Isambard Kingdom Brunel (1806 – 1859) Brunels Projekte

Topografische Projektübersicht

Eine topografische Übersicht der Projekte Brunels ist hier als PDF-Dokument herunterladbar.

Tabellarische Übersichten

Eine Auswahl an Einzelprojekten
BauzeitProjektnameOrt
1824-1841ThemsetunnelLondon, England, UK
1831-1864Clifton-Suspension Bridge
(dt.: Clifton-Brücke)
Bristol (Avonschlucht), Grafschaft Bristol, England, UK
1831SternwarteLondon, England, UK
1835-1841Maidenhead Bridge 
(auch: Maidenhead-Railway-Bridge;
dt.: Maidenhead-Brücke)
Maidenhead, Berkshire, England, UK 
(Great Western Railway, London – Bristol)
1835Wharncliff ViaduktHanwell, London Boroughs, England, UK 
(Great Western Railway, London – Bristol)
1835-1845Hungerford Suspension BridgeLondon, England, UK
1836-1837SS Great WesternBristol, Grafschaft Bristol, England, UK/ London, England, UK
1836-1841Box Tunnel
(auch: Tunnel von Box)
Box (bei Corsham), Wiltshire, England, UK
(Great Western Railway, London – Bristol)
1839-1845SS Great BritainBristol, Grafschaft Bristol, England, UK/ London, England, UK
1841Station u. LokomotivwerkstättenSwindon, Wiltshire, England, UK
(Great Western Railway, London – Bristol)
1847-1848Versuche mit Druckluftantriebo.A.
1848-1859Royal Albert Bridge Saltash, Cornwall, England, UK 
(Cornwall Railway)
1849-1853Chepstow Bridge (dt.: Chepstow-Brücke, auch: Wye-Brücke bei Chepstow)Chepstow, Monmouthshire, Wales, UK
(Führt über den Fluss Wye. South Wales Railway)
1849-1854Paddington StationLondon, England, UK
(Great Western Railway, London – Bristol)
1852WassertürmeLondon/ Sydenham, England, UK
1853-1859SS Great EasternLondon/ Millwall (Isle of Dogs), England, UK 
(Fertigung)
1855Renkioi HospitalRenkioi (bei Çanakkale), Provinz Çanakkale, Türkei
Aufträge von Eisenbahngesellschaften (Bahnlinien)
BauzeitProjektnameOrt
1833-1841Great Western RailwayLondon, England, UK – Bristol, Grafschaft Bristol, England, UK
1835Cheltenham & Great 
Western Union Railway
Cheltenham, Gloucestershire, England, UK – Swindon, Wiltshire, England, UK
1835Bristol & Exeter RailwayBristol, Grafschaft Bristol, England, UK – Exeter, Devon, England, UK
1835-1844Bristol & Gloucester 
Railway
Bristol, Grafschaft Bristol, England, UK – Gloucester, Gloucestershire, England, UK
1841-1849South Devon RailwayExeter, Devon, England, UK – Plymouth, Devon, England, UK
1843-1851Oxford, Worcester & Wolverhampton RailwayOxford, Oxfordshire, England, UK – Worcester, Worcestershire, England, UK – Wolverhampton, England, UK
1844-1852South Wales RailwayGloucester, Gloucestershire, England, UK – Chepstow, Monmouthshire, Wales, UK – Cardiff, Wales, UK – Swansea, Wales, UK – Fishguard, Pembrokeshire, Wales, UK
1845-1863Cornwall RailwayPlymouth, Devon, England, UK – Falmouth, Cornwall, England, UK
1845West Cornwall RailwayTruro, Cornwall, England, UK – Redruth und Angarrack, Cornwall, England, UK – Penzance, Cornwall, England, UK

Kommentierte Projekte

Themsetunnel, London, England, UK, 1824-1841

Die Idee für eine Untertunnelung der Themse entstand bereits 1802. Im Jahre 1805 wurde dann die "Thames Archway Company" gegründet, welche Geld bereitstellte und das Projekt vorantrieb. Diverse Ingenieure scheiterten allerdings an der Aufgabe den ersten Tunnel unter einem Flusslauf zu erbauen. 1824 übernahm Marc Brunel die Aufgabe als Tunnelingenieur. Die von ihm entwickelten "tunneling-shields" versprachen diese Aufgabe erfolgreich zu bewältigen. Am 02.03.1824 erfolgte die Grundsteinlegung durch Marc Brunel und seinem Sohn Isambard Kingdom Brunel.

Trotz zahlreicher Gutachten und Voruntersuchungen wurden die Bauarbeiten durch Wassereinbrüche und Treibsand erschwert. Krankheiten und Unfälle machten sowohl den Arbeitern als auch den Ingenieuren zu schaffen. Beim schwersten Wassereinbruch am 12.01.1828 waren sogar sechs Tote zu beklagen. Isambard Kingdom Brunel wurde dabei schwer verletzt. Nach Schuldzuweisungen und Anfeindungen seitens der Auftraggeber und der Öffentlichkeit legte Marc Brunel den Posten als Tunnelingenieur nieder und die Arbeiten wurden eingestellt. Am 18.08.1841 konnte der Tunnel doch noch fertig gestellt werden (siehe Abb. 3.03). Die feierliche Eröffnung fand im März 1843 statt. Für seine Verdienste am Bau des Themse-Tunnels wurde Marc Brunel zum Ritter geschlagen.

