisteswissenschaften begleiten das Seminar.