Robert Maillart (1872 – 1940) Biografie
1872 | Geburt von Robert Maillart als fünftes Kind von Edmond Maillart und Bertha Maillart-Küpfer am 6. Februar in Bern, Kanton Bern, Schweiz. |
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1875 | Schulbesuch in Bern bis 1889 (siehe Abb. 2.03). Abschluss mit der Matura (= Abitur). |
1889 | Bewerbung am Eidgenössischen Polytechnikum in Zürich, Kanton Zürich, Schweiz. Ablehnung aufgrund des vorgeschriebenen Mindestalters. |
1889 | Ausweichend Besuch der Uhrmacherfachklasse in Genf, Kanton Genf, Schweiz bis 1890. |
1890 | Bis 1894 Studium am Eidgenössischen Polytechnikum, der heutigen Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH), in Zürich. Neben Othmar Hermann Ammann (1879-1965) |
1894 | Erste Anstellung im Büro Pümpin & Herzog in Bern bis 1896. |
1897 | Bis 1899 Anstellung im Tiefbauamt in Zürich. Während dieser Zeit Projektierung und Realisierung der Stauffacherbrücke (Überquerung des Sihl), Zürich, Kanton Zürich, Schweiz. |
1899 | Zweijährige Anstellung im Unternehmen Froté & Westermann, Zürich. Hier Arbeit an der Innbrücke in Zuoz, Kanton Graubünden, Schweiz. |
1901 | Kennenlernen seiner zukünftigen Ehefrau Maria Ronconi in Zuoz, Schweiz (Abb. 2.04). Verlobungsfeier bereits im Herbst. |
1901 | Hochzeit von Robert Maillart und Maria Ronconi in Bern. |
1902 | Niederlassung des Ehepaares Maillart in Zürich. |
1902 | Gründung von Maillart & Cie in Zürich mit Max von Müller und Adolf Zarn als Partner. |
1903 | Geburt des ersten Sohnes Edmond. |
1904 | Teilnahme am Wettbewerbsentwurf zur Utobrücke in Zürich. Kein wirklicher Erfolg beim Wettbewerb aber Gewinn an Beachtung seiner Arbeit in der Schweiz und im Ausland. |
1906 | Geburt der Tochter Marie-Claire. |
1909 | Geburt des zweiten Sohnes René. |
1911 | Lehrauftrag von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich für das Fach Eisenbetonbau. |
1912 | Sich einstellender internationaler Erfolg des Bauunternehmens Maillart & Cie nach den ersten Bauwerken mit Pilzdecken. |
1914 | Sommerurlaub der Familie Maillart in Riga, Lettland (damals Russisches Reich). |
1914 | Verlängerung des Russlandaufenthalts wegen Ausbruch des Ersten Weltkrieges. |
1915 | Aufgrund der sich verschiebenden Kriegsfront Flucht der Familie Maillart nach St. Petersburg, Russland und später nach Charkow (russ.; urkain.: Charkiw), Oblast Charkiw, Ukraine (damals Russisches Reich). Robert Maillart weiterhin Arbeit als Bauingenieur und Unternehmer. |
1916 | Nach längerer Krankheit Ableben von Maria Maillart-Ronconi (vermutlich in Charkow, Ukraine (damals Russisches Reich)). |
1918 | Im Anschluss der Oktoberrevolution Rückkehr von Russland in die Schweiz. |
1919 | Rückkehr nach Genf und Gründung eines eigenen beratenden Ingenieurbüros. |
1921 | Verstärkte Beschäftigung Maillarts mit theoretischen Problemen aufgrund der schlechten Auftragslage in den ersten Jahren des neuen Büros. Entstehung einiger Publikationen. |
1924 | Eröffnung von Zweigniederlassungen des Büros in Bern und Zürich wegen der ansteigenden Auftragslage seines Büros. |
1936 | Schwere Verletzung Maillarts bei einem Verkehrsunfall. Folgeschäden bleiben. |
1937 | Neben Eugène Freyssinet Verleihung der Ehrenmitgliedschaft vom „Royal Institute of British Architects. Mit Maillart erstmals Verleihung an einen Ingenieur. |
1940 | Verleihung der Ehrenmitgliedschaft bei der Fachgruppe für Brücken- und Hochbau durch den „Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein“. |
1940 | Tod Maillarts am 5. April in Genf. |
Robert Maillart
Der Schweizer Robert Maillart, geboren am 6. Februar 1872 in Bern, Kanton Bern, gilt heute als einer der einflussreichen Bauingenieure des 20. Jahrhunderts, die die Beziehungen zwischen Konstruktion und Form neu zu bestimmen suchten (Abb. 2.03). Er spezialisierte sich auf das damals neue Material Eisenbeton und schuf richtungsweisende Brücken und Hochbauten. Als er 1894 das Studium an dem Eidgenössischen Polytechnikum, der heutigen Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH), in Zürich, Kanton Zürich, Schweiz als ein Schüler von Karl Wilhelm Ritter (1847-1906. Ebenfalls Lehrer von O.H. Ammann (1879-1965), der die von Carl Wilhelm Culmann (1821-1881) entwickelte “Graphische Statik” lehrte, abschloss, verfügte er über eine der besten theoretischen Ausbildungen seiner Zeit.