Clifton-Suspension Bridge, Bristol (Avonschlucht), Grafschaft Bristol, England, UK, 1831-1864

1830 wurde der Wettbewerb für eine Brücke über die Avonschlucht in der Nähe von Bristol, Grafschaft Bristol, England, UK ausgeschrieben. Isambard Kingdom Brunel beteiligte sich mit vier Entwürfen. Er entwickelte Hängebrücken, deren Spannweite zwischen 870 ft und 916 ft schwankten. Mit diesen stellte er alle bisher gebauten Hängebrücken in den Schatten. Die längste bis dahin existierende Hängebrücke wurde von Thomas Telford (1757-1834) erbaut und hatte eine Spannweite von 600 ft. Aufgrund der kühnen Entwürfe wurde eben jener Telford als Gutachter für den Wettbewerb hinzugezogen. Er erklärte, dass eine Spannweite über 600 ft nicht möglich sei. Daraufhin wurde ihm der Auftrag zum Bau der Brücke erteilt.

Isambard Kingdom Brunel beschwerte sich über diese Vorgehensweise. Daraufhin wurde im Oktober 1830 entschieden, den Wettbewerb erneut auszuloben. An diesem nahmen sowohl Thomas Telford (1757-1834) als auch Brunel teil. Isambard Kingdom Brunel überarbeitete seinen Entwurf und reduzierte die Spannweite auf 630 ft (ca. 192 m). Telford schied bereits in der ersten Runde des Wettbewerbs aus und Brunel erhielt den Auftrag.

Am 21.06.1831 begannen die Bauarbeiten an den Brückenpylonen (siehe Abb. 3.04). Wenig später, am 29.10.1831 wurden die Arbeiten aufgrund von politischen Unruhen in Bristol jedoch wieder eingestellt. Erst 5 Jahre später, am 27.08.1836, begann der Bauprozess wieder. Aufgrund von finanziellen Engpässen verzögerten sich die Arbeiten an der Brücke des Weiteren und so konnte Brunel die Fertigstellung des Projektes leider nicht mehr erleben.

Clifton-Suspension Bridge. Brunels Entwürfe

Die Wettbewerbszeichnungen zur Clifton-Suspension Bridge, dt.: Clifton-Brücke, von Isambard Kingdom Brunel erinnern eher an Kunst als an ein Ingenieurbauwerk (siehe Abb. 3.05 und 3.06). Anhand dieser Arbeiten ist leicht nachvollziehbar, dass es Brunel nicht nur um die Ingenieursleistungen, sondern auch um die Ausgestaltung und die Einbettung in die Landschaft seiner Bauwerke ging.

Brunel kannte die Gegend um die Avonschlucht bereits durch seinen Kuraufenthalt nach dem Unfall im Themsetunnel. Er hatte in dieser Zeit zahlreiche Zeichnungen der Umgebung angefertigt. Isambard Kingdom Brunel wählte die Form der Hängebrücke, da durch diese Form der Konstruktion es möglich war, die Avonschlucht zu überspannen, ohne dabei Pfeiler oder Pylone in das Flussbett stellen zu müssen. Dies war, seiner Meinung nach, die beste gestalterische Lösung. 

Er favorisierte den Entwurf mit einer Spannweite von 916 ft. Trotz dieser gewaltigen Weite konnten die Pylone relativ klein gehalten werden, da es möglich war, die Brücke in den Felsen rückzuverankern (siehe Abb. 3.04). Im Vorfeld seiner Entwürfe untersuchte Brunel verschiedene Hängebrücken. Darunter waren auch jene von Thomas Telford (1757-1834). Er analysierte Einsturzursachen und konstruktive Möglichkeiten. Des Weiteren konsultierte er den Ingenieur Henry Maudslay (1771-1831), welcher schon eng mit seinem Vater zusammengearbeitet hatte.

Great Western Railway, London, England, UK – Bristol, Grafschaft Bristol, England, UK, 1833-1841

Die Vormachtstellung Bristols als Handels- und Hafenstadt wurde am Anfang des 19. Jh. durch Liverpool, Merseyside, England, UK bedroht. Dies lag zum einen daran, dass das Hafenbecken von Bristol nicht für die immer größer werdenden Handelsschiffe geeignet war, und zum anderen an der unzureichenden Infrastruktur. Das Eisenbahnwesen veränderte England. Nach den Tumulten von 1831 wurde das erste reformierte Parlament in England gewählt. Der darauf folgende Aufschwung konnte von Geschäftsleuten aus Bristol genutzt werden. Sie entwickelten die Idee einer Bahnlinie zwischen Bristol und London.

In einem Wettbewerb sollten verschiedene Ingenieure aufgefordert werden, eine geeignete Strecke ausfindig zu machen und einen Kostenvoranschlag vorzulegen. Brunel hielt diese Herangehensweise für falsch, da dadurch viel Geld für die Voruntersuchungen durch mehrere Gutachter verwendet werden müsste. Folgend wurde Isambard Kingdom Brunel zum Ingenieur der Bristol Railway Company ernannt.

In London fand am 27.08.1832 das erste Treffen der Akteure statt, bei dem Brunel seine Vorschläge für die Streckenführung und den Kostenvoranschlag vorstellte. Die Eisenbahntrecke erhielt einen neuen Namen - "Great Western Railway" - und war in ihren Ausmaßen die bis dahin längste. Das Projekt wurde daher von vielen als größenwahnsinnig belächelt. Im gleichen Jahr eröffnete Brunel sein Büro in London.

