Max Mengeringhausen (1903 – 1988) Projekte Mengeringhausens/ Firma MERO-TSK.

Bei den meisten Bauwerken, die in der MERO-Bauweise errichtet wurden, hat Mengeringhausen nicht als Objektplaner mitgewirkt. Deswegen ist es schwierig, seinem Schaffen bestimmte Projekte konkret zuzuordnen. Er entwickelte das technische Prinzip, mit dem das Raumfachwerk montiert werden konnte. Darüber hinaus untersuchte er räumliche Strukturen, welche besonders günstig für die statische Stabilität des Bauwerks sind, und entwickelte daraus verschiedene Strukturprinzipien. Diese bezeichnete er selbst als Regeltypen von Raumfachwerken. Das Raumfachwerk der Halle der „Stadt von morgen“ von 1957 ist ein Beispiel, welches nach einem solchen Regeltypus erbaut wurde. Bei der Konzertkuppel von Osaka (1970) trug er als Konstrukteur zur Errichtung dieses Bauwerkes bei. Die Konzertkuppel ist so wie die Stadionüberdachung von 1979 in Split, Gespanschaft Split-Dalmatien, Kroatien eines der ersten Raumfachwerke, welches aufgrund seiner geometrischen Komplexität mittels computergestützter Rechenmethoden statisch analysiert wurde (siehe Abb. 2.08).

In der nachfolgenden Tabelle und durch die ausgewählten Beispiele sollen sowohl Projekte, die in der Zeit entstanden, als Mengeringhausen als Firmenleiter von MERO tätig war, wie auch Bauten, die nach seinem Ausscheiden im Jahre 1984 entstanden, vorgestellt werden. Hierdurch soll für den Leser eine kleine Übersicht geschaffen werden, mit derer ersichtlich wird, wo die MERO-Bauweise bisher Verwendung fand und welche Entwicklung sie in den vergangenen Dekaden nahm. Die aufgeführte Liste zählt nur einen Bruchteil der Projekte auf, die mit einem Raumfachwerk in MERO-Bauweise umgesetzt wurden. Trotz der Vielzahl an Literaturen über Mengeringhausen bzw. sein Werk bleibt eine umfangreiche Liste an Bauwerken, in denen MERO-Stäbe und -Knoten bisher Verwendung fanden, noch immer ein Desiderat der Forschung (siehe verwendete und weitere Literatur). Neuere bzw. aktuelle Projekte der heute sogenannten Firma „MERO-TSK International GmbH & Co. KG Würzburg“ können auf der Firmenwebseite recherchiert werden.

Eine tabellarische Übersicht
BauzeitProjektbezeichnungOrtWeitere Informationen
1957Halle der „Stadt von morgen“ für die Interbau
(siehe Abb. 3.04-3.05 und 3.09-3.10)
Berlin, Bundesland Berlin, Deutschland[GÖSSEL/ LEUTHÄUSER 2005, S. 453; KURRER 2004b, S. 92-93]
1965Haltestation der Ausstellungsbahn bei der „Internationalen Verkehrs-Ausstellung München 1965“
(siehe Abb. 4.11)
München, Bayern, Deutschland[MENGERINGHAUSEN 1975, S. 39]
1966Messepavillon „Salon Antiquaries“
(siehe Abb. 4.10)
Paris, Region Île-de-France, Frankreich[MENGERINGHAUSEN 1975, S. 39]
1970Auditorium des Deutschen Pavillons auf der EXPO
(siehe Abb. 3.11-3.15)
Osaka, Präfektur Osaka, Japan1970 ist das Jahr der Fertigstellung. Das Datum des Planungsbeginns ist den Autorinnen unbekannt.
[KURRER 2004b, S. 92-93]
1971Pavillon der Firma Siemens auf der Deutschen Industrieausstellung
(siehe Abb. 4.09)
São Paulo, Bundestaat São Paulo, Brasilien[KURRER 2004b, S. 90 und 92]
1979Stadionüberdachung
(siehe Abb. 2.08)
Split, Gespanschaft Split-Dalmatien, Kroatien (damals: Jugoslawien)200 m weit überspannende Überdachung der Stadiontribüne in Schalenform.
[KURRER 2004b, S. 92-93]
1987-1989Globe ArenaStockholm, Provinz Stockholms län, Schweden[LANNERS o.J.]
2000Eden ProjektCornwall (bei St Austell), England, UK[LANNERS o.J.]
2005Neues Messegelände und KongresszentrumRho-Pero, Provinz Mailand, Region Lombardei, Italien2005 ist das Jahr der Fertigstellung. Das Datum des Planungsbeginns ist den Autorinnen unbekannt.
[REDECKE 2004, S. 40]
2008ENEL Aluminium KuppelRom, Region Latium, Italien[KNEBEL/ WAHL/ MALOBLOCKI 2008]
2008Ferrari Experience CenterYas Island, Abu Dhabi, Vereinigte Arabische Emirate2008 ist das Jahr des Baubeginns.
[KNEBEL/ WAHL/ MALOBLOCKI 2008]

