Franz Anton Dischinger (1887 – 1953) Biografie
1887 | Am 08. Oktober als Sohn eines badischen Oberbaukontrolleurs in Heidelberg, Baden-Württemberg geboren. |
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1893 | Schulbesuch. 1907 erreichen des Abiturs an einem Gymnasium in Karlsruhe, Baden-Württemberg. |
1907 | Bis 1911 Studium des Bauingenieurwesens an der TH Karlsruhe, Baden-Württemberg. Abschluss-Examen (Dipl.-Ing.) mit Auszeichnung. |
1911 | Erste Anstellung bei der Firma Vollrath in Wesel, Nordrhein-Westfalen. Bis 1912. |
1912 | Freiwilliger beim 1. Bayrischen Fuß-Artillerie-Regiment München, Bayern für ein Jahr. |
1913 | Eintritt in die Firma Dyckerhoff & Widmann AG in Wiesbaden-Biebrich, Hessen. |
1914 | Einsatz als Frontsoldat im 1. Weltkrieg bis 1918. |
1918 | Firma Dyckerhoff & Widmann AG in Wiesbaden-Biebrich, Hessen. Dort tätig als Ingenieur und Konstrukteur im Tief- und Ingenieurbau, später Oberingenieur und zuletzt als Direktor bis 1933. |
1922 | Beginnende Zusammenarbeit mit Walther Bauersfeld (1879-1959) vom Carl Zeiss in Jena. Erste Auseinandersetzungen mit dem Stahlbeton-Schalenbau. |
1928 | Beginnende Zusammenarbeit mit Walther Bauersfeld (1879-1959) vom Carl Zeiss in Jena. Erste AuseinandePromotion zum Dr.-Ing. an der TH Dresden „mit Auszeichnung“ bei Kurt Beyer, Dresden, Sachsen.setzungen mit dem Stahlbeton-Schalenbau. |
1931 | 1. Preis der Preußischen Akademie für Bauwesen für seine Arbeit „Über die Entwicklungsmöglichkeiten im Bauwesen bei Anwendung der Schalenbauweise“. |
1932 | Berufung auf den Lehrstuhl für Eisenbetonbau der TH Berlin-Charlottenburg. |
1933 | Bis 1945 ordentlicher Professor für Eisenbetonbau an der TH Berlin-Charlottenburg. |
1938 | Auszeichnung mit der Edward-Longstreath-Medaille für Leistungen im Schalenbau durch das Franklin-Institut der Universität Philadelphia, USA. |
1940 | Verleihung der Emil-Mörsch-Gedenkmünze des Deutschen Beton-Vereins. |
1946 | Ordinarius für Stahlbetonbau an der TU Berlin bis 1951. |
1947 | Verleihung der Würde eines Ehrensenators der TU Darmstadt, Hessen. |
1948 | Verleihung der Würde eines Doktor-Ingenieur Ehren halber durch die TH Karlsruhe, Baden-Württemberg. |
1949 | Verleihung der Würde eines Doktor-Ingenieur Ehren halber durch die Rheinisch-Westfälische TH Aachen, Nordrhein-Westfalen. |
1952 | Verleihung der Ehrendoktor-Würde durch die TU Istanbul, Türkei. |
1953 | Am 09. Januar mit 65 Jahren als Ehrensenator der TU Berlin verstorben, Berlin. |
1953 | Gründung der Stiftung des Dischinger-Preises durch den Deutschen Beton-Verein. |
Franz Dischinger wurde am 08. Oktober 1987 als Sohn eines badischen Oberbaukontrolleurs in Heidelberg, Baden-Württemberg geboren. Die Kindheit verbrachte er in Karlsruhe, wo er auch die Schule besuchte. Dem Unterricht brachte er wenig Interesse entgegen, empfand es als persönliche Einengung. Dessen ungeachtet erlangte er 1907 das Abitur nach dem Besuch des Gymnasiums.
An der Technischen Hochschule Karlsruhe absolvierte er im Anschluss ein Studium des Bauingenieurwesens, dem er mehr Beachtung schenkte. Den Lebensunterhalt verdiente er sich zu dieser Zeit durch Nachhilfeunterricht und Repetitorien für Kommilitonen. Gleichzeitig eignete er sich damit ein breites Spektrum an fachlichen Grundlagen auf dem Gebiet des Bauingenieurwesens an. In der universitären Regelstudienzeit legte er 1911 das Abschluss-Examen zum Diplom-Ingenieur "mit Auszeichnung" ab.
Nach der Ausbildung erhielt er noch im gleichen Jahr seine erste Anstellung bei der Firma Vollrath in Wesel. Nach kurzer Ausübung des Berufes in dieser Firma, meldete er sich 1912 als einjähriger Freiwilliger beim 1. Bayrischen Fuß-Artillerie Regiment München. Der nachstehende Eintritt in die Firma Dyckerhoff & Widmann AG in Wiesbaden-Biebrich 1913, wo er sich vor allem mit Tiefbauaufgaben konfrontiert sah, wurde bereits im darauf folgenden Jahr durch den 1.Weltkrieg, in dem er vier Jahre als Frontsoldat diente und ihm dreimal eine Verwundung widerfuhr, unterbrochen.
