Wintersemester 2024/25
Vorlesung Architekturtheorie
Modul 13677, 13654 | WiSe 2024/25
MO 13:45–17:00 Uhr | 14-tägig | ZHG, SR 4
Beginn: 14. Oktober 2024
Prof. Dr. Albert Kirchengast
Die Vorlesung Architekturtheorie bietet die grundlegende Einführung in das Fach Archi- tekturtheorie an der BTU Cottbus-Senftenberg. Sie ist inhaltlich breit angelegt und ergänzt den Textkorpus des Fachs, der semesterweise mit wechselnden Schwerpunkten aufbereitet wird, um Topoi und Schriften verschiedener anderer Disziplinen – von der Philosophie bis zur Kunst.
Inhaltlich kreisen die einzelnen Vorlesungen um Schwerpunkte, die im Verbund von archi- tekturtheoretischen Schriften und gebauten wie geplanten Projekte dargestellt werden: Bauidee und Entwurf, kultureller Kontext und Wirkungsgeschichte etc. verzahnen sich miteinander. Im Zentrum stehen »architektonische Situationen«, die den gebauten Raum in seiner leiblich-sinnlichen und ideengeschichtlichen Fundierung als »Phänomen« begreifen. Die Architektur selbst stellt sich als Medium von Ideen dar, das seine Aufgaben aus der lebensweltlichen Beantwortung elementarer Bedürfnisse – physischer wie geistiger – erhält.
In der Vorlesung soll das eigene, vertiefte Architektur-Erlebnis geweckt und mit Wandel wie Kontinuität theoretischer Konzepte, der ideengeschichtlichen Entwicklung der historischen Baukunst sowie den drängenden Fragen der Gegenwart in Beziehung gesetzt werden. Als zentral stellt sich dabei die stofflich-konstruktive Konkretheit gebauter Räume im Wechselspiel von Bauwerk und Denkraum dar. Es zeigt sich, dass die Archi- tekturtheorie mit einer reflektierten Praxis unmittelbar korreliert, dass Praxis und Leben das theoretische Denken fundieren. Die gegenwärtigen Herausforderungen der Praxis an die Theorie heranzuführen, hilft wiederum dabei, diese im Kosmos des Denkens besser verstehen und eine eigene kritische Haltung kultivieren zu lernen – im Idealfall Theorie- bildung zwischen Bauen und Denken selbst zu betreiben.
Die Vorlesung wird als Blockveranstaltungen abgehalten und vom wöchentlichen Archi- tekturtheoretischen Seminar begleitet. Dort werden Inhalte der Vorlesung diskursiv erweitert und anhand ausgewählter theoretischer Texte gemeinsam vertieft. Prüfungs- leistung ist ein gemeinsames Gespräch über Inhalte der Vorlesung; dabei werden diese mithilfe eigenen Mitschrift thematisiert und auf eigene Fragestellungen bezogen.
Architekturtheoretisches Seminar
Modul 13677, 13654 | WiSe 2024/25
DI 9:30–11:00 Uhr | LG 2C, SR 212
Beginn: 15. Oktober 2024
Jonathan Metzner, Prof. Dr. Albert Kirchengast
Im architekturtheoretischen Seminar, das zusammen mit der Vorlesung Architekturtheorie angeboten wird, setzen sich die Studierenden mit folgender übergeordneter Fragestellung auseinander: »Gibt es eine architekturtheoretische Phänomenologie?«
Unsere gegenwärtige Gesellschaft ist durch eine »Konjunktur des Affektiven« (Marie-Louise Angerer) geprägt. Diese Hinwendung zu den Affekten in Kunst, Kultur und Medien verweist auf das Bedürfnis, über die ästhetische Wahrnehmung der Umwelt in eine unmittelbare Resonanzbeziehung mit der Welt zu treten. Insbesondere die Architektur als kulturelle Praxis und theoretische Disziplin ist von diesen Tendenzen einer neuen Empfindsamkeit beeinflusst. Zugleich wirkt sie als raumbildende Kunst und geplante Umwelt auf soziokulturelle Diskurse der Gegenwart ein und fördert atmosphärische Kompetenzen.