Projekte Mengeringhausens/ Firma MERO-TSK. Ausgewählte Projekte

Halle der „Stadt von morgen“, Berlin, Bundesland Berlin, Deutschland, 1957

Planungsbeteiligte: 

  • Karl Otto (1904-1975): Entwurf
  • Günter Günschel: MERO-Konstruktion
  • Frei Otto (*1925): Dachkonstruktion

Mit dem Ausstellungsgebäude „Halle der Stadt von morgen“ für die Interbau (Internationale Bauausstellung) Berlin gelang es Max Mengeringhausen zu beweisen, dass das MERO-System nicht nur technisch und ökonomisch praktisch ist, sondern auch eine vielfältige Gestaltung ermöglicht. Infolge erlangte die MERO-Bauweise zu nationaler und internationaler Anerkennung.

„Die Stadt von morgen“ war ein wesentliches Thema der Interbau von 1957. Das Hansaviertel in Berlin wurde während des Zweiten Weltkrieges weitläufig zerstört. Zum Wiederaufbau beteiligten sich Architekten aus aller Welt mit neuen Ideen und Entwürfen. Eines der Hauptanliegen an das damalige Planen und Bauen war, nicht nur neuen Wohn- sondern auch Freiraum zu schaffen, in welchem die Menschen ihre Freizeit sinnvoll gestalten konnten [KÜHNE 1957, S. 762-764]. Zusammen mit Karl Otto (1904-1975), Architekt und Direktor der Hochschule für Bildende Künste in Berlin, und Günter Günschel entwarf Mengeringhausen einen räumlichen Trägerrost, welcher eine Fläche von 52 x 100 Metern überspannte. Das Raumfachwerk wurde mit einer dünnen, polyurethanbeschichteten Baumwollmembran verkleidet. Polyurethane sind je nach Herstellung Schaumkunststoffe oder Kunstharze. Im Zusammenhang mit einem Baumwolltuch sind sie als Kunstharze aufgrund ihrer Alterungsbeständigkeit und Haftung sehr gut als Beschichtungsstoff geeignet [SCHOLZ/ HIESE/ MÖHRING 2011, S. 706-707]. Die Dachverkleidung diente als Regen- und Sonnenschutz der von Karl Otto gestalteten Ausstellung „Stadt von morgen“. Die Idee für die zeltartige Dachhaut stammte von dem Architekten Frei Otto (*1925). Die Membran wurde vorgespannt und passend zum Raumfachwerk mit Erhebungen und Tälern versehen, was der Entwässerung diente (siehe Abb. 3.05).