1918 bis 1933 nahm Dischinger seine frühere Tätigkeit bei Dyckerhoff & Widmann wieder auf. Hier entwickelte er sich bis 1922 zum Fachmann für komplexe Druckluftgründungen, die bei der Rekonstruktion zerstörter Pfeiler von Brückentragwerken genutzt wurden. Tätig war er zudem als Ingenieur und Konstrukteur im Tief- und Ingenieurbau, später als Oberingenieur und zuletzt als Direktor des Unternehmens.
Den Ausgangspunkt für seine intensive Beschäftigung mit dem Schalenbau bildete die Begegnung mit Walther Bauersfeld (1879-1959). Dieser war seinerzeit als Leiter der Forschungsabteilung bei Carl Zeiss in Jena tätig und entwarf das Zeiss-Planetarium. Bauersfeld plante im Jahr 1922 einen leichten Kuppelbau zur Darstellung des Himmelsgewölbes zu errichten und konsultierte diesbezüglich Dischinger, welcher in jener Zeit bei Dyckerhoff & Widmann beschäftigt war. Zusammen entwickelten sie eine neuartige Lösung mit dem Konstruktionsprinzip einer stählernen Netzwerkkuppel.
Dabei handelte es sich um Knoten, so genannte Zeissknoten, von denen sternenförmig angeordnete Stahlstäbe abgingen, die wiederum mit angrenzenden Knoten verbunden wurden und so eine leichte, dennoch stabile Kuppel bildeten. 3840 Stäbe kamen bei dem Projekt zum Einsatz. Im Anschluss wurde das Stahlnetz mit einem Drahtgewebe umgeben und mittels Torkretieren, dem schichtenweisen Auftragen von Spritzbeton, zu einer Schale modelliert. Das Netzwerk hatte dabei ein Gewicht von nur 9 kg/ m². Dieses Konstruktionsprinzip bildete die Grundlage der später patentierten Zeiss-Dywidag-Schalenbauweise, mit der zahlreiche weitere Bauten in gemeinsamer Kooperation realisiert wurden.
Bereits während der Beschäftigung bei Dyckerhoff & Widmann gehörten zahlreiche theoretische Schriften und Abhandlungen zu Dischingers Aktivitäten. Die Forschungsarbeit begleitete ihn neben seinen Projekten - deutlich nachvollziehbar an der großen Sammlung seiner Veröffentlichungen - nahezu andauernd bis zu seinem Tod.
Dischinger intensivierte 1923/ 24 seine Arbeit darin, die gefundenen Lösungen für die Schalenbauweise ferner wissenschaftlich zu stützen. Das gestaltete sich für ihn zunächst schwierig, da er sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht mit der Schalentheorie und der Elastizitätstheorie auseinandergesetzt hatte. Sein spezielles Interesse lag zu dieser Zeit vornehmlich bei der Herstellung von doppelt gekrümmten Schalen auf einem Rechteckgrundriss. Mit der Erkenntnis, dass dafür die Nutzung des Zeiss-Netzwerkes für die Einrüstung, im Gegensatz zur traditionellen Holzschalung, wenig geeignet war, sah er vorerst davon ab und wendete sein Augenmerk auf die Entwicklung von einfach gekrümmten Zylinderschalen.
Zudem kam er zu der Erkenntnis, dass die doppelte Krümmung der Schalendächer für die Tragwirkung nicht bestimmend ist. Eine doppelte Tragwirkung wird vielmehr durch die Querversteifung einer zylindrischen Schale und durch Überhöhung der Querschnittskurve gegenüber der Stützlinie für Eigengewicht erreicht; so in Richtung des Gewölbes sowie rechtwinklig dazu. Insbesondere bei überhöhten Querschnittskurven mit vertikalen Endtangenten werden der gesamte im Scheitel erzeugte Schub, das Eigengewicht und die Lasten durch Trägerwirkung auf die Binder abgetragen und nicht durch Gewölbewirkung auf die Kämpfer.
In der Zeit von 1923 bis 1927 trat Dischinger in die Zusammenarbeit mit den Bauingenieuren Ulrich Finsterwalder (1897-1988) und Hubert Rüsch. Beide waren ebenfalls bei Dyckerhoff & Widmann beschäftigt und beeinflussten Dischingers Wirken nachhaltig. Durch diese Zusammenarbeit entstanden weitere Kuppeln und Tonnenschalen, aber auch Vieleckkuppeln, die ihre Anwendung insbesondere bei verschiedenen Großmarkthallen fanden.
Danach widmete sich Dischinger erneut der Planung von doppelt gekrümmten Schalen als Überdeckung rechteckiger Grundrisse. Diesbezüglich entstand 1931 in Wiesbaden eine Versuchsschale. Sie wurde zum tragwerkstechnischen Erfolg, denn ohne Rissbildungen konnte sie hohe Einzellasten aufnehmen.
