Die undulierenden Lehmsteinmauern der pharaonischen Spätzeit Ägyptens

In einer diachronen Zusammenschau pharaonischer Tempelumfassungsmauern tritt das konstruktive Merkmal der konvex-konkaven Wölbung erst ab dem 7. Jh. v. Chr. in Erscheinung. Obwohl die monumentalen Tempelanlagen dieser Zeit kontinuierlich Gegenstand der Forschung waren, standen die aus Lehmziegeln errichteten Außenmauern nur selten im Fokus wissenschaftlicher Untersuchungen. Die Auseinandersetzung seitens der Ägyptologie konzentrierte sich – im Sinne einer Architektursemantik – vor allem auf die Hypothese einer mythologischen Allusion und der Inszenierung einer Urlandschaft. Die bauforscherischen und statisch-konstruktiven Aspekte standen im Gegensatz dazu weit weniger im Mittelpunkt und wurden zumeist nur exemplarisch anhand ausgewählter Befunde untersucht.

Aus diesem Grund sollen im Rahmen dieses Forschungsvorhabens die undulierenden Mauern Ägyptens in ihrer Gesamtheit erfasst und mittels einer Vergleichsstudie in Relation zueinander analysiert werden. Das primäre Ziel der Arbeit ist die für dieses Thema neuartige Verknüpfung zwischen Methoden der Ingenieurs- und Geisteswissenschaften. Neben Fragen der Bauforschung, die die Architektur und Baugeschichte der einzelnen Bauwerke näher beleuchten, bildet die Fokussierung auf technik- und konstruktionsgeschichtliche Aspekte sowie die kulturhistorische Einordnung und Bewertung der Bauwerke einen Schwerpunkt der Arbeit. Diese interdisziplinäre Auseinandersetzung veranschaulicht, dass die undulierenden Umfassungsmauern der Spätzeit als Bauwerke zu verstehen sind, die das kulturelle und technische Wissen ihrer Zeit enthalten.

Dieses Projekt wird in Zusammenarbeit mit dem Ägyptischen Museum Georg Steindorff der Universität Leipzig, dem Deutschen Archäologischen Institut Kairo und mit Unterstützung des Architekturreferats des DAI Berlin durchgeführt.

Die Dissertation wurde im November 2020 erfolgreich verteidigt.

Bearbeiter: Max Beiersdorf