Nach der Ablehnung des Eisenbahn-Projekts im Jahr 1834 passierte es am 10.06.1835 doch das "House of Lords". 1836 begannen die Bauarbeiten. Neuentwicklungen in der Schienenverlegetechnik führten zu dem "war of gauges" (s.u.). Am 04.06.1838 wurde das erste Teilstück zwischen Paddington und Taplow eröffnet. Drei Jahre später konnte die Strecke London – Bristol durchgehend befahren werden. Die Strecke bestach nicht nur durch herausragende Ingenieursleistungen, sondern auch durch die Gestaltung der zugehörenden Anlagen und Bauwerke (siehe Abb. 3.07 und 3.08). Brunel beschäftigte sich neben der Realisierung der Streckenführung ebenfalls mit der Neuentwicklung von Lokomotiven (s.u.).

Great Western Railway. War of Gauges

Das englische Eisenbahnwesen steckte noch in den Kinderschuhen, als Isambard Kingdom Brunel die Strecke London – Bristol plante. Es hatte sich jedoch bereits ein Standartmaß für den Schienenabstand (Narrow-Gauge) durchgesetzt. Die so genannte Normalspur betrug 4 ft 8 1/2 inch (1435 mm) und war von den Kohlewagen aus dem Tagebau übernommen worden. Die Schienen wurden bisher auf aufgeschichteten Steinen verlegt. Es gab keine Querverbindungen. So konnte sich eine Schiene stärker senken als die andere. Dies hatte eine ungleichmäßige und holprige Fahrt der Wagen zur Folge.

Die von Brunel entwickelten Techniken sollten das Reisen mit der Bahn bequemer und schneller machen. Die Schienen wurden auf quer zur Fahrtrichtung liegenden Bohlen verlegt (siehe Abb. 3.09). Durch die Verbindung der beiden Schienenstränge wurde die Belastung besser verteilt und die Fahrt wurde ruhiger. Des Weiteren vergrößerte Brunel den Abstand der Schienen auf 7 ft (2140 mm; Broad-Gauge). Er fand dieses Maß für den Personenverkehr auf langen, geraden Strecken geeigneter. Zudem sollten größere Räder den Reibungswiderstand verringern und die Verlagerung des Schwerpunktes nach unten für eine größere Stabilität sorgen.

Durch die Veränderung des Schienenabstandes kam es an den Schnittstellen mit anderen Bahnunternehmen zu Schwierigkeiten. Am 09.07.1845 wurde eine königliche Kommission eingesetzt, welche die Streitfrage entscheiden sollte. Brunel selbst schlug ein Wettrennen vor, welches von den Braod-Gauge-Lokomotiven gewonnen werden konnte. Trotzdem entschied sich die Kommission für das Narrow-Gauge-System, denn es war bereits wesentlich weiter ausgebaut. Eine Umstellung des gesamten Schienensystems wäre viel zu kostspielig geworden.

Great Western Railway. Lokomotivbau

Bei der Eröffnung der ersten Teilstrecke der Great Western Railway zwischen London/ Paddington und Maidenhead/ Taplow, Berkshire, England, UK im Jahr 1838 blieben die Lokomotiven weit hinter den Erwartungen zurück. Sie waren weder schneller, noch war ihr Fahrverhalten ruhiger. Außerdem waren sie extrem schwach und kamen kaum in Fahrt. Dies lag vor allem an der unnötigen Reduzierung der Kolbengeschwindigkeit und des Gewichtes. 

Der technische Fehlschlag der Lokomotiven gab Brunels Gegnern die Möglichkeit ihn und das von ihm entwickelte Broad-Gauge-System anzufeinden. Rufe nach einem zweiten Ingenieur wurden laut. Die Leitung der Great Western Railway beauftragte daraufhin den Ingenieur Wood mit einem Gutachten. 

Währenddessen engagierte Brunel den Lokomotivingenieur Daniel Gooch (1816-1889, siehe Abb. 3.10) und kaufte die "Northern Star", welche für das Broad-Gauge-System umgebaut wurde. Des Weiteren erzielten Brunel und Gooch eine entscheidende Leistungsverbesserung der Lok durch Veränderungen am Schornstein. Nach einer Probefahrt am 09.01.1839 waren die Direktoren der Great Western Railway so beeindruckt, dass sie Brunel als einzigen Ingenieur der Company bestätigen. Auch wurden nun weitere Lokomotiven entwickelt und gebaut, deren Konstruktion auf den an der „Northern Star“ gewonnenen Erkenntnissen beruhten.

Great Western Railway. Bahnlandschaft

Zur Verwirklichung der Strecke London – Bristol (Great Western Railway) waren neben der Verlegung der Schienen auch andere Ingenieursleistungen wie Tunnel- und Brückenbauten notwendig. Zu den Herausragendsten gehörten die Maidenhead Bridge (auch: Maidenhead-Railway-Bridge; dt.: Maidenhead-Brücke) und der Tunnel in Box (bei Corsham). Die Maidenhead Bridge in Maidenhead, Berkshire, England, UK, gebaut zwischen 1835 und 1841, wies einen äußerst flach gemauerten Bogen auf (siehe Abb. 3.11). Viele Kritiker Brunels dachten daher lange Zeit, dass dieses Bauwerk unter Belastung einstürzen würde. Der Tunnel in Box (bei Corsham), Wiltshire, England, UK, aus den Jahren 1836 bis 1841, zeichnete sich durch ein starkes Gefälle und eine bisher nicht dagewesene Länge (2,6 km) aus (siehe Abb. 3.12). Es gab zahlreiche Gutachten, die sich gegen ein solches Projekt aussprachen. Dennoch begannen die Arbeiten im Jahr 1836. Um das Projekt zügig abzuschließen, ließ Brunel von beiden Seiten des Berges graben. Mit der Eröffnung des Tunnels 1841 war die Strecke London – Bristol vollständig.