Der junge Bauingenieur
Unmittelbar nach seinem Abschluss arbeitete Maillart für das Ingenieurbüro Pümpin & Herzog in Bern. Bereits zu diesem Zeitpunkt assistierte er bei diversen Entwürfen kleinerer Brücken. Darauf folgte 1897 eine zweijährige Anstellung im Tiefbauamt in Zürich. Maillart entwarf in dieser Zeit die Stauffacherbrücke über die Sihl in Zürich, welche mit dem Ende seines Staatsdienstes fast beendet war. 1899 wechselte Maillart zum Büro Froté & Westermann, welches auf Eisenbetonbauten spezialisiert war. In diesem Büro erhielt Maillart die Möglichkeit 1901 an der Innbrücke bei Zuoz, Kanton Graubünden, Schweiz zu arbeiten. Sein Brückenentwurf wurde noch im Laufe des Jahres realisiert.
Neue private und berufliche Perspektiven
Während eines Aufenthalts in Zuoz im Jahre 1901 lernte Robert Maillart zufällig die Italienerin Maria Ronconi kennen, die er noch im gleichen Jahr heiratete (Abb. 2.04). Aus der Ehe mit ihr entsprangen drei Kinder: Edmond (*1903), Marie-Claire (*1904) und René (*1909). Die junge Familie ließ sich 1902 in Zürich nieder. Im gleichen Jahr gründete Robert Maillart mit Max von Müller und Adolf Zarn als Partner die Baufirma “Maillart & Cie”. Spezialisiert auf Eisenbetonbauwerke nahm die Firma hauptsächlich an Ausschreibungen für Brücken teil. Um allerdings eine gewisse rentable Auftragslage zu erhalten, begann man im Bauunternehmen auch Hochbauten zu entwickeln. Als Beispiele seien hier eine Tuchfabrik und ein Mostereigebäude, beide in Wädenswil, Kanton Zürich, Schweiz in den Jahren 1905 und 1906 gebaut, sowie der Musikpavillon Bürklianlagen von 1908 in Zürich genannt. Maillarts größte Errungenschaft auf dem Gebiet des Hochbaus war zweifelsohne die unterzugslose Decke, die auch Pilzdecke genannt wird, welche er 1908 patentieren ließ . Den ersten Auftrag für die unterzuglose Deckenkonstruktion erhielt Maillart aber erst 1910 von der Mangili Lagerhausgesellschaft AG für das Züricher Lagerhaus Giesshübel. Es folgte 1912 das Filtergebäude in Rorschach (auch „Filteranlage im Riet“ genannt). Beide Gebäude existieren noch heute.
Das erste große Projekt Maillarts mit der Baufirma “Maillart & Cie” war allerdings eine Brücke, die Tavanasabrücke über den Rhein aus dem Jahre 1905. Durch die konsequente Formsprache der modernen Konstruktion gemäß den Möglichkeiten des neuen Baustoffes erregte die Brücke viel Aufmerksamkeit und Widerwillen.
Neben seiner praktischen Tätigkeit begann Robert Maillart zu schreiben. Bereits im Mai 1901 wurde der Artikel „Das Hennebique System und seine Anwendung“ in der „Schweizerischen Bauzeitung“ abgedruckt.
Anerkennungen seiner Arbeit und Tragödien
Durch seine vielfältigen Aktivitäten erhielt Maillart einen Lehrauftrag an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich, doch konnte er seiner Lehrtätigkeit nur sehr sporadisch folgen. Das Pilzdeckensystem machte die kleine Firma international bekannt und es folgten zahlreiche Aufträge im Ausland. Während sich Maillart und seine Familie im Sommer 1914 in Riga, Lettland (damals Russisches Reich) aufhielten, brach der Erste Weltkrieg aus und zwang sie, ihren Aufenthalt zu verlängern. Aufgrund der vorrückenden Kriegsfront änderte die Familie Maillart mehrmals ihren Wohnsitz. 1915 zog man zuerst nach St. Petersburg und anschließend nach Charkow, Ukraine (damals Russisches Reich). Das Unglück verfolgte Robert Maillart weiter. Im Jahr 1916 verstarb Maria Maillart-Ronconi nach schwerer Krankheit. Dem Kriegsende 1918 ging die russische Oktoberrevolution voraus. Maillart verlor dabei all sein Geld, das er in eine Graphitmine vorher investierte.
Zurück in der Schweiz
Gezeichnet von den Kriegswirren, ohne Ehefrau und völlig Mittellos verließ Maillart 1918 mit seinen drei Kindern Russland und kehrte in die Schweiz zurück. Nur durch die finanzielle Unterstützung seiner Familie konnte Maillart 1919 ein eigenes Ingenieurbüro in Genf gründen. Wegen der durch den Krieg verursachten finanziellen Situation war die Auftragslage allerdings sehr angespannt. Maillart begann sich daraufhin wieder mehr dem Theoretischen zu widmen und publizierte einige Artikel. Doch bald drehte sich das Blatt und Maillart erhielt eine Vielzahl von Aufträgen. Als Folge sah er sich sogar gezwungen, 1924 Zweigniederlassungen in Bern und Zürich zu gründen. Ab 1925 wurde der private Autoverkehr im Schweizer Kanton Graubünden erlaubt. Sicherlich bedingte dies Maillarts Auftragslage zusätzlich positiv. Von nun an pendelte der Bauingenieur in jeder Woche zwischen seinen Büros in Genf, Bern und Zürich (Abb. 2.05). Fast bezeichnend folgte 1936 ein weiteres Unglück. Bei einem Verkehrsunfall erlitt Maillart schwere Verletzungen, von denen er sich nie mehr vollständig erholen sollte. Robert Maillart starb im Alter von 68 Jahren am 5. April 1940 in Genf.