Im Jahr 1928 promovierte Dischinger zum Doktor-Ingenieur an der Technischen Hochschule Dresden "mit Auszeichnung" bei Prof. Dr.-Ing. Kurt Beyer. Seine Dissertation behandelte das Thema "Die Theorie der Vieleckkuppeln und die Zusammenhänge mit den einbeschriebenen Rotationsschalen". Drei Jahre später erhielt er für seine Arbeit "Über die Entwicklungsmöglichkeiten im Bauwesen bei Anwendung der Schalenbauweise" den 1. Preis der Preußischen Akademie für Bauwesen. Das Preisgericht schätzte mitunter: "Der Verfasser handhabt die Theorie der Schalen mit ungewöhnlicher Gewandtheit, er besitzt eine entschiedene Gestaltungskraft für die Schaffung neuer Raumwirkungen und große praktische Erfahrungen in der Berechnung und Konstruktion der Schalen." [SPECHT 1987, S. XXIV]
1932 folgte er der Berufung auf den Lehrstuhl für Eisenbetonbau an der Technischen Hochschule Berlin-Charlottenburg, wo er vom 01. August 1933 bis 1945 als ordentlicher Professor bedienstet war. Während seiner Beschäftigung an der Hochschule gelang es ihm auf dem Gebiet des Schalenbaus weitere entscheidende Arbeiten zu leisten. Zudem behandelte er insbesondere die elastischen und plastischen Verformungen von Massivbauwerken und ferner die Entwicklung der Vorspanntechnik sowie der weitgespannten Brückentragwerke.
Beim Brückenbau galt Dischingers besonderes Interesse der Weiterentwicklung von weit gespannten und schlanken Tragwerken. Nachdem er vor allem Bogenbrücken mit Vorspannung konstruierte, wendete er sich verstärkt der Planung von Balkenbrücken mit großen Stützweiten und weit gespannten Stahlbeton-Fachwerkträgern zu. Während seiner letzten Etappe im Brückenbau widmete er seine Aufmerksamkeit den mit Schrägseilen ergänzten Hängebrücken.
Als richtungweisend gelten insbesondere die Saalebrücke Alsleben in Sachsen-Anhalt von 1928 als weltweit erste vorgespannte Bogenbrücke in Eisenbeton und die als Balkenbrücke konzipierte Bahnhofsbrücke in Aue in Sachsen von 1935-1937, konstruiert mit Vorspannung ohne Verbund.
Nach dem Zweiten Weltkrieg beschäftigte sich Dischinger insbesondere mit den Entwürfen moderner, weit gespannter Straßen- und Eisenbahnbrücken. Seine vorgespannten Bogenbrückenideen wiesen dabei Spannweiten von bis zu 300 m auf. Seine Hängebrücken spannten sogar bis zu 2'000 m.
Für seine Leistungen im Schalenbau wurde Dischinger 1938 neben Bauersfeld, Finsterwalder, Rüsch und Flügge mit der Edward-Longstreath-Medaille des Franklin-Instituts der Universität Philadelphia, USA ausgezeichnet. Zwei Jahre später erfuhr er eine Ehrung durch die Verleihung der Emil-Mörsch-Gedenkmünze des Deutschen Beton-Vereins.
Unter dem Namen Technische Universität Berlin wurde Berlins Hochschule nach Umbaumaßnahmen 1946 wiedereröffnet. Als Ordinarius für Stahlbetonbau lehrte und forschte Dischinger hier in den darauf folgenden fünf Jahren, wobei er 1949 die Betreuung seiner letzten Dissertation übernahm.
Die Würdigung seines Schaffens zeigt sich augenscheinlich in der vollständigen Titulierung des Bauingenieurs Prof. Dr.-Ing. E.h. Dr.-Ing. E.h. Dr.-Ing. h.c. Dr.-Ing. Franz Anton Dischinger. 1947 wurde ihm die Würde des Ehrensenators durch die Technische Universität Darmstadt verliehen. Im nachstehenden Jahr erhielt er die Auszeichnung der Würde eines Doktor-Ingenieur Ehren halber durch die Technische Hochschule Karlsruhe; ebenso 1949 durch die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen. Ein weiteres Mal wurde Dischinger die Ehrendoktor-Würde durch die Technische Universität Istanbul 1952 verliehen.
Die letzten Jahre vor Dischingers Emeritierung waren durch schwere Krankheit geprägt. Monate vor seinem Ableben stimmte eine Magenoperation noch positiv. Doch nach schwerer Lungenerkrankung verstarb Dischinger im Alter von 65 Jahren als Ehrensenator der Technischen Universität Berlin am 09. Januar 1953 in Berlin. Auf dem städtischen Waldfriedhof Dahlem (Steglitz-Zehlendorf) fand er seine letzte Ruhestätte. Noch im selben Jahr wurde in seinem Namen die Stiftung des Dischinger-Preises durch den Deutschen Beton-Verein gegründet. Dieser wird bis heut jährlich an einen Absolventen mit hervorragendem Abschluss im Vertiefungsbereich Stahlbetonbau der TU Berlin verliehen.