Imaginäre Ethnographie

Die „imaginäre Ethnografie“ erfindet andere Welten (vgl. Fritz Kramer 1977) – und wird von kritischen Ethnograph*innen strategisch (um)genutzt, um essentialistische Vorstellungen von Kultur zu kritisieren, um auf die gewalttätige, koloniale Geschichte der Erforschung „anderer Kulturen“ zuzugreifen und um den Diskurs des „Andersseins“ durch Spekulationen zu hinterfragen. In den letzten Jahrzehnten haben sich eine Reihe von Künstler*innen und Musiker*innen einer solchen Form der kreativen, kritischen Ethnographie (u.a. im Modus der Fourth World) zugewandt - oft in Zusammenarbeit mit Ethnograph*innen und Kulturanthropolog*innen.

In Bildungskontexten kann die imaginäre Ethnografie für kritisches, künstlerisches, forschendes Lernen genutzt werden: eine imaginäre ethnographische Forschung lenkt den Blick zurück auf die Wissensproduktion selbst als sozial-kulturelle Performance und macht die kulturelle Situiertheit jeglicher Wissensproduktion und künstlerischer Praxis sichtbar.

Ziel des Projekts ist die Dokumentation der Nutzung dieser Form der kreativen, kritischen Ethnographie durch Künstler*innen und Musiker*innen  sowie die Anwendung der Methode auf Bildungskontexte – hier steht die „imaginäre Ethnographie“ in der Tradition der aktivistischen „Performance-Ethnographie“ (Conquergood, 1991) und im Paradigma der „Musik als Performance“ (Cook 2003) der Musikwissenschaft.