Autoarmes Wohnen im Bestand Eine empirisch-konzeptionelle Arbeit über autoarme Bestandsquartiere und der dazugehörigen technischen Infrastruktur sowie deren konzeptionelle Anwendung auf den Boxhagener Kiez im Berliner Stadtteil Friedrichshain

Klimaschädliche Schadstoffausstöße, ein übermäßiger Verbrauch endlicher Ressourcen und insbesondere die Beeinträchtigung der menschlichen Gesundheit sind die Hauptgründe, die den motorisierten Individualverkehr (MIV) zu einem globalen Problem machen. Als besonders gravierend erweisen sich diese Effekte in den Städten, in denen es durch hohe Bebauungs- und Bevölkerungsdichten zu Flächenkonflikten und einer Verstärkung der negativen Effekte des motorisierten Verkehrs kommt. In der vorliegenden Masterarbeit wird neben einer Problemanalyse auf mögliche Lösungsansätze eingegangen, die dazu beitragen den Pkw-Verkehr in den Städten zu verlagern und zu verbessern. Der Fokus liegt dabei auf bestehenden Wohnquartieren im innerstädtischen Raum, die einer Umplanung unterzogen werden, um so eine flächendeckende Pkw- Reduktion auf der Quartiersebene zu schaffen. Die konzeptionelle Arbeit geschieht durch die Herausarbeitung und Anwendung von geeigneten baulichen und verkehrsplanerischen Maßnahmen zur Pkw-Reduktion sowie durch alternative Mobilitätsangebote. Angewendet werden die Maßnahmen auf das Untersuchungsgebiet des Boxhagener Kiezes im Berliner Stadtteil Friedrichshain.

In einem Maßnahmenkatalog wird dafür im ersten Teil ein Erschließungskonzept für die Verkehrslenkung des MIV vorgestellt. Ausgehend von der Problemstellung im Kiez lauten die Schwerpunkte des ersten Lösungsansatzes wie folgt:
• Reduzierung von Durchgangsverkehr sowie gebietsfremdem Verkehr
• Verlagerung und Bündelung des Pkw-Verkehrs auf übergeordnetes Erschließungsnetz zur Entlastung des Nebennetzes
• Qualitätssteigerung der Quartiersplätze und -straßen durch abgestufte Pkw-Intensität

Die nachfolgenden Abbildungen 1 und 2 zeigen zum einen die Grundidee des Erschließungskonzeptes
und zum anderen einen Detailplan für die Verkehrslenkung durch verkehrsrechtliche Maßnahmen.

Bild 1: Konzeptkarte Erschließung

Bild 2: Detailplan Verkehrslenkung

Der zweite Teil des Maßnahmenkatalogs sieht einen Streckenentwurf für eine Fahrradstraße im Quartier vor. Die Planungen der Fahrradstraßen im Kiez erfolgen auf Grundlage des Radvorrangnetzes und dessen Leitfadens, welcher durch den Berliner Senat veröffentlicht wurde. Mit dem Entwurf der Fahrradstraße wird im Konzept auf der Ebene einer Quartiersstraße aufgezeigt, wie der Verkehrsraum neu und zugunsten der Nahmobilität aufgeteilt werden kann. Die Schwerpunkte des zweiten Lösungsansatzes im Maßnahmenkatalog lauten wie folgt:
• Verbesserung der Nahmobilität zur Stärkung des Verlagerungsprozesses von MIV
• Flächenumwidmung für mehr Aufenthaltsqualität durch Stellplatzreduktion und Parklets
• Steigerung der Verkehrssicherheit für Rad- und Fußverkehr durch bauliche Maßnahmen und Regelungen zur Bevorrechtigung

Bild 3:  Querschnitt Fahrradstraße Niederbarnimstraße

Bild 4: Detail- und Übersichtslageplan der Fahrradstraße Niederbarnimstraße

Neben baulichen und verkehrsrechtlichen Maßnahmen, die einen direkten Eingriff in die Verkehrsinfrastruktur des MIV vornehmen, ist die Bereitstellung alternativer Mobilitätsangebote ein wichtiger Schlüsselfaktor, um neben der Pkw-Reduktion die Mobilität im Quartier sicherzustellen. In der vorliegenden Arbeit werden dafür im dritten Teil des Maßnahmenkatalogs mit einer Potenzialkarte Möglichkeiten aufgezeigt, durch die das Mobilitätsangebot im Kiez erweitert werden kann. Als Vertiefung zeigt die Abbildung 6 den Entwurf einer Mobilitätsstation mit der Bereitstellung eines hohen Angebots an Sharing-Diensten. Die Pkw-Reduktion beruht dabei auf der Förderung eines inter- und multimodalen Verkehrsverhaltens sowie der kollaborativen Nutzung verschiedener Verkehrsmittel. Darüber hinaus wird zur Sicherung eines Grundmaßes an umwelt- und stadtverträglichem MIV das Themenfeld der Elektromobilität vertieft. Im Rahmen der Planung der abgebildeten Mobilitätsstation werden die Anforderungen und Möglichkeiten der Ladeinfrastruktur sowie deren Anschluss und Integration im öffentlichen Raum dargestellt. Die Abbildung 7 veranschaulicht für den Anschluss der Ladeinfrastruktur an das Versorgungsnetz zwei verschiedene Verfahren. Neben dem herkömmlichen Verfahren wird auch ein Zukunftsszenario abgebildet, bei dem die Ladeinfrastruktur der straßengebundenen Elektromobilität durch den Gleichstrom aus der Tram- Oberleitung betrieben wird.


Zusammenfassend lauten die Schwerpunkte des dritten Teils des Maßnahmenkatalogs wie folgt:
• Identifizierung von Potenzialflächen
• intermodale und multimodale Verknüpfung
• Ausbau und Anschluss Ladeinfrastruktur Elektromobilität

Bild 5: Potenzialkarte zur Erweiterung der Mobilitätsangebote

Bild 6: Konzept Mobilitätsstation

Bild 7: Strombereitstellung für die Ladeinfrastruktur nach unterschiedlichen Verfahren

Abbildungsverzeichnis
Bild 2: 

Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung e.V. (2021) a: IÖR Monitor Indikator Gebäudedichte in Gebietsfläche: [online]. monitor.ioer.de; [Zugriff am 27.01.21].

Bild 5: 

Feldmeyer, Daniel; Wilden, Daniela; Kind, Christian; Kaiser, Theresa; Goldschmidt, Rüdiger; Diller, Christian; Birkmann, Jörn (2019) d: MONARES Kennblatt U1: Anteil unversiegelte Fläche [online]. monares.de/sites/monares.de/files/documents/monares_indikatorenset.zip [Zugriff am 22.01.21].


Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung e.V. (2021) b: IÖR Monitor Indikatorkennblatt Bodenversiegelungsgrad [online]. www.ioer-monitor.de [Zugriff am 03.02.2021].

Bild 6: 

Feldmeyer, Daniel; Wilden, Daniela; Kind, Christian; Kaiser, Theresa; Goldschmidt, Rüdiger; Diller, Christian; Birkmann, Jörn (2019) d: MONARES Kennblatt U1: Anteil unversiegelte Fläche [online]. monares.de/sites/monares.de/files/documents/monares_indikatorenset.zip [Zugriff am 22.01.21].


Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung e.V. (2021) b: IÖR Monitor Indikatorkennblatt Bodenversiegelungsgrad [online]. www.ioer-monitor.de [Zugriff am 03.02.2021].