Einheit und Vielfalt

Ines Golombek und Katharina Hartisch

?Vielfalt, die sich nicht auf Einheit reduzieren läßt, ist Konfusion;
Einheit, die nicht auf Vielfalt beruht ist Tyrannei.? (Blaise Pascal 1767)

Der Annäherung an das Gebiet und der Ideenfindung für einen adäquaten Entwurf stellten wir eine genaue Analyse der vorhandenen Stadtstrukturen voraus. Dabei war für uns vor allem die ringförmige Entwicklung der Stadt, vom mittelalterlichen Kern über den unvollendeten Winterplan bis hin zu den Industrie- u. Kleingartenstrukturen das prägende Gefüge Braunschweigs.

Unser Entwurfsgebiet erstreckt sich in dem Bereich des unvollendeten Winterplans, und ist durch ein breites Industrieband entlang der Autobahn geprägt. So vermischt sich die klar strukturierte und dichte Blockrandstruktur der Gründerzeit im östlichen Bereich des Gebietes, mit der stark aufgelockerten Bebauung der Einfamilienhaus- bzw. Kleingartenstruktur und den durch große Einzelbauten in unregelmäßiger Anordnung gekennzeichneten Industrie- u. Gewerbeflächen. Ziel unseres Entwurfes ist es, die vorhandenen Strukturen zu stärken bzw. zu transformieren und in die natürliche ringförmige Ausbreitung der Stadt zu integrieren um damit das bisher ungegliederte Gebiet zu ordnen.

Grundlegende Strukturelemente der Wachstumsphasen Braunschweigs waren dabei unsere Gebietsentwicklungsgrundlage:
- Vergrößerung der Baufelder mit zunehmender Entfernung zur Stadtmitte
- Auflockerung der Baustruktur zum Rand der Stadt hin

Daraus ergibt sich, im Zusammenhang mit einer abgestuften, ordnenden Straßenhierarchie und dem behutsamen Umgang mit den vorhandenen, in unseren Augen zu stärkenden Straßen und Bebauungen des Gebietes, unsere Baufeldgliederung. In vertikaler Betrachtung ergeben sich hierdurch 3 differenzierte Gestaltausformungen. Im östlichen Bereich ergänzen wir die Blockrandbebauung der Gründerzeit und gliedern das Arbeitsamt ein. Der mittlere Bereich öffnet sich zu dem von uns neu gestalteten Grünzug des ehemaligen Gleisstranges und ist durch seine individuelle und kleinteilige Gestalt charakterisiert. Wir gestalten ein Wohngefüge das durch unsere maßgebenden Regeln Vielfalt ermöglicht, aber dennoch ein einheitliches Bild entstehen lässt. So entwickeln wir ein qualitativ hochwertiges Wohnarrangement, das Hauptteil unserer detaillierten Ausdifferenzierung des Entwurfes ist.

Die Industrie- u. Gewerbeanlagen im westlichen Bereich des Gebietes bis zur Autobahn belassen wir in ihrer funktionierenden, groben, scheinbar ungeordneten Struktur und ergänzen lediglich die Kanten zu den Straßen bzw. zum Grünzug. Diese Kanten bilden wir, abgesehen von einigen wenigen Neubauten, durch ca. 1.50m hohe Gabionenwände, so soll der Charakter der Industrie auch in der Freiraumgestaltung aufgenommen werden. Ausnahme bildet die Bebauung der Jahn- u. Hugo-Luther Straße, die wir zur Erhöhung der Wohnqualität, und zur Abtrennung zu den Industrieanlagen mit in den Grünzug einbetten. Südlich zur Jahnstraße schließt sich eine Kleingartenanlage an, bei der wir uns für eine moderne Gestaltausformung entschieden haben, um durch eine neue Konzeption die Attraktivität der Kleingärten aufzuwerten. Die einzelnen privat bewirtschafteten Parzellen sind von Hecken gesäumt und frei im Raum angeordnet, der Außenraum soll mit geringem Pflegeaufwand natürlich gestaltet werden.

Der von uns neu gestaltete Grünzug im Gebiet des ehemaligen Gleisbettes führt über den als Skater-/Rad- und Fußgängerweg ausformulierten Westbahnweg, der zur Industrie hin zum Teil durch Gabionen und zur anderen Seite mit einer Baumreihe begrenzt wird, zu zwei Parkteilen. Im Bereich um den Teich am Westbahnweg, nahe zu unserer neu entstanden Wohnbebauung sehen wir eine der Erholung dienende Nutzung, mit Holzdecks und Café vor. Die ?Grüne Insel?, die die Bebauung der Jahn- u. Hugo-Luther Straße aufwerten soll ist zu den Industriebetrieben hin durch ein mit Gabionenwänden gestaltetes Funktionsband (Tischtennis, Skateparcour, Basketball, Beach-Fussball, Kinderspielplatz, Volleyball, Schach) begrenzt. In diesem Band befinden sich auch zwei ehemalige Industriegebäude, die wir durch eine Umnutzung zum Restaurant oder Jugendclub neu beleben wollen. Des Weiteren dient eine durch einige Stufen abgesenkte Grünfläche für einen ruhigen Aufenthaltsbereich. Durch die neue Ausformulierung der ehemaligen Bahngleise, gewinnt das Quartier an Identität zurück, das ganze Gebiet am Westbahnhof wird im Zusammenhang mit der neuen Bebauung an der Ch.-F.-Krull-Straße zu einem neuen attraktiven Wohnstandort.