Neben den Ingenieurbauwerken schuf Brunel eine vollständige Bahnlandschaft. Er entwarf Bahnhöfe, Signaltafeln und Schranken. In dem von ihm angelegten "Commonplace Book" sammelte er alles, was nützlich für das Projekt sein konnte; von Konstruktionsarten über Regenwasserstudien bis zu Grassamenarten. Skizzen von Tunneleinfahrten, Brücken und Viadukten zeigen, dass Brunel als Ingenieur aber auch als Künstler an seine Projekte heranging. So war beispielsweise eine Tunneleinfahrt für ihn nicht nur ein Loch im Felsen, sondern auch das Tor zu der dahinter liegenden Stadt und wurde somit entsprechend gestaltet.

SS Great Western, Bristol, Grafschaft Bristol, England, UK/ London, England, UK, 1836-1837

1835 hatte Brunel die Idee ein Dampfschiff für den Transatlantikdienst zu entwickeln. Bislang gab es keine Schiffe, die die gesamte Distanz allein mit Dampfkraft überwinden konnten. Dies lag daran, dass die Schiffe nicht über genügend Lagerkapazitäten verfügten, um ausreichend Kohle mitführen zu können. Isambard K. Brunel sah die Lösung des Problems, entgegen der Meinung seines Vaters, in der Erhöhung der Abmaße eines Schiffes.

1836 überzeugte er die Verantwortlichen der Great Western Railway in den Transatlantikdienst einzusteigen und die "Great Western Steamship Company" (GWS) wurde gegründet. Der Transport über den Atlantik wurde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert zu einem lukrativen Geschäft, da die Zahl der Auswanderer durch Industrialisierung und Hungersnöte ständig anstieg (siehe Abb. 3.13). 

Brunel wurde mit dem Bau eines Dampfschiffes beauftragt. Am 26.07.1836 wurde die SS Great Western in Bristol auf Kiel gelegt (siehe Abb. 3.14). Die Konstruktion der Great Western war vergleichsweise konventionell. Das Schiff hatte einen eisenverstärkten Holzrumpf und sollte durch zwei, seitliche Schaufelräder angetrieben werden. Ungewöhnlich waren dagegen die technischen Daten, die alle bisherigen Dampfschiffe übertrafen. Das Schiff wurde bereits am 19.07.1837 zu Wasser gelassen und nach London überführt. Dort wurde es mit den notwendigen Maschinen ausgestattet. 

Am 31.03.1838 startete die Great Western ihre erste Fahrt von London nach Bristol, um dort das Rennen um den Postdienst nach Amerika aufzunehmen. Für diesen bewarben sich drei weitere Gesellschaften, u. a. die "British American Steamship Company" (BAS). Noch auf der Themse entstand ein Brand im Maschinenraum, bei dessen Löschversuchen Brunel verletzt wurde und an Land gebracht werden musste. Aufgrund des Zwischenfalls konnte die Great Western erst vier Tage nach dem Konkurrenzschiff der BAS, die Sirius, am 08.04.1838 nach New York, USA auslaufen. Nach 15 Tagen erreichte sie, am selben Tag wie die Sirius, New York und gewann so das Rennen unter dem Jubel der New Yorker Bevölkerung. Im Jahr 1847 wurde die Great Western verkauft. Bis 1856 leistete sie ihren Dienst in Indien.

Technische Daten der SS Great Western

Länge71,9 m
Breite10,8 m
Tiefgang7,1 m
Tonnage1'340 Brt
Geschwindigkeit8,75 Knoten
Antrieb2 Schaufelräder
Maschinen2 x 375 PS (Maudslay, Sons & Field)
SS Great Britain, Bristol, Grafschaft Bristol, England, UK/ London, England, UK, 1839-1845

Immer auf der Spur nach neuen Technologien machte sich Brunel bereits 1838 Gedanken über ein Schiff aus Eisen. Bisher fuhren Eisenschiffe nur auf kleineren Gewässern, so auch die Rainbow, ein Frachtschiff, das den Ärmelkanal befuhr. Brunel ließ das Schiff untersuchen, als es im selben Jahr von Bristol, England, UK nach Antwerpen, Flandern, Belgien fuhr. Die Great Western Steamship Co. entschied darauf ihr nächstes Schiff ebenfalls aus Eisen zu bauen.

In einem Trockendock in Bristol begannen 1839 die Arbeiten an einem Raddampfer, dessen Abmessungen denen der Great Western deutlich übertrafen. Dem Material entsprechend, entwickelte Brunel eine neue Bauweise. Durchlaufende Eisenträger bildeten mit der Außenhaut und dem eisernen Deck einen steifen Kasten. Dieser war in Querrichtung in sechs und in Längsrichtung in zwei wasserdichte Abteilungen unterteilt.

