Bildkulturen ökologischer Forschung

Wir interessieren uns in diesem Projekt für Visualisierungsstrategien ökologischer Forschung und für die Veränderungen von Bildern beim Transfer von Wissenschaft in Gesellschaft – und zurück. Abhängig vom historischen, kulturellen oder methodischen Kontext werden je andere visuelle Bilder von Natur generiert und verteidigt. Diese Bilder repräsentieren jeweils verschiedene metaphysische Vorstellungen und epistemische Modelle, sie unterscheiden sich in Bildtechnik, -strategie und -inszenierung. Ökologische Forschung kann, so meinen wir, als ein Kartierungsprogramm von Naturvorstellungen unterschiedlicher wissenschaftlicher, nationaler, philosophischer und geographischer Kulturen gelesen werden. Ob ein Naturstück als schützenswert gilt, als eine kapitalisierbare Ressource, als unzuverlässig und gefährlich oder kontemplativ erfahrbar, ist wesentlich vom kulturellen Umfeld abhängig und damit, in unserer Wissensgesellschaft, von visuellen und begrifflichen Repräsentationen der Wissenschaft.

In der bisher wenig beachteten disziplinären Paarung von Wissenschaftsforschung und Medienwissenschaft sehen wir einen wichtigen innovativen Aspekt des Projektes. Aus medienwissenschaftlicher Perspektive ist die Verwendung der Medien Fotografie und Film auf zweifache Weise von Interesse: Speziell in der Ökologie, weil Fotografie und Film entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung der Praktiken und Theorien hatten. In der Geschichte der Medien, weil hier im Kontext bestimmter Forschungspraktiken neuartige mediale Techniken entwickelt wurden. Auch bei der Popularisierung des ökologischen Wissens, vor allem seiner massenmedialen Verbreitung, spielen Bildtransfers eine zentrale Rolle. In diesem Projekt wollen wir der Genese und technischen Herstellung nachspüren, sowie dem erkenntnistheoretischen Status von Bildern – dies ist der direkte Anschluss an wissenschaftsphilosophische Fragen.

Ziel des Projektes ist also, die Bildkulturen ökologischer Forschung zu kartieren, womit ganz buchstäblich die Verbindung von geographischen Daten mit Bildern gemeint ist. Bilder können sein Zeichnungen oder Diagramme, vor allem aber Fotografien von Forschungsobjekten, Standorten, Personen oder Institutionen. Der entstehende Prototyp eines web-basierten Informationssystems soll als heuristisches Werkzeug genutzt werden, um Fragen aus der Perspektive von Wissenschaftsforschung und Medienwissenschaft zu entwickeln und miteinander zu konfrontieren.

Das gesammelte Datenmaterial wird digitalisiert und über eine Datenbank systematisch erschlossen. In enger Kooperation aller Projektpartner werden hochwertige Recherche- und Darstellungsmöglichkeiten entwickelt, welche die Grundlage für weitere Forschungsaktivitäten bilden. Dabei kommen innovative Web-Techniken und Kartentechnologien zum Einsatz.

Das Projekt wurde wissenschaftlich betreut von Astrid Schwarz (TU Darmstadt) und Angela Krewani (Universität Marburg). Die Erstellung von Website und Datenbank wurde von Jutta Weisel, Stefan Aumann und Johanna Bolkart übernommen. 
Gefördert wurde das Projekt vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst, Landesinitiative hessen-media, Kapitel 07 05 – Förderprodukt 24, 2008/09.

Visuelle Argumente als wissenschaftliche Währung

Im Forschungsprojekt werden die Bedingungen der Einführung und Etablierung visueller Argumente in der Ökologie untersucht. Wissenschaftliche Bilder sind nicht nur Repräsentationen, die am Ende eines Experiments (Physik, Chemie) oder einer Beobachtung (Astronomie, Botanik) stehen. Stattdessen sind sie im gesamten Prozess der wissenschaftlichen Wissensproduktion von Bedeutung, das gilt sowohl für traditionelle Wissenschaften, etwa die Astronomie, wie neuere oder sogenannte „emerging technologies“. Die bildgebenden Verfahren solcher Technowissenschaften wurden in den letzten Jahren intensiver untersucht.
 

In der ökologischen Forschung war der Biologe Einar Naumann ein Pionier der Mikrofotografie. Entlang seiner wissenschaftlichen Arbeiten zu Beginn des 20. Jahrunderts kann nachvollzogen werden, wie das Mikrofoto als epistemisches Bild im experimentellen Kontext der aquatischen Ökologie entstand.

Gefördert durch die BTU Cottbus-Senftenberg zur Projekt-Antragstellung.
 


Konfigurationen der Zeitlichkeit. Jahrbuch Technikphilosophie 2021

Schwarz, Astrid. 2021. „Corona und Körperumwelten – Ökotechnologische Erkundungen“.
In: Konfigurationen der Zeitlichkeit. Jahrbuch Technikphilosophie (JTPhil) 7: 333-338,
herausgegeben von Alexander Friedrich, Petra Gehring, Christoph Hubig, Andreas Kaminski und Alfred Nordmann.
Nomos.

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Iride

Schwarz, Astrid. 2021. „Framed Landscapes – or – Without a Frame there is no Landscape“.
In: Iride, Filosofia e discussione pubblica 1/2021: 29-49.
Società editrice il Mulino.

Link zur Zeitschriftendatenbank
(als Fernleihe über den KOBV bestellbar)


23 Manifeste zu Bildakt und Verkörperung

von Xylander, Cheryce. 2018. „Gemüt“
In: 23 Manifeste zu Bildakt und Verkörperung, Reihe: „Bild Wort Aktion“, herausgegeben von Marion Lauschke und Pablo Schneider, 77-88.
Berlin et al.: De Gruyter.

► In der Bibliothek der BTU


Ikonische Ökologie

Schwarz, Astrid. 2011. „Ikonische Ökologie“
In: Laufener Spezialbeiträge 2011. Landschaftsökologie. Grundlagen, Methoden, Anwendungen, 95-101,
herausgegeben von der Bayerischen Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (ANL).

► In der Bibliothek der BTU


Images of “True Nature”

Krewani, Angela und Schwarz, Astrid. 2010. „Images of ‘True Nature’: An Introduction“ und
Schwarz, Astrid. 2010. „Rising above the Horizon: Visual and Conceptual Modulation of Space and Place“
AugenBlick. Marburger Hefte zur Medienwissenschaft 45: 4-8, 36-61.

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