Eladio Dieste Saint Martin (1917 – 2000) Biografie
Eladio Dieste Saint Martin (1917-2000). Topografische Biografie
Jahr | Ereignis |
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1917 | Geburt am 10. Dezember in Artigas, Departamento Artigas, Uruguay. |
1936 | Studium an der Facultad de Ingeniera de Montevideo in Montevideo, Departamento Montevideo, Uruguay, bis 1943. |
1944 | Hochzeit mit Elisabeth Friedheim. |
1944 | Ingenieur in der Abteilung für Straßenbau im Ministerium für öffentliches Bauen in Montevideo bis 1974. |
1944 | Professor für theoretische Mechanik an der Facultad de Ingeniera de Montevideo bis 1965. |
1945 | Direktor des technischen Bereichs der Architekturabteilung im Ministerium für öffentliches Bauen in Montevideo, Departamento Montevideo, Uruguay, bis 1948. |
1945 | Ingenieur bei Christiane & Nielsen in Montevideo, Departamento Montevideo, Uruguay bis 1948. |
1946 | Bau der ersten bewehrten Ziegelschale Diestes in Punta Ballena, Departamento Maldonado, Uruguay. |
1949 | Leitender Ingenieur bei Viermond Pilling Company in Montevideo bis 1958. |
1953 | Professor für Brückenbau und große Konstruktionen an der Facultad de Ingeniera de Montevideo bis 1973. |
1954 | Gründung von Dieste y Montanez, S.A. in Montevideo, Departamento Montevideo, Uruguay. |
1971 | Direktor des Forschungsseminars für Hoch- und Tiefbau an der Facultad de Ingeniera de Montevideo bis 1973. |
1993 | Aufenthalt in Madrid, Provinz Madrid, Spanien, bis 1995. |
2000 | Tod am 29. Juli in Montevideo, Departamento Montevideo, Uruguay. |
Eladio Dieste Saint Martin (1917-2000). Biografie in Textform
Eladio Dieste Saint Martin (1917-2000) wurde am 10. Dezember im Jahr 1917 in Artigas, Departamento Artigas, Uruguay, eine Stadt im Norden Uruguays an der Grenze zu Brasilien, geboren. Er wuchs in einem liberal-mittelständischen Umfeld auf. Sein Vater (1880-1972), ebenfalls Eladio genannt, unterrichtete Geschichte und war Atheist. Dennoch führte Dieste ein frommes katholisches Leben. Stark beeinflusst wurde er von seinem Onkel Rafael Dieste (1899-1972), einem Intellektuellen und Schriftsteller, sowie von Joaquin Torres-Garcia (1874-1948), einem der Familie Dieste befreundeten Maler.
Im Alter von 18 Jahren schrieb sich Dieste 1936 an der Facultad de Ingeniera de Montevideo (Fakultät für Ingenieurwesen der Universität Montevideo) ein. 1943 schloss Dieste sein Studium an der noch jungen Fakultät in Montevideo, Departamento Montevideo, der reichen und wachsenden Hauptstadt des aufstrebenden Uruguays, ab. Im folgenden Jahr heiratete er Elisabeth Friedheim, eine deutsch-jüdische Einwanderin, die in den katholischen Glauben konvertierte. Mit seiner Frau erzog Dieste elf Kinder, von denen einige dem Vater in unterschiedlicher Art und Weise in das Berufsfeld des Bauwesens folgten: So begann Eduardo Dieste nach dem Tod des Vaters dessen Bauunternehmen zu leiten, Antonio Dieste wurde Bauingenieur und Estoban Dieste wurde Architekt.
Aufgrund seines hohen mathematisch-physikalischen Verständnisses wurde Eladio Dieste 1944 direkt im Anschluss seines Studiums als Professor für theoretische Mechanik an der Fakultät übernommen, an der er zuvor noch studierte. 1953 wurde Dieste zudem Professor für Brückenbau und große Konstruktionen ernannt. Beide Lehrstühle besetzte er jeweils ca. 20 Jahre. Neben diesen Professuren erhielt Dieste noch Honorarprofessuren an der Facultad de Architectura de Montevideo (Fakultät für Architektur der Universität Montevideo) und der Facultad de Architectura y Urbanistica de Buenos Aires (Fakultät für Architektur und Städtebau der Universität Buenos Aires), Provinz Buenos Aires, Argentinien. Aufgrund seiner rasch bekannt werdenen Arbeiten wurde Dieste ebenfalls von verschiedenen Universitäten und internationalen Ingenieurs- und Architekturverbänden in Südamerika und Europa zu Vorlesungen, Gastvorträgen und Seminaren eingeladen. Dieste war ein strenger Lehrender, der die hohen Ansprüche, die er an sich selbst stellte, auch auf seine Studenten übertrug. Diese waren zwar meist von dem ruhigen Professor fachlich gut ausgebildet aber mit den hohen Prüfungsanforderungen teilweise auch überfordert.