Eine weitere technische Neuerung war der Schraubenantrieb, den Brunel erforschte und für effektiv hielt. 1840 überzeugte er die Gesellschaft die im Bau befindliche Great Britain für den Schraubenantrieb umzubauen (siehe Abb. 3.15 und 3.16). Hierzu mussten auch die Pläne für die Maschinen völlig überarbeitet werden. Da für den Schraubenantrieb höhere Drehzahlen erforderlich waren, entwickelte Brunel ein Getriebe aus Zahnketten mit einer Übersetzung von 1:3.

Begleitet von einem großen Volksfest verließ die Great Britain am 19.07.1843 erstmals das Dock. Prinz Consort wurde dazu auf einem eigens umgebauten Zug nach Bristol gefahren. Daniel Gooch (1816-1889) steuerte diesen Zug, begleitet von Brunel auf dem Trittbrett.

Die Überführung zum Ausrüster nach London war mit Schwierigkeiten verbunden, da die Hafenschleusen in Bristol zu klein waren. Am 26.08.1845 fuhr die Great Britain schließlich als erstes Eisenschiff mit Schraubenantrieb über den Atlantik. Sie erreichte New York in 14 Tagen und 21 Stunden. Ihre Karriere erreichte allerdings bereits 1848 in der Dundrum Bay ihr vorläufiges Ende. Sie lief am 29.09. vor der irischen Küste auf Grund.

Die technischen Daten der SS Great Britain

Länge98 m
Breite15,4 m
Tonnage3'270 Brt
Geschwindigkeit11 Knoten
Antrieb1 Schraube
Maschinen1'014 PS
Royal Albert Bridge, Saltash, Cornwall, England, UK, 1848-1859

Von der Cornwall Railway Company bekam Isambard Kingdom Brunel 1848 den Auftrag, die Eisenbahnstrecke von Plymouth, Devon, England, UK nach Falmouth, Cornwall, England, UK zu bauen. Dabei musste der westlich von Plymouth gelegene Fluss Tamar überwunden werden. Erste Überlegungen bestanden darin, den Fluss mittels einer Eisenbahnfähre zu überwinden. Problematisch war dabei, dass der Tamar eine starke Strömung besaß und von den Gezeiten betroffen war. Des Weiteren verlief der Fluss in einem tief eingeschnittenen Tal, das ebenfalls überwunden werden musste. Brunels Streckenführung sah die Querung des Flusses bei Saltash, Cornwall, England, UK vor. Der Tamar war hier 330 m breit. Brunel stellte mehrere Brückenentwürfe vor. Sie unterschieden sich vor allem in der Anzahl ihrer Bögen. Schließlich entschieden sich die Verantwortlichen für eine Brücke mit zwei Bögen von jeweils 140 m Länge, bei der nur ein Pfeiler im Fluss errichtet werden musste (siehe Abb. 3.17 und 3.20).

Die Gründung der Fundamente war das größte Problem. Sie mussten unter den Sandschichten auf dem Felsuntergrund stehen. Das war 25 m unterhalb der Wasserlinie. Um den Untergrund zu untersuchen, ließ Brunel 1848 einen Eisenzylinder im Fluss versenken. Nachdem dieser ausgepumpt war, konnten anschließend auf dem Grund Probebohrungen vorgenommen werden. Zur Kostensenkung schlug Brunel vor, die Brücke nur eingleisig zu realisieren. Für den Bau der Fundamente des zentralen Pfeilers entwickelte er eine Methode, die er aus dem Tunnelschild abgeleitet hatte. 1854 wurde auf den Grund des Flusses ein Eisenzylinder abgesenkt, der sich in einem zweiten Zylinder befand. Der Zwischenraum stand unter Überdruck, sodass kein Wasser eindringen konnte. Im inneren Zylinder begannen die Arbeiter dann die Fundamente für den Pfeiler zu mauern. Nach zwei Jahren konnten die Arbeiten am Fundament abgeschlossen werden.

Das Konstruktionsprinzip der Brücke unterschied sich kaum von der Chepstow Bridge in Chepstow, Monmouthshire, Wales. Das Oberrohr und die Zugketten waren so geformt, dass sie an den Enden direkt zusammentrafen und einen linsenförmigen Träger ergaben. An diesem wurde die Fahrbahn angehängt. Das Oberrohr hatte einen ovalen Querschnitt, sodass die seitlichen Stäbe senkrecht angebracht werden konnten (siehe Abb. 3.18). Die Kettenglieder der Brücke wurden von der Clifton-Suspension Bridge erworben, deren Bau aus finanziellem Gründen stillstand und erst 1860 fortgesetzt wurde.

Die beiden Brückenelemente wurden am Ufer des Tamar zusammengebaut und einzeln auf Pontons eingeschifft. Eigens für dieses komplizierte Manöver entwickelte Brunel ein Signalsystem mit Flaggen. Am 01.09.1857 wurde so die erste Hälfte der Brücke in Position gebracht. Hydraulische Pressen hoben die Linsenträger stückweise an und die Pfeiler konnten darunter etappenweise errichtet werden. Der mittlere, im Fluss stehende Pfeiler wurde in vier einzelne Eisenzylinder aufgeteilt, sodass jeder Linsenträger auf zwei Zylinder lagerte. Die äußeren Pfeiler am Flussufer wurden hingegen mit Mauerwerk realisiert. Als der erste linsenförmige Träger der Brücke sich in der endgültigen Lage befand, wurde mit dem Zweiten ebenso verfahren. Auf diese Weise konnte der Schiffsverkehr trotz Bauarbeiten weiterhin die Tamar passieren (siehe Abb. 3.17 und 3.19).