Geometrisch betrachtet, bestand das Raumfachwerk der Halle aus Halboktaedern und Tetraedern (siehe Abb. 3.06) und gehörte damit zu den Regeltypen bzw. den regelmäßigen Raumfachwerken, welche Mengeringhausen entwickelt hat. Diese Regeltypen setzen sich grundlegend aus Platonischen Körpern zusammen. Für den Trägerrost wurden ausschließlich Normstäbe mit einer Länge von zwei Metern sowie MERO-Normknoten der Gewindegröße M20 verwendet. Dabei schließen die Raumdiagonalen der Halboktaeder bzw. Tetraeder unter einem Winkel von 45° an die Knoten an (siehe Abb. 3.07- 3.08). Die Lasten aus dem Raumfachwerk wurden auf insgesamt 18 eingespannte Stahlbetonstützen mit einem Abstand von je 16 m bzw. 20 m übertragen [MENGERINGHAUSEN 1975, S. 129]. Zur Ausbildung des Stützenauflagers schlossen jeweils vier MERO-Stäbe an die Stützenköpfe an. Entlang der kurzen Seiten der Halle wurden drei Stützen mit einem Achsmaß von 20 Metern angeordnet. Diese bildeten jeweils den Anfang bzw. das Ende einer Stützenreihe mit je 6 Stützen, wobei diese größtenteils 16 m voneinander entfernt angeordnet wurden. Zwischen dem zweiten und dritten Stützentripel wurde jedoch ein vergleichsweise großer Stützenabstand von 28 m gewählt, denn in diesem Bereich befand sich eine nach oben geöffnete Grünzone, welche den Übergang zwischen den beiden Hauptbereichen der Ausstellungshalle herstellte (siehe Abb. 3.09). In dem kleineren, seitlich geschlossenen Teil wurde die Wohnausstellung aufgebaut. In dem größeren Bereich der Gesamthalle wurde das Hauptthema der Ausstellung die „Stadt von morgen“ untergebracht. Die zwei Einzelhallenkomplexe wurden an beiden Seiten mit jeweils einer Reihe aus Halboktaedern bzw. Tetraedern zu einem Gesamtdach miteinander verbunden (siehe Abb. 3.10) [WAGNER-CONZELMANN 2007, S.97-101]. Das hier geschaffene Raumfachwerk war hochgradig statisch unbestimmt. Bis Anfang der 70er Jahre wurden solche Tragwerke z.B. mithilfe des Differenzenverfahrens händisch berechnet. Diese Herangehensweise galt als Vorstufe für die Finite-Elemente-Methode (FEM) [KURRER 2004 A, S. 619]. FEM ist ein gängiges Rechenverfahren im heutigen Ingenieurwesen und wird seit den 70er Jahren auch zur statischen Erfassung nicht planer Raumfachwerke wie bspw. dem Auditorium des Deutschen Pavillons auf der EXPO 1970 in Osaka angewendet (siehe unten).

Auditorium des Deutschen Pavillons auf der Expo, Osaka, Präfektur Osaka, Japan, 1970

Planungsbeteiligte: 

  • Fritz Bornemann (1912-2007): Architekt
  • Karlheinz Stockhausen (1928-2007): Musik/ Akustik
  • Elektronisches Studio der TU Berlin: Akustik
  • Max Mengeringhausen: Konstruktion der Kuppel 
  • Helmut Eberlein (MERO): Konstruktion der Kuppel/ Konstruktion und Ausführung
  • Helmut Emde (MERO): Konstruktion der Kuppel/ Netz-Geometrie
  • Richard Schardt (MERO): Konstruktion der Kuppel/ Statik

Mit dem Auditorium des deutschen Pavillons in Osaka war es erstmalig gelungen, einen kugelförmigen Konzertsaal zu bauen [FÖLLMER o.J.]. Das gemeinsame Konzept von dem Musiker Karlheinz Stockhausen, dem Elektronischem Studio der TU Berlin und dem Architekten Fritz Bornemann war es, ein Auditorium als elektroakustisches Studio zu errichten, in dem die Musik den Raum umhüllt. Sie wollten damit einer möglichen Beeinträchtigung der Tonqualität von elektronischer Musik entgegenwirken. Laut Stockhausen konnten diese Anforderungen durch einen kugelförmigen Raum erfüllt werden. Raummittig wurde eine Plattform für die Zuhörer positioniert, sodass diese die Musik aus allen Richtungen hören konnten. Dies sollte durch die Anordnung der Lautsprecher an der inneren Schale der Kuppel ermöglicht werden.

Die Tragkonstruktion der Kuppel entsprach einem zweilagigen MERO-Raumfachwerk. Die äußere Ebene wurde durch mehrschalige Platten, welche sich aus dreieckigen Grundelementen zusammensetzten, gebildet. Zwischen zwei phenolharzverleimten Spanplatten waren schallschluckende Platten angeordnet, um die Luftschalldämmung zu erhöhen. Die innere Ebene des Raumfachwerkes blieb sichtbar (siehe Abb. 3.15). Bereits das Fachwerk allein verminderte die Nachhallzeit, wodurch die Echowirkung in dem Raum abgeschwächt und die raumakustischen Eigenschaften verbessert wurden. Unter der sogenannten Nachhallzeit versteht man ein Maß für das Zeitintervall, in dem die Lautstärke um 60 dB abnimmt.