Neben seiner Lehrtätigkeit arbeitete Dieste zunächst als Bauingenieur im Staatsdienst: Im Ministerium für öffentliches Bauen des Staates Uruguay war er als Ingenieur von 1944 bis 1947 in der Abteilung für Straßenbau an verschiedenen Brückenbauprojekten beteiligt. Nahezu zeitgleich, von 1945 bis 1948, war Dieste auch als Direktor des technischen Bereichs der Architekturabteilung tätig.
In Zusammenarbeit mit unterschiedlichen bauausführenden Unternehmen und Firmen sammelte Dieste ebenfalls in dieser Zeit erste Arbeitserfahrungen mit privaten Bauherren. So entstand 1946 Diestes erste bewehrte Ziegelschale. Der Architekt Antoni Bonet Castellana (1913-1989) bat Dieste um Unterstützung bei der Verwirklichung des Wohnhauses Casa Berlingieri in Punta Ballena, Departamento Maldonado, Uruguay (siehe Abb. 2.04). Dieste konnte Castellana gegen dessen eigentlicher Idee eines niedrigen Stahlbetontonnengewölbes, welches er ähnlich zuvor schon einmal in Argentinien realisiert hatte, von einer leichten und sparsamen Ziegelkonstruktion überzeugen. Die dünne Schale wurde mit Bewehrungsstäben in den quer gerichteten Fugen zur Aufnahme veränderlicher Lasten versehen. Aus klimatischen Gründen wurden Luftkammern in Form von Hohlziegeln der Schale aufgesetzt (siehe Abb. 2.05).
1954 gründete Dieste in Montevideo mit seinem ehemaligen Kommilitonen Eugenio Montanez (1916-2001) das Planungsbüro und Bauunternehmen Dieste y Montanez, S.A., das in den folgenden Jahrzehnten mehr als 150 Projekte verwirklichte. Die ersten Jahre der Zusammenarbeit waren vor allem durch eine Abfolge experimenteller Bauten geprägt. Diese waren vom zunehmenden Ehrgeiz der Ingenieure geprägt und stellten daher jeweils einen Prototyp des nachfolgenden bzw. eine Weiterentwicklung des vorangegangenen Projektes mit schrittweise größeren Spannweiten dar (siehe Abb. 2.07).
Als das Büro ab 1960 immer bekannter und erfolgreicher wurde, nahmen Dieste und Montanez auch erste beratende Tätigkeiten im Nachbarland Brasilien wahr. Montanez zog daraufhin im Jahre 1970 nach Brasilien und verwirklichte dort diverse Projekte des Büros.
Die rasche Entwicklung und enorme Produktivität des Büros lassen sich u.a. auch auf die sich bestens ergänzenden Charaktere der beiden Verantwortlichen zurückführen. Während der Agnostiker Montanez, begabt in der Organisation der Arbeit, verantwortlich für die Entwicklung der Firma war, war der Katholik Dieste als begnadeter Ingenieur für die Lösungen der einzelnen Bauaufgaben zuständig. Montanez war Pragmatiker, Dieste war Idealist. Montanez war Antreiber der Projekte, Dieste Antreiber der Ideen. Montanez war Vermarkter und Wirtschafter, Dieste war Erfinder. Beide vervollständigten einander in ihrer Arbeit und benötigten zum gemeinsamen Erfolg einander.
Ein weiterer Grund für den großen Erfolg des gemeinsamen Büros lag in der hohen handwerklichen Ausführungsqualität der einzelnen Bauwerke. Diese wurde durch die langjährige Zusammenarbeit mit fachlich guten Handwerkern und Bauunternehmern sichergestellt; manche arbeiteten über 30 Jahre für Dieste y Montanez, S.A. Die Handwerker wurden von Dieste nicht nur wegen ihrer guten Ausbildung, sondern vor allem wegen ihrer Offenheit für seine alternativen und kreativen Ideen geschätzt. Aber auch die von Dieste eigens erfundenen Maschinen und Werkzeuge, die für den Einsatz und die Umsetzung seiner eigentümlichen Bauweise erforderlich waren, garantierten die hohe Ausführungsqualität trotz geringer Bauzeiten.
Im Jahre 1991 ging Montanez mit 75 Jahren in Ruhestand. Zwei Jahre darauf reiste Dieste nach Madrid, um im Heimatland seiner Familie Spanien einige wenige Kirchen sowie den „Camino de los Estudiantes“ (dt.: Weg der Studenten) an der Universitad de Alcala in der spanischen Hauptstadt zu planen.
1995 musste Dieste auf Grund einer schweren Krankheit nach Uruguay zurückkehren. Nach der Rückkehr aus Spanien war Dieste bis zu seinem Tode am 29. Juli 2000 als Berater ausschließlich von seinem Wohnhaus in Montevideo aus tätig.