Am 02.05.1859 wurde die Brücke und so die gesamte Cornwall Railway mit einem großen Volksfest eröffnet. Isambard Brunel war nicht dabei, als Prinz Albert (1819-1861) die Brücke für den Verkehr freigab (siehe Abb. 3.20). Von Krankheit geschwächt, wurde er wenige Tage später auf einem eigens umgebauten Eisenbahnwagen über die Brücke gefahren.

Chepstow Bridge, Chepstow, Monmouthshire, Wales, UK, 1849-1853

Im Jahr 1844 bekam Brunel von der South Wales Railway Co. den Auftrag, eine Eisenbahnstrecke von Gloucester, Gloucestershire, England, UK über Swansea nach Fishguard, Pembrokeshire, Wales, UK zu bauen. Die 211 Meilen lange Strecke durch Wales sollte als Breitspurbahn gebaut werden. Die größte Herausforderung auf dieser Strecke war der Fluss Wye, der bei Chepstow überquert werden musste. 

Bei den bisherigen Eisenbahnstrecken hatte Brunel die Brücken überwiegend aus Holz gebaut. Dabei entwickelte er eine eigene Bauweise, die er perfektionierte und immer wieder verwendete, so auch beim Liskeard Viadukt in der englischen Grafschaft Cornwall (siehe Abb. 3.21). Eine Holzkonstruktion kam für die Wye-Brücke, wie sie auch genannt wurde, nicht in Betracht, da die Admiralität für die Schifffahrt eine Durchfahrtshöhe von ca. 30 m forderte. Die Spannweite der Brücke sollte etwa 90 m betragen. Brunel entschied sich für eine Konstruktion aus Schmiedeeisen, dessen Verwendung er bereits bei der Britannia-Brücke seines Freundes Robert Stephenson (1803-1859) beobachten konnte.

Brunel machte es sich zu Nutze, dass ein Rohr höhere Druckkräfte aufnehmen kann als ein Stab. Die beiden Hauptelemente der Brücke bestanden aus einem eisernen Rohr, etwa 3 m im Durchmesser, welches mittig 15 m über der Gleisebene verlief. Die unteren Träger nahmen die Zugkräfte auf und bildeten die Gleisebene. Die Elemente wurden vormontiert, auf Pontons in Position gebracht und mit speziellen Seilwinden auf die Lager gehievt. Die Brücke war zur einen Seite auf dem Felsen des Steilufers gelagert. Auf der anderen Seite wurde sie von eisernen Rundstützen getragen (siehe Abb. 3.22).

SS Great Eastern, London/ Millwall (Isle of Dogs), England, UK, 1853-1859

Die Reichweite der Schiffe beschäftigte Isambard K. Brunel auch weiterhin. Er stellte Berechnungen an, wie groß ein Dampfer sein müsste, dass er nach Australien oder Indien und zurück fahren konnte, ohne zwischendurch Kohle zu bunkern. Das Ergebnis war ein Schiff von ca. 200 m Länge, welches 21’000 t Kohle mitführen konnte (siehe Abb. 3.23). Begeistert von dieser Idee, stellte John Scott Russel (1808-1882), Konstrukteur und Eigner einer Werft in Millwall, den Entwurf der 1851 gegründeten Eastern Steam Navigation Co. vor. 1853 erhielten Russel und Brunel den Auftrag zum Bau des "großen Schiffes" und 1854 wurde bereits in den Docks von London/ Millwall mit dem Bau begonnen (siehe Abb. 3.24).

Nicht die gewaltigen Abmessungen des Schiffes sondern dessen Antrieb war erst einmal die größte technische Herausforderung. Die Kräfte, die nötig waren, konnten nicht mit einer einzigen Schraube bewältigt werden. Der Mehrschraubenantrieb war allerdings noch nicht erprobt und erschien selbst Brunel zu gewagt. Er entschied sich deshalb für einen Antrieb mit einer Schraube und zwei Schaufelrädern. Wie die SS Great Britain wurde der Rumpf aus genieteten Eisenplatten gefertigt. Die Konstruktion sah eine doppelte Außenhaut aus einzelnen Zellen vor. Im Inneren wurde der Rumpf durch wasserfeste Schotts in Längs- u. Querrichtung ausgesteift. 

Brunel entwickelte immer wieder neue Methoden, um die Konstruktion des Schiffs leichter und stabiler zu gestalten. Methoden, die sich kaum von der Bauweise heutiger Schiffe unterscheiden. Dabei geriet er ständig in Konflikte mit John Scott Russel, die er meist für sich entscheiden konnte; u. a. schrieb er: "I found for instance an unnecessary introduction of a filling piece or strip such as is frequently used in shipbuilding to avoid bending angle irons - made a slight alteration in the disposition of the plates that rendered this unnecessary and found that we thus saved 40 tons weight of iron, or say £ 1,200 of money cost!" [ROLT 1989, S. 315]

Die technischen Daten der SS Great Eastern

Länge211 m
Breite36 m
Tiefgang9,15 m
Tonnage1'8915 Brt
Geschwindigkeit14 Knoten
Antrieb1 Schraube, 2 Schaufelräder
Maschinen1'622 PS (Schraube), 2 x 2'000 PS (Schaufelräder)

SS Great Eastern. Der Stapellauf

Da es kein Trockendock ausreichender Größe gab, wurde die Great Eastern auf einer Querhelling gebaut und musste traditionell vom Stapel gelassen werden (Die Helling ist der eigentliche Bauplatz eines Schiffes in einer Werft.). Auf Druck der Gläubiger sicherte Brunel den Stapellauf am 03.11.1857 zu, obwohl er mit den Vorbereitungen noch nicht fertig war. Auf zwei Schlitten sollte das Schiff langsam ins Wasser gleiten und bei der nächsten Flut schwimmen. Angeschoben wurde es von hydraulischen Pressen. Die Geschwindigkeit des Zu-Wasser-Lassens sollte durch zwei große Seilwinden, mit riesigen Ketten ausgestattet, regulieret werden. 