Als geisteswissenschaftlicher Weltzugang nimmt die Phänomenologie, die ihre Erkenntnisgewinnung über die unmittelbaren Erscheinungen bezieht, dabei eine zentrale Rolle ein. Ausgehend von zeitgenössischen Diskursen über eine »Projective Architecture« und einer neuen ästhetischen Sensibilität, werden im Seminar Fragestellungen verschiedener Themengebiete der Phänomenologie abgeleitet und im Lauf des Semesters gemeinsam erarbeitet. Die in Gruppen organisierten Studierenden bereiten Texte aus verschiedenen Wissensgebieten vor; Kernthesen werden im Seminar diskutiert und hinterfragt. So tragen sie nicht nur zur Textauswahl im Seminar bei, sondern unterstreichen dessen Forschungscharakter. Am Ende des Semesters erstellen die Studierenden kurze Artikel zu Begriffen einer architekturtheoretischen Phänomenologie, die in einem Lexikon zusammengestellt werden. Weiterführend dienen die gewonnenen Erkenntnisse als Grundlage für eine Anthologie zur architekturtheoretischen Phänomenologie.
Baugedanken III: Postsäkulare Räume
Integrationsmodul Theorie | 13776, 14167 | WiSe 2024/25
DI 13:45–18:00 Uhr | LG 2C, SR 212
Beginn: 15. Oktober 2024
Victoria Loyall, Prof. Dr. Albert Kirchengast
Gemeinsam mit dem FG Entwerfen und Bauen im Bestand, Prof. Per Pedersen
Religiöse Bauten zählen zu den unmittelbaren räumlichen Manifestationen unserer spirituellen Orientierung. Doch nimmt die Bedeutung der Institution Kirche nicht zuletzt mit der Zahl ihrer Mitglieder ab; den vormaligen Zweck von Gotteshäusern erfüllen immer weniger Bauten. Zugleich aber sprechen wir von einem »postsäkularen« Zeitalter – das Dogma der »Entzauberung der Welt« ist selbst entzaubert, immer mehr Menschen suchen nach einer spirituellen Alternative zur institutionalisierten Religion. Und ihre Räume? Werden sie mit neuem Geist erfüllt? Werden sie gebraucht? Wie werden sie zu Zeugen eines postsäkularen Lebens?
Es gilt, einen gestalterischen Umgang mit ihnen zu finden, in der sich das säkular-urbane Leben mit den räumlich-atmosphärischen, aber auch mit den symbolischen und pragmatischen Anforderungen »neuen Glaubens« verbinden. Die Suche nach einem zweiten Leben, einem neuen Zweck für alte Kirchen liegt dem Integrationsmodul Theorie zugrunde, das gemeinsam mit dem Fachgebiet Entwerfen und Bauen im Bestand angeboten wird. Zunächst gilt es dabei, religiöse Bauwerke zu verstehen: Welche räumlichen Elemente machen Orte zu Stätten des Glaubens? Durch welche Motive und Wirkungen werden Erhabenheit, Ruhe, Kontemplation etc. hervorgerufen? Wie können wir diese besonderen Stimmungen respektvoll umnutzen oder sogar umformen? Kurzum: Welche postsäkularen Räume benötigt unsere Gesellschaft?
Der leitende Baugedanke »postäkularer Räume« wird aus der historisch-theoretischen und baulichen Analyse hervorragender Referenzbauten der Moderne entwickelt, in Textdiskussionen vertieft und an eigenen Modellen überprüft. Die zentrale Forschungsfrage lautet: Wie wirken isolierte Elemente sakraler Bauten in neuen räumlichen Konstellationen fort? Ein Dreiklang aus Modellbau, Modellbild und Text (analytisch und deskriptiv) soll das Essenziell-Ideenhafte des eigenen Bauens veranschaulichen und dabei helfen, Raumwirkungen direkt überprüfen sowie zur Diskussion stellen zu können.