Im höchsten gemessenen Punkt war die Kuppelkonstruktion 25 m hoch. Der äußere Kugeldurchmesser betrug dazu 30 m. Die Kugelradien der inneren und äußeren Ebene betrugen 13,5 m (ri) und 15 m (ra). MERO-Knoten und -Stäbe wurden mit der Gewindegröße M20 ausgebildet. Das Raumfachwerk bildete „in der äußeren Schale eine Reihung von fast gleichseitigen Dreiecken und in der inneren Schale eine Reihung von Sechsecken und Dreiecken“ [MENGERINGHAUSEN/ STOCKHAUSEN/ BORNEMANN 1970, S. 1493]. Das Außennetz bestand aus 1530 Stäben, das Innennetz aus 712. Beide Netze wurden durch 1035 Diagonalstäbe und Radialstäbe schubsteif miteinander verbunden. Die Gesamtzahl der Knotenstücke betrug 905. Zur Verkleidung des Raumfachwerks wurden 880 Dreieckselemente sowie die phenolharzverleimten Spanplatten benötigt. Die gleiche Länge der Mehrheit der eingebauten Stäbe innerhalb einer Schale entsprach den Voraussetzungen der Massenproduktion. Die maximale Stablänge betrug 2,35 m in der Außenschale und 2,0 m in der Innenschale. Die Fußpunkte des MERO-Fachwerks wurden in einem Betonträger unverschieblich verankert. Der Lastabtrag aus der Kuppel erfolgte auf diese Weise unmittelbar. Die Kräfte wurden von dem Betonträger weiter in den Baugrund abgeleitet (siehe Abb. 3.13-3.14).

[MENGERINGHAUSEN / STOCKHAUSEN / BORNEMANN 1970, S. 1492-1495]

Neues Messegelände und Kongresszentrum, Rho-Pero, Provinz Mailand, Region Lombardei, Italien, 2005

Planungsbeteiligte: 
Massimiliano Fuksas (*1944): Architekt
MERO TSK: Geometrie, Konstruktion, Ausführung (Stahlfertigung und Montage)

Vergleichbar mit dem Gebirgszug der Alpen erhebt sich das 1,2 km lange Dach der mittleren Ost-West-Passage, welches die Hallen des neuen Messezentrums von Mailand in Rho-Pero miteinander verknüpft [KNEBEL 2004, S. 42]. Es ist eines der zahlreichen Bespiele, welches die Leistungsfähigkeit heutiger Ingenieurbauwerke in der Raumfachwerkbauweise beweist. Das MERO-System wird dafür nach wie vor als ein bisher unübertroffenes System angewandt. Das Dach spannt über den 30 Meter breiten Mittelgang und verbindet die verschiedenen Ausstellungshallen miteinander. Es besteht aus Verbundsicherheitsglas und wird durch Rohrstützen getragen. In diesen Stützen wurde ein nicht sichtbares System zur Niederschlagsentwässerung integriert. Entsprechend der Anordnung der „Berge und Täler“ haben sich die Planer verschiedene Entwässerungspunkte überlegt. Die Höhe des Daches schwankt zwischen 16 und 26 Metern. An einigen Stellen sinkt das Tragwerk jedoch sogar bis auf Fundamenthöhe ab. Im Mailänder Volksmund vergleicht man die Dachform auch mit einer Seenlandschaft. Deswegen trägt dieses wohl auch den Namen „Vela“ (dt.: Segel, Segeln) [KNEBEL 2004, S. 42]. Der südöstliche Eingangsbereich ist in einer anderen Konstruktionsart errichtet und unterscheidet sich damit von dem restlichen Ingenieurbauwerk. Zwei 37 Meter hohe, trichterförmige „Vulkane“ sind über ihren unteren kreisförmigen Abschlüssen auf die umliegende Dachkonstruktion gelagert. Die Grundgeometrie jedoch ist für das gesamte Bauwerk gleich gestaltet. Es besteht aus einem rhombenartigen Gitternetz, welches durch diagonale Auskreuzung nochmals in ein Dreiecksraster unterteilt ist. Die kleineren dreieckigen Segmente ermöglichen die Gesamtkrümmung des Raumfachwerks. Insgesamt besteht das Tragwerk aus 16‘000 Knoten und 41‘000 Stäben. Die Aussteifung des Bauwerks gegen Horizontallasten wird durch eingespannte Stützen gewährleistet.