Eine gigantische Menschenmenge kam an diesem Tag auf die Isle of Docks, London/ Millwall, um dieses Spektakel zu beobachten. Dreitausend Eintrittskarten wurden als die besten Plätze verkauft. Brunel missfiel dieses öffentliche Spektakel, denn er brauchte Ruhe, dass sein Signalsystem funktionierte. Dieses hatte er kurz vorher für den Bau der Royal Albert Bridge entwickelt.

Statt langsam zu gleiten, geriet das gewaltige Schiff plötzlich unkontrolliert in Bewegung. Es blieb dann aber stecken und bewegte sich nicht weiter. Erst Wochen später, nachdem weitere Pressen installiert wurden, konnte die Great Eastern langsam Zentimeterweise bewegt werden. Am 31.01.1858 schwamm der Riese endlich in der Themse (siehe Abb. 3.25). 

Als Brunel im November aus der Schweiz zurückkam, lag das Schiff unverändert da. Die Eastern Steamship Co. konnte das Geld zur Ausrüstung des Schiffes nicht mehr aufbringen und musste Bankrott anmelden. Eine neue Gesellschaft wurde gegründet, die Great Ship Co., welche die Great Eastern erwarb und Brunel mit der Ausrüstung beauftragte. 

Zu ihrer ersten Fahrt brach die SS Great Eastern am 07.09.1859 auf. Doch schon im Ärmelkanal kam es zum nächsten Unglück des Schiffs. Nach einem Bedienungsfehler explodierte einer der vorderen Kessel (siehe Abb. 3.26). Ein weiterer Rückschlag in der unglücklichen Geschichte der Great Eastern, der I.K. Brunel auf dem Sterbebett erreichte.

SS Great Eastern. Eine unglückliche Geschichte

Die Great Eastern wurde nach dem Unglück zur südenglischen Küstenstadt Weymouth, Dorset gebracht und dort repariert. Die Kessel wurden erneuert und der prunkvolle Salon wieder hergestellt. Die zweite Jungfernfahrt begann am 17.06.1860 mit dem Ziel New York, USA. Das Schiff sollte jetzt nicht mehr nach Australien sondern im Liniendienst über den Atlantik eingesetzt werden. Die Nachfrage war allerdings bescheiden. 1861 fuhren nur 100 Passagiere nach Amerika. Das britische Kriegsministerium charterte daraufhin die Great Eastern, um Truppen in den amerikanischen Bürgerkrieg nach Kanada zu transportieren.

Als das Schiff am 10.11.1861 wieder mit Zivilisten nach Amerika auslief, geriet sie kurz darauf in einen schweren Sturm. Dabei wurden viele Passagiere verletzt und ein großer Teil der Innenausstattung zerstört. Die Pechsträhne nahm am 27.08.1862 ihren Lauf, als das Schiff Bodenberührung hatte. Es wurde später ein großer Riss in der äußeren Hülle festgestellt, dessen Reparatur die Gesellschaft erneut ruinierte. Der Amerikaner Cyrus Fields ersteigerte das Schiff und Daniel Gooch (1816-1889) baute es als Kabelleger für die Telegraph Construction Co. um. Es war die wirtschaftlich erfolgreichste Zeit des Schiffes (siehe Abb. 3.27). 

1867 wurde anlässlich der Pariser Weltausstellung eine Gesellschaft gegründet, die die Great Eastern erneut als Passagierschiff mit 3’000 Plätzen umbauen ließ. Damit sollten die Besucher zwischen Amerika und Europa befördert werden. Einer von 191 Passagieren, die am 26.03.1867 von Liverpool nach New York ausliefen, war Jules Verne. Der technikbegeisterte Schriftsteller verewigte diese Fahrt in dem Buch "Die schwimmende Stadt" (s.u.). Henry Bath & Sons ersteigerten das Schiff 1888, um es letztendlich abzuwracken und zu verwerten.

SS Great Eastern. Jules Verne – Die schwimmende Stadt

"Am 18. März des Jahres 1867 kam ich in Liverpool an, um mich dort auf dem Great-Eastern, der in einigen Tagen nach New York abfahren sollte, als Passagier einzuschiffen. Ich wollte auf diesem riesenhaften Dampfer, zu keinem anderen Zweck als meinem speziellen Vergnügen, eine Tour über den Atlantischen Ozean machen. Nebenbei hatte ich dann auch die Absicht, dem nördlichen Amerika, diesem von Cooper so sehr gefeierten Lande, einen Besuch abzustatten; aber das war, wie gesagt, nicht der eigentliche Zweck meiner Reise; in erster Linie gedachte ich dem größten Meisterwerk der Schiffsbaukunst, dem Great-Eastern, mein Interesse zuzuwenden. Man kann diesen Dampfer kaum noch ein Schiff nennen; es ist wohl mehr eine schwimmende Stadt, ein Stück Grafschaft, das sich von englischen Boden loslöst, um nach einer Fahrt über das Meer mit dem amerikanischen Festland zusammenzuwachsen. (...)"

"(...) Die Maschinen des Great-Eastern werden mit Recht als Meisterwerke, fast fühle ich mich verführt zu sagen, "als Meisterwerke der Uhrmacherkunst", angesehen. Es gibt nichts, das staunenswerter wäre, als dieses enorme Räderwerk mit der Präzision und Ruhe einer Uhr arbeiten zu sehen. Die nominelle Kraft der Schaufelrad-Maschine ist gleich tausend Pferdekraft; sie besteht aus vier paarweise nebeneinander gestellten Zylindern von einem Durchmesser von zwei Metern sechsundzwanzig Zentimetern, welche Zylinder vier Meter siebenundzwanzig Zentimeter Hublänge vermittelt ihrer direkt auf die Kurbelstangen gefügten Kolben entwickeln. (...)"

"(...) Dieses "Engine-Paddle" geht wirklich mit majestätischer Ruhe; sein Exenter, von der liegenden Welle fortgerissen, scheint sich wie ein Ballon in die Luft zu erheben. Er kann zwölf Radumdrehungen auf die Minute machen, und steht in eigentümlichen Kontrast mit der raschen, wütenderen Schraubenmaschine, die mit 1600 Pferdekraft arbeitet. (...)"

Auszüge aus: „Die schwimmende Stadt“ [VERNE]
Das Original erschien 1870 unter dem Titel „Une Ville Flottante“ in der Reihe „Voyages Extraordinaires“ (siehe Abb. 3.28).

Jules Verne (1828-1905) beschreibt in der Erzählung seine Reise auf der Great Eastern nach der Pariser Weltausstellung im Jahre 1867.

Renkioi Hospital, Renkioi (bei Çanakkale), Provinz Çanakkale, Türkei, 1855

1853 trat Großbritannien in den Krimkrieg gegen Russland ein und schickte zusammen mit den Franzosen Truppen zum Schwarzen Meer. Auch die SS Great Britain wurde als Truppentransporter eingesetzt. 

Im Januar 1855 wurde, durch den harten Winter und Cholera, der Gesundheitszustand der Truppen so katastrophal, dass sich mehr als die Hälfte der britischen Soldaten im Lazarett befanden. In dem in Scutari (Griechischer Name für Üsküdar, einem heutigen Stadtteil Istanbuls auf der asiatischen Seite des Bosporus.) gelegenen, einzigen britischen Lazarett herrschten schlimme hygienische Zustände. Die Krankenschwester Florence Nightingale (1820-1910) war es, die sich für die Versorgung der 12’000 Verwundeten einsetzte und die Zustände anprangerte. Die Regierung reagierte, indem sie eine Sanitätskommission in die Türkei schickte. Für Florence Nightingale war der Abgeordnete Benjamin Hawes, Sekretär im Kriegsministerium, einer der Hauptverantwortlichen für die Situation. Hawes war gleichzeitig der Schwager von Brunel und der einzige Politiker, den Brunel achtete.

Hawes bat am 18.02.1855 in einem Brief Brunel um Hilfe. Er fragte ihn, ob er ein transportables Hospital entwerfen könnte. Das Hospital sollte in England vorgefertigt und anschließend per Schiff zum Schwarzen Meer transportiert werden. Dort angekommen, sollte es vor Ort aufgebaut werden. Brunel sagte sofort zu und machte bereits sechs Tage später einen Vertrag zum Bau eines Hospitals mit 1’000 Betten. 

Sein Entwurf bestand aus Häusern, die jeweils eigenständig funktionierten und in zwei Einheiten unterteilt waren. Pro Einheit standen 24 Betten zur Verfügung. Sie waren darüber hinaus mit einem Schwesternzimmer und eigene Sanitäreinrichtungen inklusive Wasserklosetts ausgestattet. Vorgesehen war auch ein Belüftungssystem mit Ventilatoren, mit welchem auch geheizt wurde.

Innerhalb von fünf Monaten wurde das Hospital entworfen, gebaut und verschifft (siehe Abb. 3.29 und 3.30). Ab dem 07.05. erreichten die ersten Teile des Krankenhauses Renkioi. Die Aufbauarbeiten vorort dauerten bis zum 12.07. Ab dem Tage konnten die ersten Patienten aufgenommen werden. In der kurzen Zeit, bis zum Ende des Krieges, wurden dort etwa 1’500 Soldaten versorgt, von denen nur 50 starben. Tragisch war, dass der späte Einsatz des Hospitals tausenden Männern das Leben kostete.

Renkioi Hospital. Eckdaten zum Krimkrieg und Brunels mobilem Hospital

JahrEreignis
1853Beginn des Krimkrieges.
1854Belagerung der Stadt Sewastopol auf der Halbinsel Krim, heutige Ukraine durch Franzosen und Briten.
1855Der britische Politiker Hawes bat am 18.02. Brunel um den Entwurf eines mobilen Lazaretts. Bereits sechs Tage später war der Entwurf fertig. Am 07.05. erreichten die ersten Komponenten des Lazaretts den Ort Renkioi an der türkischen Meerenge Dardanellen. Ungefähr 2 Monate nachdem begann der Betrieb des Hospitals.
1856Der Krimkrieg wurde durch den „Frieden von Paris“ beendet.